Astrologie Heute Nr. 134 (August 2008) - Editorial
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Astrologie Heute Nr. 134
August 2008

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 E  D  I  T  O  R  I  A  L 

 

 
Armando Bertozzi
 

Liebe Leserin, lieber Leser

 
Wir stehen ja immer vor Toren [Titelbild], Türen oder Fenstern. Wir schauen voraus, blicken hindurch (wenn wir auch meistens nicht den Durchblick haben). Im Rücken unsere Prägungen und Gewohnheiten: der Rucksack der Vergangenheit. Unser Proviant, unsere Last, unser ganzer Besitz. Vergangenheit und Gegenwart [S. 44ff.] Wobei Letztere abgründig bleibt in ihrem andauernden Abstürzen in die Vergangenheit. Wie der ständig rückfällige Trinker, der von der Flasche losgekommen ist, die er sich aber immerzu an die Lippen setzen muss, um sich zu belohnen, dass er mit dem Trinken aufgehört hat. Der ewige letzte Schluck. Ungefähr so ist es mit der Gegenwart. Wir wollen in die Zukunft (um ein besserer Mensch zu werden?) und kommen doch nicht los vom Jetzt. Zukunft gibt es nicht, die kommt immer erst. Aber es gibt die Vorausschau durch das Fenster unseres Bewusstseins. [S. 4ff., S. 29ff.] Eine Kernkompetenz der Astrologen. Sie nehmen sich die Erfahrungen der Vergangenheit zu Hilfe, um Zukunft besser zu verstehen. [S. 23ff.] Diese seltsame Dialektik der Zeit, mit der Gegenwart als Synthese. Und ein Viertes: der Betrachter, der Mensch in seinem Kreuz.
 
Alte Geschichten, in unseren Rucksack gesteckt. In unseren Erinnerungen bewahren wir sie auf, verstaut und versorgt. Nicht unbesorgt, aber verdichtet, Dichtung, halten dicht oder nicht. Verklärt oder verdüstert, auf jeden Fall zurechtgebogen, damit sie uns (in den Rucksack) passen. Nicht zu gross und nicht zu klein. Und Verdrängtes. Wenn der Mensch nicht verdrängen würde, würde er unter der Last seines Rucksacks zusammenbrechen. Er stösst mit aller Kraft den grössten Teil seiner Wahrnehmung von sich, auch die unangenehmen Wahrheiten seines Lebens, wie der Schwimmer im weiten Meer das Wasser von sich stösst, mit kräftigen Zügen auf dem Ozean seines Wesens, um nicht unterzugehen. Der Kopf über Wasser: das Bewusstsein, das Meer: sein Unbewusstes. Existieren ist Verdrängen, ein tagtäglicher Geniestreich.
 
Verstautes und Verdrängtes, Teile von ihnen platzen an die Oberfläche unseres Bewusstseins. Ungeklärtes, Unerklärtes. In Zeiten grosser Himmelsspannungen können sie sich entladen wie statische Energie. Zum Beispiel mit einer Saturn/Uranus-Opposition. Eine solche Zeit steht uns jetzt bevor. [S. 20ff.] Dann sind die Gegensätze besonders scharf geschnitten. Spannend sind Gegensatzpaare: McCain und Obama [S. 8f., S. 13], oder Menschen mit gegensätzlichen Botschaften: Madonna [S. 40ff.] mit ihrem Mond am Jungfrau-AC (Mondsichelmadonna), die sich gar nicht «like a virgin» gibt (Pluto in Konjunktion). Die Wahl des amerikanischen Präsidenten wird in diesem Prozess sein wie eine Initialzündung. Sie hat eine richtungsweisende Qualität. Natürlich hoffen wir auf Fortschritt oder so ähnlich, doch der ist gar nicht immer so doll, wie er im schönfärberischen Rückblick aussieht. Was tun, wenn McCain gewählt wird? Die Vereinigung der Gegensätze, vielleicht in aller Freundschaft? Was uns aber auf jeden Fall immer näherkommt: Über dieses neumodische (Uranus) Zeugs (Fische) zu lästern (Jungfrau), ist das Recht des Alters (Saturn). Doch blicken wir vorwärts durch das rote Tor, das Leidenschaft signalisiert (Pluto endgültig in Steinbock). Dahinter ein kegelförmiger kahler Berg. Er wäre zu begrünen.

Armando Bertozzi
Redaktor
 

Armando Bertozzi, von 1975 bis 1982 Kurse in Astrologie, Alchemie und Kabbala; 1980 bis 1988 Redaktor und Mitherausgeber von Essentia, der Zeitschrift für evolutionäre Ideen; seit 1989 Chefredaktor von ASTROLOGIE HEUTE (E-Mail: Armando Bertozzi)