Astrologie Heute Nr. 135 (Oktober 2008) - Editorial
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Astrologie Heute Nr. 135
Oktober 2008

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 E  D  I  T  O  R  I  A  L 

 

 
Armando Bertozzi
 

Liebe Leserin, lieber Leser

 
Der Ofen ist aus. Mit Plutos epochalem Zeichenwechsel von Feuer (Schütze) zu Erde (Steinbock) beobachten wir, wie Euphorie in Panik kippt. Wir lesen vom Ende des Casino-Kapitalismus. Die Finanzjongleure hinterlassen eine Art verbrannte Erde; sie haben bereits abgesahnt. Vater Staat (Steinbock) muss eingreifen und die lotterige Finanzwelt retten. Das schmerzt den Geldbeutel des kleinen Mannes, wie jenen der Steuerämter. Die Finanzbosse trocknen sich ihre Krokodilstränen mit ihren Dollarnoten. Der Ruf nach Regeln und Kontrolle schallt um den Globus. Der grenzenlose Markt ist als Spielwiese für moderne Raubritter enttarnt. Das FBI ermittelt gegen 26 Finanzkonzerne wegen Betrugsverdachts. Die grossen amerikanischen Investmentbanken, die lange Narrenfreiheit genossen, müssen Kreide fressen, oder genauer: Sie verschwinden von der Bühne. Saturn und Uranus duellieren sich am Himmel [S. 14ff., 18ff.], und das heisst Realwirtschaft gegen Finanzwirtschaft, Marktregulierung gegen Marktfreiheit, Aufsicht gegen Souveränität [S. 13], Alt gegen Jung, McCain gegen Obama, Vergangenes gegen Zukünftiges.
 
Dreh dich nicht um, wenn du gehst. Was hinter uns liegt, steht vor unserem geistigen Auge, und mir scheint, man sieht es dann klarer; mit etwas Abstand (oft ein bisschen oder mehr verklärt). Während sich die Türe hinter uns schliesst, sind wir in Gedanken noch beim Vergangenen. Resümieren. Die Transite in ihrem Wechselspiel erinnern mich daran, dass wir Menschen Getriebene sind. Wir können uns vorbereiten, und dann ist doch alles ganz anders. Wenn der Mantel der Vergänglichkeit über eine Phase unseres Lebens fällt, die uns entgleitet, ist es Zeit, in sich zu gehen. Gestalten in der Nacht auf der Strasse fallen auf. Jede wird von der Dunkelheit in ein Rätsel gehüllt. Eine dicke Alte, auf zwei Stöcke gestützt, humpelte vorhin über den Asphalt vor meinem Haus. Immer wieder musste sie Pausen machen. Niemand sonst zu sehen. Sie schleppte sich aber nicht quer über den grossen Parkplatz, was ihren Weg abgekürzt hätte, sondern mühte sich seinem Rand entlang ab. «Die muss sich bewegen, der Doktor hat ihr das gesagt. Am Tag geniert sie sich, der Tag ist schnell und grell, und sie ist langsam und dick. Das fällt heutzutage unangenehm auf; sie versteckt sich.» Das dachte ich beim Ins-Haus-Gehen, ihrer schweren Schritte eingedenk, Stock um Stock, Bein um Bein. Wenn wir vorwärtskommen wollen, müssen wir uns bewegen, wie mühevoll es auch sei. Dann, die Haustür ist noch nicht zugefallen: Rufen, Lachen, Brüllen. Nachtschwärmer, von einem Fest angesäuselt, durchbrechen die Stille für Momente. Ein junger Mann telefoniert lauthals. Er sucht eine andere Party irgendwo in der Gegend. Die nächtliche Ruhe macht jedes seiner Worte zum Schrei. Ich lasse die Tür ins Schloss fallen. Süsse Jugend, du bist so blind, du siehst nicht mal, dass es dunkel ist.
 
Drinnen ist es heller. Innere Wahrheit, dafür sollen Krisen da sein [S. 50ff.], sagt man. Die Verlangsamung der Zeit setzt Prioritäten und fördert den Durchblick. Selbst der mächtigste Teilchenbeschleuniger der Welt hat erst mal seinen Geist aufgegeben. Der Urknall fand anderswo statt. Das schwarzes Loch klafft in unserem Geldbeutel. Mal schauen, was für Urerfahrungen uns Pluto, Uranus, Saturn usw. noch bereithalten. Es ist Zeit, in sich zu gehen. Wir können uns vorbereiten. Und dann ist doch alles ganz anders.

Armando Bertozzi
Redaktor
 

Armando Bertozzi, von 1975 bis 1982 Kurse in Astrologie, Alchemie und Kabbala; 1980 bis 1988 Redaktor und Mitherausgeber von Essentia, der Zeitschrift für evolutionäre Ideen; seit 1989 Chefredaktor von ASTROLOGIE HEUTE (E-Mail: Armando Bertozzi)