Astrologie Heute Nr. 116 (August 2005)
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Astrologie Heute Nr. 116
August 2005

Inhaltsverzeichnis
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ASTROLOGISCHE MERK-WÜRDIGKEITEN

Elektronische Post

von Barbara Egert

Die E-Mails meiner Freundin Grit mit ihrer Pluto/Merkur-Konjunktion im Quadrat zu Mond sind immer hoch emotional. Sie hämmert hier ihre Wut in die Tasten, zwar nicht ohne Punkt, Komma und Strich, aber ohne Absätze, mit einer Unmenge von Frage- und Ausrufezeichen und einer Schriftgrösse, die entweder riesig oder klitzeklein ist. Dies macht ihre Post zu einer anstrengenden, aber durchaus aufregenden Lektüre. Je nach Erschütterung des berichteten Ereignisses erwartet sie umso schneller eine Resonanz, und die nächste E-Mail kommt wenige Stunden später mit Fragen wie «Wo bleibt deine Antwort??» oder «Hast du meine E-Mail denn nicht bekommen!?»

Ganz anders unser saturnischer Freund Christian (Sonne, Merkur, Saturn in Steinbock): Drei klägliche Zeilen künden davon, dass es ihm gut gehe, und er hoffe, uns auch. Finde ich richtig schade, warum erzählt er nicht mal ein bisschen. Dafür hat er aber eine Lesebestätigung angefordert. Ist schon verständlich bei diesem bedeutsamen Inhalt. Ganz anders, aber doch ähnlich, ein anderer Typus mit Sonne und Merkur in Steinbock, aber einem Quadrat von Uranus darauf. In seinem Kopf muss es chaotisch zugehen, denn er nummeriert fast alles. Also zum Beispiel: «Ich hatte heute einen angenehmen Tag. 1) war ich einkaufen, 2) habe ich mit Lore telefoniert, 2a) ihr geht es gut, sie verreist nächste Woche, 3) war ich mittags mit Hermann essen, 3a) er geht bald in Rente, 3b) er will dann nach Mexiko reisen …» usw. So hat halt jeder sein Ordnungsprinzip!

Nur meine lieben Neptun-Freunde nicht oder ganz selten. Sofern die E-Mails wirklich ankommen und nicht in unergründliche PC-Tiefen versinken, die Empfängeradresse vertauscht wurde oder die Sendung einen nebulösen Virus enthält … oder, oder. Und wenn sie ankommen, hat man seine liebe Mühe, die Endlos-Sätze mit abschweifenden Ausflügen in ferne Vergangenheiten, weitsichtigen Einblicken in tiefe Welten und Grenzen überschreitenden Visionen in seinem verwirrten Kopf zu sortieren. Man liest ihre E-Mail mehrmals, versteht sie aber immer noch nicht ganz, also muss man sie ausdrucken, denn man will ja schliesslich seinem sensiblen Neptun-Partner mit Empathie antworten.

Ich glaube, kaum jemand liest seine E-Mail-Post wirklich aufmerksam (ich sicher auch nicht – das heisst, je nach Absender kann das schwanken). Meistens bleiben Fragen offen oder werden nicht beantwortet. Hierin sind Merkur/Neptun-Menschen auch ganz grossartig. Ich schreibe zum Beispiel, dass und wohin ich am 1. Juni verreise. In ihrer E-Mail-Antwort fragt Johanna: «Wann fahrt ihr denn dieses Jahr in Urlaub und wohin geht’s?» (!)

Eine Freundin mit Jupiter Opposition Venus findet in den «Clip-Arts» immer die richtigen Zeichen und Symbole, um ihre heiteren Epistel zu dekorieren. Da gibt es Blümchen und Marienkäfer zum Geburtstag, Ostereier und Weihnachtsmänner, rote Herzen oder eine Rose für den Liebsten, nur die Kringel über dem Buchstaben «i» lassen sich schwer gestalten – vielleicht auch gut so, denn ich las bei einem Schriftpsychologen, dass dies ein Zeichen von fehlenden Gefühlen sei, die man mit die-sen Kringeln kompensiere. Na, stattdessen kann man ja ganz viele « i»s schreiben, etwa bei «liiiiebe Grüsse», und zur Aufheiterung mindestens einen oder besser noch mehrere «Smileys» einfügen.

Einmal erzählte ich meiner Jungfrau-Sonne/Merkur/Saturn-Freundin – eher nebenbei – von sonderbaren Krankheitssymptomen, die mich seit einigen Tagen irritierten. Es dauerte nicht lange, dann schickte sie mir vor- und fürsorglich per E-Mail Link über Link, auf deren Internetseiten alle möglichen Gebrechen geschildert wurden, bei denen mein Schmerz auftauchen könnte und die natürlich auch psychosomatische Hinweise enthielten. Mir wurde ganz angst und bange, und ich sah mich schon als physisches Wrack auf deprimierender psychosomatischer Spurensuche … Wie jubilierte ich, als der Schmerz verschwand und nie mehr wieder auftauchte (bis heute).

Dann gibt es natürlich auch noch die ganz kreativen Menschen, wie unsere Verwandte mit vier Planeten im fünften Haus und Pluto in elf, die vor allem eine leidenschaftliche Fotografin ist und mit ihrer Digitalkamera ungehemmt alles fotografiert, was nur annähernd fotogen zu sein scheint. Dagegen ist eigentlich nichts zu sagen. Wenn dann allerdings eine E-Mail von ihr kommt mit 10–20 Anhängen, auf denen die Lieblingskatze in jeder Pose abgelichtet zu sehen ist, und es bei mir wegen der (noch) analogen Übertragungsgeschwindigkeit eine Stunde und mehr dauert, bis mein Rechner alle Fotos abgerufen hat, und wenn dann in ihrer E-Mail noch steht: «Ruf mich bitte sofort an, wenn du dir die Fotos angeguckt hast», dann … ja dann wünsche ich mir manchmal einen technischen Rückschritt, meinetwegen zurück bis zur Agfa Klack.