Astrologie Heute - Themen der Zeit


 
Astrologie in den Medien

Jahreswechsel: Mobilisierung der Ultra-Rationalisten

von Claude Weiss

11. Januar 2007

Das Jahresende und der Wechsel zum neuen Jahr entspricht nicht nur einer Zeit der Hochkonjunktur für Astrologen und Hellseher. Man kann für diesen Termin auch ohne Astrologie die sichere Prognose machen, dass besessene Rationalisten auf die Barrikaden steigen und auf eine Unzahl von angeblichen Studienresultaten hinweisen werden, die allesamt aufzeigen sollen, dass an der Astrologie nichts dran ist. Für die typischen Rationalisten ist dies auch der Moment, zu welchem sie offen oder verdeckt zum Ausdruck bringen, wie dumm doch ein grosser Teil des Volkes ist. Am unverblümtesten brachte dies die österreichische Zeitschrift „Profil“ bereits in ihrer Titelzeile zum Ausdruck: „Schwachsinn Astrologie: Jeder zweite Österreicher lässt sich von Horoskopen leiten“  Diesem Satz folgte zu Fuss: „Alle wissenschaftlichen Untersuchungen beweisen die völlige Bedeutungslosigkeit der Sternbilder“  Im Artikel wird bedauert, dass einige Länder kürzlich sogar Astrologie institutionalisierten. Seit Herbst 2001 gäbe es an staatlichen indischen Universitäten Institute für Astrologie, und zwar ausgerechnet auf Betreiben des damaligen Wissenschaftsministers.


Deutschland: auch differenzierte Betrachtungsweisen

In Deutschland publizierte die Hochburg aufgeklärten Denkens, die Hamburger „Zeit“, kurz vor Weihnachten zwei Artikel, wovon der eine „Im Banne der Sternzeichen“ zum Ausdruck bringt, wie schwer es ist, jemanden, der an Astrologie glaubt, davon abzubringen, während der andere Artikel "Unter komischem Einfluss" psychologisch und entwicklungsgeschichtlich zu erklären versucht, warum Menschen überhaupt zur Astrologie greifen, wo doch eigentlich nichts dran ist.


Allerdings bröckelt da und dort die Phalanx eines ausschliesslich rationalen Erklärungsmodells der Welt, und so erstaunte der „Spiegel“, der es punkto Ausschliesslichkeitsanspruch des Rationalismus bisher mit der „Zeit“ durchaus aufnehmen konnte, in seiner ersten Ausgabe des neuen Jahres mit einer irritierenden Titelgeschichte: „Zwischen Zufall und Vorsehung: Die Macht des Schicksals“  Der das Übersinnliche in keiner Weise abwertende Artikel führt in seinem Lead aus: „Neben Propheten, Sterndeutern und Handlesern haben auch grosse Geister wie Aristoteles oder Goethe das Wirken des ‚Schicksals’ für ungeheurliche Wendungen des Lebens in Anspruch genommen. Auch heute noch glauben, laut Spiegel-Umfrage, 52 % der Deutschen, dass eine ‚höhere Macht’ ihr Leben beeinflusst.“ Dem Übersinnlichen teilweise offen, zeigte sich die „Welt“ mit einem Artikel vom 30. Dezember „Die Macht der Sterne“. Man konnte darin lesen:


„Seine Bedeutung [des Horoskops] für die Gesundheit unserer Psyche erkannte schon der Schweizer Psychoanalytiker Carl Gustav Jung. Demnach führt uns die Astrologie zurück zu den archetypischen Vorstellungen unserer Urahnen, und damit zu etwas, das tief in unserem Unbewussten wirkt. Zudem war Jung davon überzeugt, dass in unserem Leben vieles gleichzeitig passiert, das keinen kausalen Zusammenhang besitzt. Ein Ansatz, den die moderne astrologische Psychologie so erklärt: Die Vorgänge am Sternenhimmel können denen auf der Erde entsprechen, ohne in einem kausalen Zusammenhang stehen zu müssen. Was letzten Endes heisst: Durch den Blick in die Sterne lerne ich etwas über mich selbst.“


Dem folgen dann – wohl um die Rationalisten nicht ganz zu vergraulen – die folgenden Sätze, welche zum vorher Gesagten in völligem Gegensatz stehen, wie wenn es an Mut fehlen würde, die Pille ganz zu schlucken:

„Doch egal, ob wir Horoskope als Trost, Charakterenthüller oder als hellseherische Instrumente benutzen – ob uns der Sternenhimmel wirklich helfen kann, ist fraglich. Denn das Licht von der Galaxie braucht mehrere Tausend Jahre, bis es bei uns ist. Wir sehen also beim Blick in den Nachthimmel weder Zukunft noch Gegenwart, sondern lediglich den Abglanz einer uralten Vergangenheit. Viele der Sternenkonstellationen, die heute Grundlage unserer Horoskope sind, existieren schon gar nicht mehr.“ Man fragt sich, was bei diesem Denkvorgang aus dem synchronistischen Ansatz der Gleichzeitigkeit ohne kausalen Zusammenhang, d.h. ohne Inanspruchnahme eines Ursache-Wirkung-Prinzips geworden ist.


