Astrologie Heute - Themen der Zeit

 


 
Der Neptun/Pluto-Zyklus

Evolution und die Chakren: Erfahrungshorizonte des Menschen

von Friedel Roggenbuck

 18. Mai 2013

Hinweis: Dieser Artikel von Friedel Roggenbuck ist der dritte und letzte Teil seiner Serie über den in die Urzeiten des Menschen zurückreichenden Neptun/Pluto-Zyklus und erscheint nur auf der Website von ASTROLOGIE HEUTE. Die ersten beiden Teile wurden in ASTROLOGIE HEUTE Nr. 161 (Feb./März 2013) und Nr. 162 (April/Mai 2013) abgedruckt.


Wir leben in aussergewöhnlichen Zeiten. Alle Menschen von heute kennen nur einen der möglichen Aspekte zwischen Neptun und Pluto, nämlich das Sextil. Niemand weiss somit aus eigener Erfahrung, wie sich die anderen Aspekte zwischen diesen beiden Planeten und der daraus resultierende jeweilige Zeitgeist anfühlen würden.

Neptun und Pluto sind die beiden äussersten astrologischen Planeten und damit die langsamsten Taktgeber unseres Sonnensystems. Bei ihrem Zyklus geht es besonders um langfristige, nachhaltige und folgenreiche Entwicklungen. Wenn wir Einblick gewinnen wollen, wie sich der Mensch entwickelte, was die Menschheit und bestimmte Völker über lange Zeiträume hinweg beschäftigte, motivierte und zutiefst bewegte, finden wir in den zyklischen Konjunktionen und Oppositionen dieser beiden Planeten den Urstoff dazu. Die Quintessenz dieser dauerhaften Auseinandersetzung mit den jeweiligen Archetypen (Tierkreiszeichen) avanciert zum allgemeinen Modus Operandi, zum Leitbild, zur allgemein akzeptierten Art, die Welt zu erklären.

Wie nun der Neptun/Pluto-Zyklus für die gesamte Geschichte der Menschheit höchst interessante und prägende Einschnitte markiert (ein Thema, das so noch nirgends astrologisch aufgearbeitet wurde), legt Friedel Roggenbuck in einer aussergewöhnlichen Artikelserie dar: In den ersten beiden von drei Teilen beschrieb er in den letzten beiden Ausgaben von ASTROLOGIE HEUTE, wie der Zyklus von Neptun und Pluto als Geburtshelfer der Menschheit auf einer Vielzahl von Ebenen Starthilfe und Evolutionsvorgaben gegeben hat:

Im Einführungsartikel in Heft Nr. 161 (Feb./März 2013) ging es um die wesentlichen Fakten und Definitionen zum langfristigen Zyklus von Neptun und Pluto. Friedel Roggenbuck zeigte dort, wie durch Plutos exzentrische Bewegung weg von der Ekliptik und dann wieder auf diese zu ein langer, wichtiger Abschnitt innerhalb des Neptun/Pluto-Zyklus markiert wird: der Megazyklus. Die streng geordnete Dynamik dieses Zyklus mündet nach zwölf Einheiten (gemäss den Tierkreiszeichen) in den unvorstellbar grossen Metazyklus, der rund 239’000 Jahre dauert. Dieser wiederum lässt sich in drei Äonen einteilen: gemäss den drei Modalitäten kardinal, fix und veränderlich.

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Glossarium Neptun/Pluto-Zyklus
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In der nebenstehenden Übersicht (Glossarium) sind die wichtigsten Begriffe des Neptun/Pluto-Zyklus zusammengefasst und erklärt.

Im zweiten Teil seiner Artikelserie in ASTROLOGIE HEUTE Nr. 162 (April/Mai 2013) schilderte Friedel Roggenbuck im grossen Bogen die evolutionären Sprünge des Menschen in den letzten 220’000 Jahren, die durch den Neptun/Pluto-Zyklus angezeigt werden. Dabei untersuchte er die einzelnen Äonen und beschrieb sie gemäss ihrer Qualität, was zu faszinierenden, astrologisch stimmigen Schilderungen führte, die der Autor nicht ohne Humor und prägnante Charakterisierungen vorlegte.

