Astrologie Heute Nr. 151 (Juni 2011)
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Astrologie Heute Nr. 151
Juni 2011

Inhaltsverzeichnis
Heft Nr. 151 bestellen
Astro-logische Merk-Würdigkeiten
 
Alles eine Frage der Einstellung
  

von Barbara Egert

 

Der Mann auf der Strasse bzw. sein Stellvertreter, der Taxifahrer, nach dem Leben befragt, bringt es auf den Punkt: «Alles eine Frage der Einstellung.» Wie wahr … Nur hat jeder Einzelne seine eigene. 

Je älter man wird, desto vertrauter werden einem die Fragen nach Leben und Tod. Man trifft einen Freund wieder, den man vor drei Jahrzehnten aus den Augen verloren hat, und fragt sich: Wie hat er sein Leben gelebt? Und wie man selbst? Hätte alles anders, besser laufen können? Höhepunkte, Niederlagen, Nichtigkeiten fallen einem ein. Und inwieweit ist man eigentlich noch immer aufgeschlossen für Rilkes «Du musst dein Leben ändern!»? Empfindet man noch immer etwas von dem berauschenden Gefühl zu sein statt nicht zu sein? Dem einen ist es ein Geschenk oder ein Spiel, dem anderen eine Last: zu kurz ist es jedem. 

Unser Horoskop verrät uns dazu manchmal mehr, als uns lieb ist, denn wer wie ein Saturnier auf Objektivität setzt, dem gelingt es vielleicht nie, einmal so richtig subjektiv zu sein wie jener Künstler mit dominanten Venus/Neptun-Faktoren, dessen extrem subjektive Bilder der Saturnier nun akribisch sammelt. Derweil segelt jener Künstler, losgelöst von aller Erdenschwere, durch himmlische Sphären, gemäss dem Motto: «Das Leben ist ein Traum – lebe ihn!», und schwingt sich mit Jupiter/Neptun als Ikarus zur Sonne auf. Allerdings, wenn die Muse streikt und er sich dopen muss, kommen ihm Zweifel: Die Idee eines bürgerlichen, optimal strukturierten Lebens scheint dann doch nicht so ganz verwerflich. Aber kann man denn anders? Aus der eigenen Haut raus, in eine andere rein? Sehnen wir uns nach Saturn und seinem Lebensernst? – Spätestens, wenn Ikarus abstürzt, machen wir mit ihm Bekanntschaft.

Ein zweites, drittes Leben erträumt sich der eine mit Mond, Neptun und Jupiter im zwölften Haus, dem anderen ist schon das eine zuviel, und wenn er abdriftet, dann ins Paradies seiner religiösen Wahl – aber wo liegt das mit Pluto im neunten Haus? Auch das eine Frage der Einstellung: Kommt da noch was, oder war das schon alles? Nicht jeder hat einen starken Neptun oder alles im zwölften Haus und ist ans Transzendieren gewöhnt. Vielleicht lümmeln wir uns auch lieber in irdischen Gärten sprich im zweiten oder sechsten Haus. 

Das Leben als Reise zu sehen, ist eine alte Metapher, längst aber wieder in Mode, lanciert von der boomenden Tourismusbranche. Und dass man auch high bleibt auf diesem Trip und jede Menge Spass hat, dafür sorgen Animateure. Dauernd auf Achse sein und von Event zu Event surfen: Merkur, Jupiter, Schütze und Zwillinge jubeln. Reiserücktrittsversicherungen gaukeln uns Freiheit und Selbstbestimmung vor. Auf unserer Lebensreise jedoch sind Stornierungen ausgeschlossen, Versicherungen müssten Konkurs anmelden, denn es gibt kein Zurück …

Diese Art unseres heutigen rasanten Lebens lässt den Philosophen erstarren. Kant kam nie aus Königsberg heraus. Blaise Pascal meinte gar, um nicht unglücklich zu werden, reiche es aus, allein in einem Zimmer zu bleiben. Saturn lässt grüssen! Weniger einseitig sehen Wissenschaftler das Leben. Vorgeblich objektiv, gestützt durch Merkur/Saturn, entpuppt sich ihr gelehrter Jargon meist als überaus subjektiv und spiegelt statt ewiger Wahrheiten persönlichste Einstellungen wider. «Leben ist die charakteristische, aber schwer zu definierende Eigenschaft, die Lebewesen von unbelebter Materie unterscheidet», klingt wie von einem Lebewesen, das es längst aufgegeben hat, ab und an Fünfe gerade sein zu lassen. Hier hockt Jupiter unerlöst in Steinbock im achten Haus. «Es besteht eine konstante Tendenz allen beseelten Lebens, sich so weit zu vermehren, dass die verfügbare Nahrung nicht ausreicht.» – Mag ja wahr sein, aber es verrät auch viel über die ganz persönlichen Ängste des Verfassers, von Futterneid bis Hungertrauma. Ob da nicht Saturn in Stier oder im zweiten Haus seine Sorgenfalten kultiviert: Das Leben schwernehmen ist leicht, das Leben leichtnehmen dagegen schwerer. 

Und sein Ende? Diejenigen, die sich die meisten Gedanken über den Tod machen, wissen am wenigsten über das Leben. Allerdings: So mancher, der den Wunsch hat, ewig zu leben, weiss oft nicht, wie er eine kurze Stunde ausfüllen soll. Der Volksmund meint: «Am Ende eines Spiels kommen der König, die Dame und der Bauer in die gleiche Schachtel.» Und der Taxifahrer bringt es mal wieder auf den Punkt: «Nix Genaues weiss man nicht.» Na dann viel Glück auf der Lebensreise, und stets dran denken: Alles eine Frage der Einstellung … 
 


Barbara Egert, geprüfte Astrologin DAV; jahrzehntelange Astrologie-Erfahrung; astrologische Beratungen und Kurse in D-Berlin; diverse Fachpublikationen; ständige Mitarbeiterin von ASTROLOGIE HEUTE; Autorin von Galiastro-Texten; Bücher: «Krisen im Horoskop erkennen» (2011), «Kindheitserfahrungen im Horoskop» (2009) (E-Mail: Barbara Egert)