Schweiz: Schläge unter der Gürtellinie

In der Schweiz, wo die Astrologie von allen deutschsprachigen Ländern wohl die grösste Verbreitung hat, klafften zum Jahreswechsel die Gegensätze zwischen rigorosen Rationalisten und Menschen, die den übersinnlichen Dingen gegenüber offen sind, hart aufeinander. Dabei ist es beim Zürcher „Tages-Anzeiger“ Tradition, dass gegen Ende Jahr aus der Feder des Sektenspezialisten Hugo Stamm ein vernichtender Artikel gegen alles Esoterische und die Astrologie erscheint. So war man sehr erstaunt, dass diese Aufgabe dieses Mal nicht Hugo Stamm übernahm, sondern der Journalist Jean-Martin Büttner, der in Stammscher Tradition gleich ordentlich zur Sache ging und mit Verleumdungen nicht hinter dem Berg hielt. Dem Titel „Hellseher und andere Verdunkler zum neuen Jahr – Nun schwadronieren sie wieder“ folgte der Lead „Warum die Menschen sich immer wieder von Hellsehern, Kartenlegern und Astrologen beraten lassen – obwohl sie wissen, dass sie belogen werden.“


Wer Hugo Stamm vermisste, musste allerdings nicht lange warten. Offensichtlich hatte er sich seine Kräfte und seine Munition für einen Auftritt im Zischtigsclub vom 9. Januar am Schweizer Fernsehen aufgespart. Der Autor des Buches „Im Bann der Apokalypse“ trat gut vorbereitet mit einem Katalog von Argumenten von Vorgestern an, wie jenem, dass die Astrologen mit dem falschen Tierkreis arbeiten, dem frühen Experiment von Michel Gauquelin aus den Sechzigerjahren, wonach sich viele Menschen in einem sehr allgemein formulierten Horoskop eines Massenmörders zu erkennen meinten (so genannter Barnum-Effekt), wobei er Gauquelin, um seinen Ausführungen mehr Nachdruck zu verschaffen, flugs zum Professor machte sowie weiteren abgedroschenen Beispielen aus der Trickkiste der Astrologiegegner. Normalerweise hätte er die Bühne für sich gehabt, wenn nicht Monica Kissling, Vizepräsidentin des Schweizer Astrologenbundes ihm wirkungsvoll paroli geboten hätte. Als er schliesslich dazu ansetzte, den Astrologen vorzuwerfen, dass sie nun im Gegensatz zu früher mit 10 statt 7 Gestirnen arbeiten und dies inkonsequent sei, wies ihn Kissling darauf hin, dass auch die Medizin heute mit anderen Modellen arbeitet, als vor ein paar Jahrhunderten. In diesem Moment erschien Stamm perplex, und er wurde noch perplexer, als Kissling diesen Vergleich mit der Hoffnung verband, auch er, Hugo Stamm, möge vielleicht einmal sein Weltbild erweitern.


In Anbetracht dieser Hindernisse, seine Lieblingsthesen an den Mann – oder besser an die Frau – zu bringen, verlagerte Stamm seine Attacken ausschliesslich auf Abwesende. Ins Kreuzfeuer seiner Kritik geriet dabei die Astrodata, wobei er vorgab, aus einer Analyse zu zitieren, die es im vorgetragenen Wortlaut nicht geben kann. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um ein Beispiel aus dem Jahre 1999, als Stamm einen Artikel „Babyhoroskop ängstigt junge Mutter“ schrieb, wobei er damals – im Printmedium – zwar die Dinge aus dem Zusammenhang riss, aber noch korrekt zitierte, inzwischen jedoch offensichtlich aus einer eigenen, selbst gebastelten Version vorlas. Dass diese manipulative Anschwärzung Abwesender unter der passiven und wohlwollenden Obhut des Moderators stattfinden konnte, gereicht dem staatlichen Schweizer Fernsehen nicht zum Ruhmesblatt. Dies um so mehr, als der Moderator der Sendung uns, Astrodata, die wir sonst an der Sendung hätten teilnehmen wollen, ausdrücklich versprochen hatte, dass über Abwesende nicht hergezogen wird.