Der Neptun/Pluto-Zyklus, 3. Teil

Evolution und die Chakren: Erfahrungshorizonte des Menschen
 

Die geistig-seelische Entwicklung des Menschen

In diesem dritten Teil fokussieren wir uns nun auf die geistig-seelische Entwicklung, welche sowohl beim Individuum als auch beim Kollektiv ähnlichen Gesetzen folgt. Ein griffiges Modell dazu bietet das Bewusstseinsmodell der sieben Chakren aus dem Yoga. Diese sieben inneren Motivationsebenen ermöglichen eine spannende Perspektive über unsere geistig-seelische Reifung. In der Transpersonalen Psychologie sind die Chakren und andere verwandte Systeme [1] besonders in Gebrauch, um verschiedene «Seelenlandschaften» und Erfahrungen auf dem spirituellen Weg zu kartografieren. Die abenteuerliche Erfolgsgeschichte des Homo sapiens bietet, wie ich meine, wunderbaren Stoff, um die kollektive Aufwärtsentwicklung auf den Stufen der Chakren zu illustrieren. Diese führt von archaischen Existenzebenen – durchdrungen von triebhaften Impulsen – in Richtung «Menschlichkeit» und emotionaler Intelligenz. Doch zuerst eine kurze Auffrischung dessen, was in puncto Zodiak, Archetypen und Evolution in ASTROLOGIE HEUTE Nr. 161 und Nr. 162 beschrieben wurde.

Evolution, Selektion und der Neptun/Pluto-Zyklus

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Übersicht «Der Metazyklus»
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Wie aus nebenstehender Abbildung «Der Metazyklus» ersichtlich ist (und ausführlich in ASTROLOGIE HEUTE Nr. 161 und Nr. 162 erläutert wurde), gliedert sich der Werdegang des Homo sapiens in drei sogenannte Äone. Diese werden jeweils mit einer über 5000 Jahre währenden Phase, in der elf Neptun/Pluto-Konjunktionszyklen im gleichen Tierkreiszeichen stattfinden, eingeläutet. Durch diese starke Fokussierung wird dieses Tierkreiszeichen zum nachhaltigen, archetypischen Leitbild des gesamten 80’000 Jahre währenden Äons. Genügend Zeit, um im Rahmen der Evolutionsgesetze besonders auf der Ebene der natürlichen Auslese im Darwinschen Sinne («der Fittere pflanzt sich fort») zu wirken.So war es offensichtlich im Laufe der Geschichte des Homo sapiens von entscheidendem evolutionärem Vorteil, nachfolgende «Baustellen» zu eröffnen, in denen folgende Errungenschaften entwickelt wurden:

  • Neue Skelettelemente und veränderte Körperfunktionen (Leitbild des Äons: Steinbock).
     
  • Neue neuronale Netze, verbesserte geistige Fähigkeiten, grössere Stammesverbände und deren Vernetzungen (Leitbild des Äons: Wassermann).
     
  • Grosse Anpassungsfähigkeit, Einfühlungsvermögen und soziale Intelligenz (Leitbild des Äons: Fische).

Die natürliche Selektion steht also mit den (nachhaltigsten Archetypen der) Neptun/Pluto-Konjunktionszyklen in Beziehung.

Neben Darwins «survival of the fittest» – seinem Gesetz der natürlichen Selektion – gibt es aber noch einen zweiten, oft übersehenen Teil seiner These: die sogenannte «sexuelle Selektion». In dieser spielt die Frau eine zentrale Rolle. Dieser zweite, schnelllebigere Aspekt der Evolutionstheorie unterliegt, wie wir gleich noch sehen werden, dem Einfluss der Neptun/Pluto-Oppositionszyklen.

Die aktive sexuelle Auswahl – feminine Vorlieben bei der Partnerwahl – gibt den Frauen einen entscheidenden Einfluss auf tendenziell vererbbare körperliche und geistige Eigenschaften. Ihre Kinder sind fortan mit den bevorzugten Eigenschaften ausgestattet. 1930 – synchron zur Entdeckung Plutos – formulierte der Statistiker und Querdenker R. A. Fisher seine «runaway prozess»-These: Er erkannte, dass nicht nur bevorzugte Eigenschaften vererbt werden, sondern auch die weiblichen Vorlieben für dieselbigen. Es entsteht also eine Feedback-Schlaufe zwischen dem Gusto für beliebte Eigenschaften und deren realer Manifestation in der nächsten Generation, indem die Töchter sich potenziell von der selben Eigenschaft angezogen fühlen wie ihre Mütter. Durch diesen sogenannten Runaway-Effekt können sich schon im Zeitraum von 40 Generationen – also nur zwei Neptun/Pluto-Zyklen – kleinere genetische Veränderungen, die etwa Gesichtszüge, Haut, Haare oder Charaktereigenschaften betreffen, exponentiell gewaltig steigern.

