Astrologie Heute Nr. 152 (August 2011) - Editorial
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Astrologie Heute Nr. 152
August 2011

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 E  D  I  T  O  R  I  A  L  

 

 

Armando Bertozzi

Jeder Mensch ist ein Planet, nein: ein Kosmos. Ein Universum aus Sonnen, verlorenen Trümmern, Spiralnebel, Trabanten, schwarzen Löchern, Kometen und Sternenstaub. Jeder Einzelne in der Masse der Hastenden, jeder Fussgänger auf der Strasse, der Busfahrer mit seinem Käppi da drüben am Steuer seines Alltags, die Mutter am Kinderwagen festgekrallt, aus dem ihre Hoffung plärrt, der Alte mit seinem langen Schatten wie eine schwere Schleppe: Sie alle tragen um sich und in sich eine Wolke – den Kosmos ihres Wesens, ihres Werdens, ihrer Gedanken, ihrer alten Geschichten, Schmerz und Freude, Geliebtes und Gehasstes, und selbst ihr Vergessenes gehört dazu wie die Überbleibsel ihrer Ahnen. Ständig prallen diese Universen aufeinander, wenn Menschen sich begegnen, vermischen sich und scheiden sich wieder, wenn sie weggehen, vorbeigehen. Was wir mitbekommen, ist nur ein Bruchteil davon. Es ist unsere Wahrnehmung, die wie Klebstoff wirkt, an dem Partikel des anderen haften bleiben. Elementarteilchen, die uns beschmutzen oder zum Leuchten bringen; und in jedem ist ein Kern menschlicher Wahrheit. 

Die Wahrheit hängt ab von der Wahrnehmung. Durch die Brille unserer Bedingtheiten nehmen wir wahr. Das Horoskop zeigt unsere Wahrnehmungswerkzeuge in Form von Planeten, Zeichen, Häusern, Aspekten usw. [S. 46 ff.] Mit seiner Hilfe können wir die Werkzeuge abstrahieren und unsere Erfahrungen einordnen. Das Bewusstsein ist abenteuerlich und gross, wenn wir es einsetzen. [S. 8 f.] Die schwarzen Löcher darin sind auch gross. Die Wirrnis unserer Tage ist die Wirrnis aller Zeiten. Sie hat eine gewisse Schwerkraft. [S. 25 ff.] Der Astrologe abstrahiert und betrachtet die Zeichen am Himmel. Die Finsterniszyklen der Sonne teilen den Lauf der Welt in Phasen. [S. 22 ff.] In ewigen Kreisläufen vollziehen sie den Reigen und markieren die Momente der Wiederkehr des schon Dagewesenen. Mit der «ewigen Wiederkunft des Gleichen» meinte Nietzsche die endlose Repetition des unsterblichen Werdens, seine Erlösungsvorstellung im Widerspruch des Menschen. 

Du bist das grösste Geheimnis, das es gibt. Und wenn der unendliche Raum ein Mysterium ist wie der bodenlose Sinn des Daseins, dann weil beide dich spiegeln. In den ewigen Raum deines Wesens hinein greifst du mit deiner Vorstellung, mit deinen Werkzeugen zimmerst du dir den Boden. Der Mensch ist ein Widerspruch. Zwei bist du und viele, der du immer einer sein willst. Zwischen Perfektionismus und Schlamperei wurstelst du dich durch. [S. 54 ff.] Und wenn die Sonne dich blendet, tritt aus deinem Innern die dunkle Gestalt eines andern. Der bestirnte Himmel über dir markiert den Tag und den Ort deines Standpunktes, den Fixstern deines Schicksals. [S. 40 ff.] Die Jahreszeiten wechseln mit den Sternen. Die Zeit der Kürbisse bricht an, die Farben werden tiefer, und das Licht schwächt sich ab. Aus dem Nachglühen des Sommers ziehst du noch Wärme. Die kalte Nacht klart auf und lässt die Sterne glitzern. Du bist ein Kosmos.

 

Armando Bertozzi
Redaktor

  


Armando Bertozzi, von 1976 bis 1981 Kurse in Astrologie, Alchemie und Kabbala; 1980 bis 1988 Redaktor und Mitherausgeber von Essentia, der Zeitschrift für evolutionäre Ideen; seit 1989 Chefredaktor von ASTROLOGIE HEUTE (E-Mail: Armando Bertozzi)