Psychologische Triebfeder "intellektuellen Aberglaubens"

Nach Aufzählung dieser Beispiele dogmatischen, manipulativen und teilweise unehrlichen Verhaltens vonseiten von Kritikern der Astrologie oder anderer alternativer Methoden drängt sich die Frage auf, wie es zu solchem einseitigen, auf den Zuschauer oder Leser zuweilen besessen wirkenden Verhalten kommt. Dazu lohnt es sich, Jungs Typenlehre aufzuschlagen. Ihm war aufgefallen, dass der extravertierte Denktypus (der Intellektuelle) dazu neigt, sehr dogmatisch zu werden, wenn das bei ihm schwach entwickelte Gegenprinzip, die Fühlfunktion, angesprochen ist. C.G. Jung schrieb dazu bereits in den Zwanzigerjahren:

„Je stärker die Gefühle verdrängt sind, desto schlimmer und heimlicher beeinflussen sie das Denken, das sonst in tadelloser Verfassung sein kann. Der intellektuelle Standpunkt, der vielleicht um seines ihm tatsächlich zukommenden Wertes willen auf eine allgemeine Anerkennung Anspruch erheben dürfte, erfährt durch den Einfluss der unbewussten persönlichen Empfindlichkeit eine charakteristische Veränderung: er wird dogmatisch-starr. Die Selbstbehauptung der Persönlichkeit wird auf ihn übertragen. Die Wahrheit wird ihrer natürlichen Wirkung nicht mehr überlassen, sondern durch die Identifikation des Subjektes mit ihr wird sie behandelt wie ein empfindsames Püppchen, dem ein böser Kritiker ein Leid angetan hat. Der Kritiker wird heruntergerissen, womöglich noch mit persönlichen Invektiven, und kein Argument ist unter Umständen schlecht genug, um nicht verwendet zu werden. Die Wahrheit muss vorgeführt werden, bis es dem Publikum anfängt klar zu werden, dass es sich offenbar weniger um die Wahrheit, als um ihren persönlichen Erzeuger handelt…

Der Dogmatismus des intellektuellen Standpunktes erfährt bisweilen durch die unbewusste Einmischung der unbewussten persönlichen Gefühle noch weitere eigentümliche Veränderungen…  Obschon die Vernunft selber beweist, dass jede intellektuelle Formel nur eine beschränkt gültige Wahrheit sein und deshalb niemand einen Anspruch auf Alleinherrschaft erheben kann, so nimmt die Formel praktisch doch ein solches Übergewicht an, dass alle andern Standpunkte und Möglichkeiten neben ihr in den Hintergrund treten… Sie tritt daher auch an die Stelle jener allgemeinen Anschauung, die man als Religion bezeichnet. Dadurch wird die Formel zur Religion, auch wenn sie dem Wesen nach nicht im geringsten mit etwas Religiösem zu tun hat. Damit gewinnt sie auch den der Religion wesentlichen Charakter der Unbedingtheit. Sie wird sozusagen zum intellektuellen Aberglauben.“ (C.G. Jung, Typologie, Walter Verlag, 1972/77)


Hugo Stamm: Jonglieren mit blossen Behauptungen

Liest man, was die Zeitschrift Psychologie Heute bei der Besprechung des Buches von Hugo Stamm „Im Bann der Apokalypse“ dazu schrieb, erkennt man beim Sektenspezialisten sehr schnell Parallelen zur von Jung beschriebenen Zwanghaftigkeit des intellektuellen Typus, der die Gefühle verdrängt:


„Stamm wittert ‚kollektive Depressionen’, gar die ‚geistige Verwirrung der Gesellschaft’. Wer mit dermassen schwerem Geschütz aufwartet, sollte eigentlich ein paar überzeugende Beweise präsentieren, andernfalls haftet ihm der schale Hauch der Propaganda an, im besten Fall noch der Verdacht, nichts als heisse Luft produziert zu haben. Doch wo Zahlen, Namen, Fakten zu erwarten wären, jongliert Stamm oft mit ungenauen Angaben und blossen Behauptungen. Der Autor scheint selbst vom apokalyptischen Virus infiziert – jedenfalls liest sich sein Buch wie das Pamphlet eines unbeirrbaren Neuoffenbarers, der das Klima, von dem er zu warnen vorgibt, selbst erst schafft.“ (Psychologie Heute, Februar 1999, Seite 75)


In einem nächsten Artikel soll besprochen werden, welche Konstellationen zuweilen dazu führen, dass Menschen – insbesondere Männer – zu unnachgiebigen und häufig zwanghaft wirkenden Gegnern all dessen werden, was auch nur einen Hauch des Übersinnlichen verkörpert.


Claude Weiss, beschäftigt sich seit 40 Jahren mit Astrologie; Herausgeber der Zeitschrift ASTROLOGIE HEUTE; gründete 1978 die Astrodata AG, welche astrologische Textanalysen anbietet; Präsident des Schweizer Astrologenbundes SAB; Autor der Bücher «Horoskopanalyse» Bd.1 & Bd.2, «Pluto – Eros, Dämon und Transformation» (mit Verena Bachmann), «Karmische Horoskopanalyse», Bd.1 & Bd.2, u. a. (E-Mail: Claude Weiss)