Die Natur scheint über die schnelllebige, spielerische sexuelle Selektion ihr Experimentallabor zu betreiben (welches meist die Männchen mit den tollsten Schmuckstücken ausstattet). Manchmal entstehen durch diese Launen der Venus aber auch Vorteile auf der Überlebensebene der Spezies, die dann langfristig zu bleibenden Eigenschaften werden.

In diesem Sinne spiegeln die Neptun-Leitbilder der Äonen [2] die sich durchsetzenden, langfristig attraktiven Eigenschaften wider, die Achtung und Beliebtheit in der Gruppe vermittelten (sozio-kulturelle Evolution) und besonders bei Frauen gut ankamen (sexuelle Selektion).

Dies waren im kardinalen Äon: weiche Mond/Krebs-Eigenschaften wie gefühlvoller Umgang miteinander, erweiterte Sensualität, Fürsorge, Geborgenheit – bezeichnenderweise allesamt Eigenschaften, die andere Primatenweibchen bei ihren Männchen unattraktiv finden! – und allgemeinere Qualitäten wie Beschützerrollen und die Treue der erweiterten Grossfamilie und der Frau gegenüber.

Auf der nächsten Stufe, im fixen Äon, standen vom Sonne/Löwe-Prinzip geprägte Qualitäten wie Charisma, Ehrlichkeit, Souveränität, Humor, Spiel, Spass und Flirt hoch im Kurs.

Seit fast 60’000 Jahren fördert der Zeitgeist nunmehr den alltagstauglichen, praktischen Merkur/Jungfrau-Archetyp. Die ideale Ausstattung für einen Menschenschlag, der auf seinen Pionierreisen durch permanent wechselnde, oft extreme Klima- und Umweltbedingungen intelligent reagiert und ganz aussergewöhnliche Anpassungsleistungen vollbringen muss. Achtung erwarb sich – damals wie heute – jemand, der durch korrekte Analyse, umsichtiges Planen, Schläue und Sachkompetenz – besonders im Dienste seines Kollektivs – auffiel. Dazu gehören der findige Tüftler oder der Vermittler praktischen Wissens ebenso wie der Heilkundige oder der altruistische Dienstleister.

Die drei Archetypen Krebs, Löwe und Jungfrau und deren durch Sozialisation in der Kindheit erworbenen Eigenschaften, Fähigkeiten und Wesensanteile bilden seitdem die einzigartige emotionale Basis, das universelle Grundrepertoire des Homo sapiens. Sie sind mittlerweile genetisch zutiefst in unserer Spezies verankert.

Pluto und die Geschichte der sexuellen Selektion

Die Geschichte der sexuellen Selektion scheint eng mit Pluto verbunden zu sein. Als sich Pluto auf dem sonnenfernsten Teil seiner Bahn befand, wurde dieses Naturgesetz von Darwin entdeckt. Doch die damalige, von viktorianischen Moralvorstellungen durchdrungene, männergeprägte Welt der Wissenschaften weigerte sich vehement, der Frau an sich eine solch bedeutende Rolle in der Evolution zuzusprechen. Darwins These geriet in Vergessenheit. Erst nach mehr als 50 Jahren wurde sie 1930 – synchron zur Entdeckung von Pluto – von R. A. Fischer massgeblich erweitert, erneut aufs heftigste attackiert und … wieder eingemottet. Keine andere massgebliche wissenschaftliche These der Moderne ist so lange missinterpretiert und verdammt worden.

Erst Anfang der 1980er-Jahre – Pluto ist nun am sonnennächsten Punkt seines Orbits innerhalb der Neptun-Bahn angekommen – erscheinen endlich einige von Plutos Schätzen im rechten Lichte. Die sexuelle Selektion avanciert innerhalb weniger Jahre zum spannendsten Forschungsthema unter Evolutionsbiologen. Heute ist sie fester Bestandteil aller Evolutionsmodelle.

