Astrologie Heute Nr. 159 (Oktober 2012) - Editorial
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Astrologie Heute Nr. 159
Oktober 2012

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 E  D  I  T  O  R  I  A  L  

 

 

Armando Bertozzi

«Ich bin doch auch nicht schlauer als das Leben», rechtfertigte sich letzthin einer in einem Fernsehfilm. Da konnte ich nur beistimmen. Diese Entschuldigung musste ich mir merken, denn gewiss würde ich sie einmal brauchen. In unseren unsicheren Tagen weiss ja niemand so genau, was ihm noch blüht. Allenthalben fällt Prominenz vom Sockel. Bettina Wulff (die allerdings schon runtergefallen war und nun wieder raufkraxeln wollte) erntete mit ihrer Rechtfertigungsoffensive in Form eines Buches (Titel: «Jenseits des Protokolls») Hunderte hämischer Verrisse auf Amazon. «Armutsfalle Ehrensold – eine Betroffene klagt an» war noch eines der netteren sarkastischen bis primitiven Kommentare. Durchschnittliche Bewertung: ein Stern, Minusrekord! Gleichzeitig ging die Gattin an die Medien mit einer Klage über die Ungerechtigkeit der Medienwelt und insbesondere von Google und Günther Jauch – einen Tag vor dem Eintritt von Lilith ins Kommunikations- und Medienzeichen Zwillinge am 12. September, wie Claude Weiss in seinem Artikel «Lilith und Jupiter in Zwillinge: Religion, Aufklärung und die Bedeutung des Wortes» darlegt. [S. 10 f.] Als eine aus ungerechter Vertreibung zurückkehrende, auf ihr Recht pochende Lilith-Figur hatte Bettina Wulff keinen grossen Erfolg, in der öffentlichen Wahrnehmung bleibt sie die sich ungeniert bedienende Politikergattin mit Sektanspruch (Jupiter).

Auch dem prominenten Schweizer Politiker Christoph Mörgeli (der Name ist echt), bekannt als rechter Ritter mit dem scharfen Wortschwert, Vaterlandsbeschwörer und getriebener Verunglimpfer von Andersdenkenden, bekam ein medialer Schlagabtausch schlecht: Ebenfalls just am 11. September berichtete der Tages-Anzeiger, dass im Jahresbericht 2011 des Medizinhistorischen Instituts Zürich, dessen Museum Mörgeli leitet, schwere fachliche Vorwürfe gegen selbigen gelistet seien. So passe er etwa die ständige Ausstellung des Museums nicht modernen Sichtweisen an und lasse viele Stücke im Keller verstauben (das überrascht nicht: eine staubige Haltung, die Mörgeli ja auch als Politiker pflegt). Die Vorwürfe parierte der Angegriffene umgehend mit Mobbing- und Verschwörungstheorien gegen die seiner Meinung nach links unterwanderte Uni und die schwer linkslastige Presse. Das sei eine politische Verschwörung gegen ihn. Was aber seine Entlassung als Konservator nicht verhindern konnte.

Die Psychologie des medialen Wortes und die Schattenseiten von Lilith und Jupiter in Zwillinge hatte auch Mitt Romney zu spüren bekommen, als am 17. September ein Video veröffentlicht wurde, in dem er fast die Hälfte aller Amerikaner als Sozialschmarotzer denunzierte. Damit und weil er sich gegenüber seinen schwerreichen Zuhörern auch noch über die Palästinenser und die Mexikaner abschätzig äusserte, erlag er der sorgenlosen Grossmäuligkeit Jupiters in Zwillinge und bekam nun den harschen Protest der Chancenlosen, von der Finanz- und anderen Krisen schwer Gebeutelten (Lilith) zu spüren. Seine Umfragewerte setzten umgehend zum Sinkflug an.

So wehte dieses Jahr schon früh ein scharfer Herbstwind durch den Blätterwald. Der astrologischen Problemstellungen stehen aber noch mehrere am Himmel. Promis kommen und gehen. Schade für sie, wenn Sie die ungewollte Bürde der lebendigen Verkörperung astrologischer Spannungskonstellationen auf Erden übernehmen müssen. Aber was soll man machen? Sie sind ja wegen der medialen Verflachung ihres sicher tiefgründigen Charakters die bestens geeigneten Protagonisten für das ganze Theater. An ihnen kann ich Otto Normalsterblicher nur lernen. Ich bin doch auch nicht schlauer als das Leben.

Armando Bertozzi
Redaktor

  


Armando Bertozzi, von 1976 bis 1981 Kurse in Astrologie, Alchemie und Kabbala; 1980 bis 1988 Redaktor und Mitherausgeber von Essentia, der Zeitschrift für evolutionäre Ideen; seit 1989 Chefredaktor von ASTROLOGIE HEUTE (E-Mail: Armando Bertozzi)