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In jedem Dorf ein Wahrsager
Tiziano Terzani Fliegen ohne Flügel Eine Reise zu Asiens Mysterien geb., 482 S., Euro-D 14,95 / Euro-A 15,40 / sFr. 26.90 Hoffmann und Campe, D-Hamburg 2005
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Ich möchte eines der amüsantesten Bücher vorstellen, das ich in letzter Zeit gelesen habe: Fliegen ohne Flügel von Tiziano Terzani (1938–2004). Jedes Mal, wenn ich ein Buch dieses Autors fertig gelesen habe, erscheinen mir für eine Weile alle anderen Bücher, die ich danach lese, langweilig. Terzani war «Spiegel»-Korrespondent in Asien. Im Jahre 1976 warnte ihn ein Wahrsager in Hongkong: «Vorsicht! 1993 läufst du Gefahr zu sterben. In diesem Jahr darfst du nicht fliegen!» Terzani, als guter Jungfrau-Geborener, war über die Vorhersage sehr skeptisch. Doch je näher das «verhängnisvolle» Jahr heranrückte, desto mehr überlegte er sich, ob er nicht doch das Fliegen ein Jahr lang aussetzen sollte. Schliesslich entschloss er sich dazu und benützte das ganze Jahr 1993 nur andere Fortbewegungsmittel, aber keine Flugzeuge. Er reiste durch Südostasien, China und die Mongolei, blieb eine Weile in Singapur und in Indonesien. Dieses Jahr wurde für Terzani zu einem grossen Erlebnis: eine Neubegegnung mit einem altvertrauten Kontinent. Mit grossem Bedauern erkennt er nun selbst in den kleinsten Winkeln Asiens die beginnenden Schäden der Globalisierung. Er sieht, wie der Einfluss der westlichen Welt und ihrer Werte angefangen hat, die alten asiatischen Traditionen zu verdrängen und zu zerstören. In diesem Buch sind zahlreiche Reisebegegnungen geschildert. Was es aber für uns spannend macht, ist Terzanis Entscheidung, in jeder Stadt und in jedem Dorf, in die er kommt, einen Wahrsager, eine Hexe oder einen Guru aufzusuchen, um sich anzuhören, was diese hinsichtlich der Warnung mitzuteilen haben. In bunter Folge wechseln sich die Aussagen der Wahrsager, und der Leser erfährt viel über alte Rituale, Aberglauben und Mysterien des asiatischen Volkes, die sich trotz Modernisierung bewahrt haben. Die Aussagen sind so unterschiedlich und die Methoden so merkwürdig, dass Terzani bald nicht mehr weiss, was er eigentlich glauben soll. Nur bei sehr wenigen Wahrsagern, darunter einem Inder, der mit altindischer Astrologie arbeitet, bekommt er eine genaue Analyse seines Charakters und seines Schicksals. Ein wunderbares Buch, ein echter Lesegenuss!