Evolution und die Chakren

Lassen sie uns nun vom Blickwinkel des Chakren-Modells aus auf die inneren Erfahrungshorizonte des Menschen schauen:

Jeder Planet, jeder Archetyp besitzt seine verschiedenen Ebenen der Manifestation. Von der negativsten, blockiertesten und schattenhaftesten Stufe bis hin zum positivsten, kreativsten und durchlässigsten Zustand gibt es ein weites Spektrum von Ausdrucks- und Manifestationsmöglichkeiten.

Ein griffiges Modell, um diese zu umschreiben, bieten die indischen Chakren. Als Chakren (fig. Energie-Räder) werden gängigerweise sieben Energiezentren im Körper benannt, die aufs engste mit ihren dazugehörigen Bewusstseinszuständen verbunden sind. Diese geistig-emotionalen Entwicklungsstufen sind wiederum aus den grundlegenden Motivationen und Glaubenssätzen dem Leben gegenüber entstanden. Sie färben unsere persönliche Wahrnehmung der Welt und sind zutiefst subjektiv. Die Chakren-Ebene eines Planeten ist sozusagen die dritte Dimension des Geburtshoroskops und ist rein aus der Horoskopzeichnung – auf zweidimensionalem Papier erstellt – nicht ersichtlich. Im Prinzip könnte sich jeder Planet durch jedes Chakra manifestieren. In der Praxis jedoch oszilliert (schwingt) ein jeder unserer Planeten nur zwischen wenigen Chakren hin und her. Mit gewissen Planeten sind wir oft nur auf ein oder zwei bestimmte Energiezentren fixiert, das heisst, wir benutzen sie immer wieder aus denselben Motivationen/Beweggründen heraus. [3]

Die Chakren bauen aufeinander auf. In dieser hierarchischen Struktur der Bedürfnisse bilden die unteren Stufen das tragende Fundament für die luziden oberen Etagen unseres Bewusstseins. In unserem Alltag spielen nur die Chakren zwei, drei und vier eine Rolle. Nur in Ausnahmesituationen befinden wir uns im ersten oder im fünften Chakra.

Bei den Chakren geht es um Folgendes:

1. Chakra

Überleben, Existenzsicherung, emotionale Sicherheit und Abhängigkeiten. «Hau drauf»- oder «Hau ab»-Reflexe, der «Ernst des Lebens». Die Welt «wimmelt» von Widersachern und Feinden. Hoher Adrenalinausstoss/Blutdruck.

2. Chakra

Genuss-, Lust- und Bedürfnisbefriedigung und die Sicherung von deren Quellen. Sexualität, gutes Essen, sich am Besitz schöner Dinge erfreuen. Tendenz, sich «zu viel des Guten» zuzuführen. «Mehr haben». Man erzeugt (unbewusst) unentwegt Abhängigkeiten.

3. Chakra

Stärke, Unabhängigkeit erlangen und demonstrieren, sozialer Wettbewerb, Status. Eigene Kraft im Kontakt erleben, Spass am Wettkampf. Willen durchsetzen. Wahlfreiheit erlangen.

4. Chakra

Herzöffnung, Empathie, Sympathie. Transzendenz unserer Bewertungskriterien anderen Menschen gegenüber. Die Menschen – inklusive sich selbst – so nehmen, wie sie sind. Befindlichkeiten, Schönheitsmerkmale, soziale Herkunft, Rasse, Sternzeichen und Kontostand werden unwichtig.

5. Chakra

Verbindung mit dem Numinosen, dem Göttlichen. Sinnfindung. Steht uneigennützig im Dienste einer höheren Sache. Durchweg positive Grundeinstellung allem Leben und sich selbst gegenüber. Teilt viel und gerne. Leben in Fülle. Fühlt sich überall aufgehoben. Sieht die grundlegenden Naturgesetze und Archetypen alle Ebenen des Lebens durchdringen.

6. und 7. Chakra

Transzendenz – sowohl jeglicher Dualität als auch Bindungen aller Art. Auflösung aller Selbstbilder. Einheit mit allem Sein.
 

