Astrologie Heute Nr. 204 (April 2020)
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Astrologie Heute Nr. 204
April 2020

Inhaltsverzeichnis
Heft Nr. 204 bestellen

Astro-logische Merk-Würdigkeiten
Fakes
von Barbara Egert
 

Gleich zu Beginn möchte ich nachdrücklich betonen, dass diese Zeilen wirklich von mir stammen. Und wieso um Himmels willen ist es mir so wichtig, meine Authentizität zu beteuern? Weil Fakes im Umlauf sind. Manche schrecken eben vor nichts zurück, auch nicht vor einer harmlosen astrologischen Kolumne. Also, selbst wenn ich behaupten sollte, dies sei ein Fake, bitte glauben Sie mir nicht!

Nein, ich fühle mich nicht paranoisch verfolgt! Ebenso wenig wie viele heutzutage, die sich allerdings langsam über gar nichts mehr wundern. Etwa, wenn sie Obama von einer Software schwärmen hören, die Stimmen imitiert. Seine Stimme wurde von den Machern als Demo ausgewählt: perfekt, ganz der bekannte sonore Sound wie beim Original. Seien Sie also auf der Hut! Sollte Sie jemand anrufen, mit dem Sie zerstritten sind und der Sie in höchsten Tönen lobt: Eventuell ist seine Stimme gefälscht. Vielleicht verwickeln Sie ihn in ein Gespräch über den Zufall und unseren freien Willen. Das bringt die meisten in Verlegenheit.

Meine astrologischen Daten sind bekannt. Ein Blick ins Internet genügt. Aber sind sie dort auch sicher? Was, wenn jemand all meine Planeten aus dem zwölften Haus kidnappt und Lösegeld verlangt? Oder sie heimlich, still und leise ins achte Haus verschiebt (Jupiter steh mir bei!) und schliesslich bei weiteren Berechnungen den Sonnenbogen verbiegt. Ohne Merkur funktioniere ich nicht mehr richtig. Bitte wenigstens den sollte man lassen, wo er ist! Manchen ist aber auch nichts mehr heilig.

Apropos heilig: Schon der Apostel Paulus hatte mit Fakes zu tun. Am Ende seines 2. Briefs an die Thessalonicher heisst es: «Dieser Brief stammt aus meiner, des Paulus’ Hand. An diesem Zeichen erkennt ihr meine Briefe. So schreibe ich.» Dieser Brief allerdings war, wie man heute weiss, eine Fälschung.

Viele, die selbst dabei gewesen waren, bezweifelten damals schon die Authentizität eines Mannes, der seine Botschaft nur auf das Damaskuserlebnis gründete. Woher ich das mit Paulus weiss? Aus dem wunderbaren Buch «Das Reich Gottes» von Emmanuel Carrère. Ob alles stimmt, was er sagt – wer weiss das schon? Aber spannend wie ein Krimi liest es sich!

Wer sein Verständnis für Mars bereichern will, muss nicht unbedingt in die griechische Mythologie abtauchen. Superman ist der marsische Held par excellence. In den frühen 1930er-Jahren ersannen ihn zwei Science-Fiction-Fans. Schnell avancierte er zum waghalsigen Kämpfer für das Gute. Er ist auf dem fernen Planeten Krypton geboren und von seinem Vater mit einem Raumschiff zur Erde geschickt worden. Nun ist aber Krypton astrologisches Niemandsland. Selbst wenn wir also wüssten, wann er dort geboren wäre, all unsere Berechnungen beziehen sich leider nur auf die Erde. Für ratsuchende Ausserirdische taugen unsere Ephemeriden nun mal nicht. Und für ausgedachte Helden wie Superman erst recht nicht. Doch in unseren postfaktischen Zeiten ist alles möglich. Also gab ich seinen Namen, man weiss ja nie, bei einer astrologischen Datenbank ein – und traute meinen Augen nicht. Er sei, heisst es da, am 12. Februar 1940, 5:15 PM, in New York geboren – mit einer Wassermann-Sonne, einem Löwe-AC und einer Mond/Jupiter-Konjunktion in Widder (na klar!).

Wenn ein Gespensterfisch an der Elbe auftaucht, der Nebel ihn allerdings unfotografierbar macht, ist das dann noch eine Ente, bereits ein Gag oder schon eine Verschwörung? Auf jeden Fall genau das Terrain, auf dem das Neptunische optimal gedeiht und zu einer Theorie der Verschwörung wird, in der Paulus aus dem Zeitfenster springt, sich mit Superman trifft, um Trumps Niedergang zu besprechen.

Wer sich einsam fühlt und desorientiert, strebt nach Erlösung und findet diese oft in sonderbaren Vorstellungen. Und er sehnt sich nach jemandem, der ihm die Welt erklärt und weiss, wo es langgeht und der im Background die Fäden zieht. Ein Jedi-Ritter etwa mit Laserschwert. Nicht zu verwechseln mit dem Yeti, der im wilden Himalaya haust. Ich bin einerseits so frei, an die Verwandlung der Fiktion in eine reale Person zu glauben, doch fühle ich mich andererseits gezwungen, etwas zu erfinden, um meine restlichen Zweifel zu zerstreuen. Also versuche ich mich an einer Theorie der Verschwörung. Kein Wunder, wenn man über Fakes schreibt.


Barbara Egert, geprüfte Astrologin DAV, jahrzehntelange Astrologieerfahrung; Bücher: «Astro-logische Merkwürdigkeiten – Kolumnen» (2017, nur bei Amazon erhältlich), «Wenn die Kindheit Schatten wirft: Beziehungen, Hochsensibilität, Narzissmus» (2014), «Hochsensibilität im Horoskop» (2012), «Krisen im Horoskop erkennen» (2011), «Kindheitserfahrungen im Horoskop» (2009); ständige Mitarbeiterin von ASTROLOGIE HEUTE, E-Mail: Barbara Egert