–Lianella Livaldi Laun
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Der Vorteil des Symbols
Theodor Landscheidt Astrologie Hoffnung auf eine Wissenschaft? Vorwort von Prof. H.-J. Eysenck Pb, 336 S., zahlr. Abb., E 24,00, Tübingen 2005 Nur erhältlich bei: www.astronova.de
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Aus Gründen der Fairness gegenüber dem Autor und dem Leser der nachfolgenden Rezension zwei Vorbemerkungen. Erstens: Ich bin fasziniert von der Fülle und dem Gewicht des vorgelegten Materials, der klugen Verknüpfung wissenschaftlicher und astrologischer Fragen und nicht zuletzt von deren wohltuend unprätentiöser und uneitler Präsentation durch den Autor. Zweitens: In der Summe teile ich die Ansichten des Autors nicht, um so nachdrücklicher jedoch in bestimmten Details, da ich der – auch schon vielfach veröffentlichten – Überzeugung bin, dass die Astrologie ihrem wahren Wesen nach keine Wissenschaft, sondern eine Kunst ist. Nun zum Buch Astrologie – Hoffnung auf eine Wissenschaft? von Theodor Landscheidt. Grandios der Einstieg. Vor dem Hintergrund, dass die heutige Astrologie nur als eine post-einsteinsche und post-quantenmechanische Astrologie zu verstehen sein kann: die Beschreibung des Menschen als ein schwingendes Teilchen-Aggregat, das sich mit seiner Geburt in bereits bestehende kosmische Schwingungs-Aggregate zeit-bewusst inkliniert, seine endogenen Rhythmen mit exogenen Zyklen synchronisiert und diese Schwingungen sich nicht in uns ereignen, sondern wir die Schwingung sind. Die Geburt und das Leben eines Menschen als Eingliederung in kosmische Quantensysteme. Mit seiner detaillierten Beschreibung der hier nur stichwortartig aufzuzählenden strukturbildenden Phänomene – wie zum Beispiel der DNS, den Fraktalen, morphogenetischen Feldern, des Holon, der logarithmischen Spirale, des Goldenen Schnitts, des Wesens der Fünfzahl – gelingt Landscheidt, vielleicht unfreiwillig, der Beweis dafür, was die seriöse Astrologie schon immer wusste und die Mystiker schauten: Mensch und Kosmos sind eine Einheit, wie oben, so unten. Mit der ausführlichen Erörterung der genannten Phänomene beschreibt Landscheidt in weiten Teilen des Buches, ohne den Begriff je zu gebrauchen und ohne es wohl auch konkret zu meinen, deren gleichsam geistigen Ur- oder Hintergrund und analog dazu auch den der Astrologie. In der Folge unterwirft er sich dann mit seiner Forderung nach mittels der Statistik zu verifizierenden Beweisen für die Richtigkeit der Astrologie jedoch einem der Astrologie unangemessenen Diktat der Wissenschaft. Anhand von zahlreichen Beispielen kritisiert er, dass es den Astrologen nicht möglich ist, Horoskope bestimmten Personen nach statistisch relevanten Kriterien zweifelsfrei zuzuordnen. Er übersieht dabei, dass in allen Fällen die falschen Fragen gestellt wurden, da es nicht die Aufgabe der Astrologie ist, konkrete Zuordnungen von Horoskopen, weder zu Personen noch zu Ereignissen, zu liefern. Seine Kritik gilt dem reinen Symbolgehalt der astrologischen Parameter. Gegenüber dem Vorteil des Symbols, der Vielschichtigkeit und Sinnhaftigkeit einer Gegebenheit bildhaften Ausdruck zu verleihen, favorisiert er dessen Nachteil, Einzeltatsachen nicht konkret beschreiben zu können. Dann wieder hoch interessant seine auf Kepler zurückgreifende wissenschaftliche Beweisführung der Aussagekraft der Aspekte anhand von heliozentrischen Winkeln der Planeten zu deren gemeinsamem Masseschwerpunkt mit der Sonne. Daraus abgeleitet eigene – stimmige – Prognosen zu Kriegen, Revolutionen und Naturkatastrophen. Für seine «Neo-Astrologie» fordert Landscheidt Arbeitsmethoden und Regeln, die wissenschaftlich solide begründet sind. Innerhalb seines methodischen Ansatzes fordert er das nicht nur mit Recht, er bietet auch eine Vielzahl von möglichen konkreten Schritten dazu an. Ausserhalb dieses Bezugsrahmens stellt sich allerdings die Frage, ob man beispielsweise an das Wesen der Musik vergleichbare Forderungen stellen könnte und bei deren Nichteinhaltung die Kunst der Musik ebenso ablehnte wie die Astrologie. Meine Empfehlung: Gegner wie Befürworter einer Annährung oder gar Verschmelzung der Astrologie mit den Naturwissenschaften sollten dieses Buch unbedingt lesen.
–Peter Schlapp
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