Unsere tief im Körper verankerten biologischen Gegebenheiten sind zu unserem Schutz (Existenzerhaltung) so angelegt, dass natürlicherweise die unteren Chakren die oberen Chakren dominieren bzw. überlagern. Ohne tiefgreifende Arbeit an sich selbst lässt sich diese automatische Grundeinstellung nicht modifizieren. In neuen Situationen, welche die Bereiche der unteren (ersten) drei Chakren betreffen, trifft unser sogenanntes «Reptilienhirn» in Eigenregie seine (autonomen) Entscheidungen. Diese werden unserem Bewusstsein erst etwas später – aber um eine knappe Sekunde rückdatiert! – präsentiert. Hirn und Körper sind dann schon mit biochemischen Stoffen geflutet und reflexartige Reaktionen oder Handlungen eingeleitet worden. Trotzdem hat unser Ego das Gefühl, selber am Steuer zu sitzen und die Handlung initiiert zu haben.

Obwohl dieses Chakren-Modell für Individuen entwickelt worden ist, lässt es sich auch ziemlich gut auf ein Kollektiv übertragen. Es beschreibt dann die Absichten und Beweggründe, welche eine Menschengruppe und ihre Gruppendynamik von innen heraus motiviert. Ja, in groben Zügen lässt sich damit auch die Entwicklung des Homo sapiens vom anfangs noch fast komplett instinktgesteuerten Wesen bis hin zum postmateriellen, mit emotionaler Intelligenz beseelten Weltbürger skizzieren.

Auch ein Kollektiv hat seine Wahrnehmungsorgane. Diese sind durch innere, kollektive Beweggründe – genau wie beim einzelnen Menschen auch – sehr subjektiv gefärbt. Die Wertmassstäbe einer Gruppe färben oder verzerren auch hier die Wahrnehmung der Welt, wie wir heutzutage im Wirken unterschiedlichster Kräfte in der Medienlandschaft unschwer erkennen können.

Dass die Menschheit in ihrer Gesamtheit sich zu einem gegebenen Zeitpunkt nicht auf der gleichen Entwicklungsstufe befindet, versteht sich von selbst. Im Laufe der letzten 200’000 Jahre haben immer wieder einzelne Menschengruppen grosse Fortschritte gemacht, während andere nicht vom Fleck kamen. Wiederum andere haben sogar – in der Isolation einer Insel beispielsweise – vorher erworbene Fortschritte wieder verloren. So können selbst in unserer Zeit extreme äussere Einflüsse wie Klimaschwankungen, Naturkatastrophen oder Kriege temporär krasse Rückschritte bewirken. Aus der grossen Perspektive betrachtet, ist jedoch eine stetige Weiterentwicklung zu beobachten.

Die Evolutionsschritte, wie sie in der obigen Abbildung «Der Metazyklus» beschrieben sind, haben sich meist erst in den letzten 20’000 Jahren eines Äons in voller Blüte entfaltet. In unserem gegenwärtigen veränderlichen Äon haben wir dieses letzte Viertel – ausgehend von der Renaissance im 15. Jahrhundert – gerade erst angetreten. Aus diesem weiten Blickwinkel betrachtet, mögen wir in den Industrienationen (der sogenannten ersten Welt) aufgrund der Bündelung von Bildung, Reichtum und Macht temporär noch etwas weiter sein als beispielsweise unsere ärmeren Geschwister in Afrika. Aber über so grosse Zeiträume wie bei unserem Thema gesehen könnte sich dies sehr schnell ändern.

Chakren-Schwerpunkte der drei Äonen

1. und 2. Chakra: 215000 – 135000 v. Chr. (Achse Steinbock/Krebs)

