Astrologie Heute Nr. 143 (Februar 2010)
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Astrologie Heute Nr. 143
Februar 2010

Inhaltsverzeichnis
Heft Nr. 143 bestellen
Astro-logische Merk-Würdigkeiten
 
Shoppen mit Anja

 
von Barbara Egert
 

 
Da kommt sie mir am verabredeten Treffpunkt entgegen: 13 Jahre, lange Haare und schlank wie eine Gerte. Die wuschelige Mähne hängt ihr halb vor dem Gesicht, sodass sie mich sozusagen einäugig anstrahlt und der Begrüssungskuss ein bisschen verunglückt, weil das Gesicht durch den haarigen Schleier kaum zu finden ist. Anja ist bester Stimmung, denn ich habe sie zu einem Einkaufsbummel eingeladen. Verschmitzt fragt sie, ob ich auch meine Scheckkarte dabei habe …
 
Wer mit einem weiblichen Wesen, das mit einer Waage-Sonne und Löwe-AC geboren wurde, einkauft, der muss entweder mit einem dicken Portemonnaie oder besser noch einer Scheckkarte ausgerüstet sein. So gehen wir als erstes in die Jeans-Abteilung: Natürlich kommen nur die Hosen mit engen Röhrenbeinen infrage, alles andere ist out. Die Auswahl ist gross, und die ersten fünf Jeans werden mit in die Kabine genommen. Wie man in diese Hosen überhaupt einsteigen kann, wird mir rätselhaft bleiben. Sie sieht darin zwar aus wie ein Streichholz, aber das muss so sein und ist ja gerade das Coole. Aber die eine Hose ist farblich doof, die andere sitzt nicht richtig, die nächste macht dicke Oberschenkel. «Waaas»?!, frage ich entgeistert. «Ja, guck mal hier, die sind richtig dick.» Wo hat sie denn das bloss her? Hoffentlich ist das nur eine Teenagermarotte und weitet sich später nicht zu einem Komplex aus.
 
Also denn, die Hosen sind alle nichts, die nächsten vier werden anprobiert. Natürlich jedes Mal mit ausgiebiger Begutachtung vor dem grossen Spiegel im Vorraum. Sie dreht und wendet sich, ganz venusischer Löwe, der Kopf wird alle fünf Sekunden zurückgeworfen, damit die Haare ihr nicht den Blick trüben. In der schliesslich ausgewählten Jeans sind Flicken drauf und hat es zugenähte Risse drin. Ich frage zögerlich, ob sie das denn schön fände. «Irre cool!» Der Löwe-Mars im zweiten Haus weiss, was sie will.
 
Jetzt kommen Schuhe an die Reihe: vorzugsweise Sneakers zum Schnüren in Rot. In Rot! Anja hat Schuhgrösse 41, und ich necke sie schon immer, dass sie so gross wie ihr Papa werde, nämlich 1,85 m. Das scheint sie gar nicht zu irritieren. Zumindest damit würde sie auffallen, und ihrem Löwe-AC wäre die Aufmerksamkeit wohl recht. Nach dem dritten Schuhgeschäft kapituliere ich, während Anja unverdrossen weiterziehen will. Auf meinen Einwand, dass es die richtigen Schuhe vielleicht überhaupt nicht gäbe, behauptet sie, genau die richtigen in einem Online-Shop entdeckt zu haben. Ich schlage ihr ein Online-Shoppen vor, da braucht man nicht so viel zu laufen. – Aber das mache ja nicht halb so viel Spass! Die Zeit geht dahin, und nun sind wir schon über zwei Stunden unterwegs.
 
Vielleicht sollten wir den Kauf der Schuhe auf ein anderes Mal verschieben? Ich biete ihr ein Ersatzgeschenk an. – O. k., ja, das neueste MP3 von Tokio-Hotel. Zum Glück habe ich von der Teenie-Band schon mal gehört und stelle keine dummen Fragen von wegen Hotel und Tokio und so. Also ab in ein grosses Kaufhaus mit riesiger Musikabteilung. Aber nicht sofort, denn wir kommen an einem McDonald’s vorbei, und Anja verlangsamt auffällig ihren Schritt. «Hunger?», frage ich und weiss die Antwort schon. «Müssen wir das der Mama verschweigen?» Die legt nämlich Wert auf eine gesunde Ernährung … «Wenn sie nicht fragt, brauchen wir ihr das ja nicht zu erzählen …» – Na gut, überredet.
 
Ach ja, eine Mütze wäre auch noch cool. Also gehen wir zurück in den Jeans-Laden, der eine grosse – fast zu grosse – Auswahl an Mützen hat. Anja schneidet Fratzen und Grimassen: In der mit dem Bommel sähe sie aus wie ein Baby, die andere ähnele einer Tellermine und die nächste mache eine blöde Kopfform, da hätte sie eine Nase wie ein Kasperle. Tellermine hin, Kasperle her – sie soll sich dann doch mal entscheiden. Vielleicht doch lieber eine Baseballkappe. Ich gebe zu bedenken, dass Winter ist und diese Kappe ja nicht wärmt. Ach was, die muss doch nicht wärmen, cool muss sie aussehen. Und so geschieht’s, Anja setzt sie gleich auf und beäugt sich in jeder Schaufensterscheibe: Waage/ Löwe lässt grüssen.
 
Gestärkt und mit neuem Tatendrang geht’s ab Richtung Tokio Hotel. «Humanoid» heisst das neueste Album. Sie will da natürlich erst mal reinhören und reicht auch mir den Kopfhörer. Anja ist fasziniert und wackelt hin und her, während ich alsbald das Gedröhne von meinen Ohren entferne. Anja ist beschwingt und swingt mit mir Richtung Zuhause. Später beim Abschied meint sie: «Das könnten wir eigentlich öfter machen!»«Ja», sage ich, «das wäre echt cool …»
 

 
Barbara Egert,
geprüfte Astrologin DAV; jahrzehntelange Astrologie-Erfahrung; astrologische Beratungen und Kurse in D-Berlin; diverse Fachpublikationen; ständige Mitarbeiterin von ASTROLOGIE HEUTE; Autorin von Galiastro-Texten; neues Buch: «Kindheitserfahrungen im Horoskop» (E-Mail: Barbara Egert)