Für den noch nackten, schmucklosen, «frischen» Homo sapiens ging es – ebenso wie seit Jahrmillionen seinen Vorfahren – meist um das blosse Überleben. Noch waren keine intelligenten und damit weniger Opfer fordernden Jagdmethoden erfunden worden. Der Tod lauerte überall im Alltag des insgesamt nur ein paar Tausend Individuen zählenden Menschenschlags. Nur in Zeiten ohne Bedrohung und voller Mägen konnten sich diese kleinen Familienverbände dann auch angenehmeren Dingen (neuen Genussquellen: dem 2. Chakra) widmen. Hauptveränderung war da die wesentlich verlängerte Baby- und Kindheitsphase, welche viele Gelegenheiten mit sich brachte, einen einfühlsameren, weicheren Umgang miteinander zu pflegen (ausführlich im zweiten Teil in ASTROLOGIE HEUTE Nr. 162 beschrieben). Synchron dazu scheint auch die Zeit für Intimität, Erotik und Sexualität einen grossen Zuwachs erfahren zu haben. Davon zeugen der Wegfall des Penisknochens, vorher zum schnellen Einsatz vorgesehen, und ein für Primatenverhältnisse zu ungekannter Grösse angewachsener männlicher Schwellkörper. Auch die permanent vergrösserten Brüste der Sapiens-Damen – alle anderen Säugetiere erleben dies nur in Zeiten des Stillens – scheinen wohl erst durch sexuelle Selektion in das Blickfeld der männlichen Betrachter geraten zu sein. Menschen sind die einzige Spezies, die Scham für Sexualität entwickeln können. Auch ist sonst nirgendwo das Enigma des sogenannten «versteckten Eisprungs» anzutreffen. Im Tierreich sind empfängnisbereite Phasen immer recht plakativ erkennbar. Den sozialen Frieden innerhalb der Gruppe nicht zu stören und damit Konflikte des 1. Chakras zu vermeiden, scheint der Hauptgrund für die Privatheit der Ovulation und des Sexualaktes zu sein. Als angenehmer Nebeneffekt wird der Sexualakt aus den Klauen des 1. Chakras (Überleben/Dominanzgehabe) befreit und immer öfter rein zum Vergnügen (2. Chakra) erlebt.

2. und 3. Chakra: 135000 – 56000 v. Chr. (Achse Wassermann/Löwe)

Der Mensch bekam die Widrigkeiten und Bedrohungen der Natur (1.-Chakra-Auslöser) allmählich immer besser in den Griff. Konsequenterweise finden wir nun bald eine zunehmende Zahl von Familien, Clans und grösseren Gruppenverbänden mit zunehmend intensiverem Austausch untereinander. Adrenalingesteuerte Szenerien (1. Chakra) wurden also immer weniger, während sich synchron dazu die 3.-Chakra-Bühne auftat: Identitätsbildung und Selbstdarstellung werden erst vor einem grösseren Publikum relevant (Löwe/Wassermann-Umfeld). In den kleinen, selbstbezogenen Familienhorden des vergangenen Steinbock/Krebs betonten Äons ging es noch primär um das gemeinsame Meistern von Gefahren und Herausforderungen und den Aufbau von emotionalen Sicherheiten (1. Chakra). Hier jedoch hat sich ein neuer Raum aufgetan, der Einzelne dazu einlädt, sich mit ihrer Eigenart zu zeigen und dafür Sympathie, Anerkennung und gegebenenfalls eine besondere Rolle oder Stellung im Kollektiv zu gewinnen.

Zentrales 3.-Chakra-Anliegen ist die Befriedigung, sich selbst kraftvoll und souverän im Umgang mit anderen Menschen (besonders mit Nicht-Familienangehörigen!) zu erleben sowie als ein besonderes bzw. wichtiges Wesen wahrgenommen zu werden. Immer mehr Genussquellen (2. Chakra) werden aufgetan und freizügig mit allen geteilt. Es wird im grossen Rahmen gefeiert. Spiele für Jung und Alt werden erfunden. Aber auch der Wettbewerb zwischen den Clans nimmt zu, und damit werden im Erleben des Einzelnen die Gruppendynamik und die Rolle, welche man selber darin spielt, zunehmend wichtiger.

3. und 4. Chakra: 55900 v. Chr. – 22000 n. Chr. (Achse Jungfrau/Fische)

Im gegenwärtigen veränderlichen Äon (seiner zweiten Hälfte) «arbeitet» die Menschheit am Übergang vom 3. zum 4. Chakra. Besitz, Lustgewinn, Macht und Status scheinen für immer mehr Menschen nicht «der Weisheit letzter Schluss», um zentrale Motivationsquelle oder erfüllendes Lebensziel zu sein. Erweitertes Einfühlungsvermögen, emotionale und soziale Intelligenz haben die basalen Parameter des Lebens verändert und ermöglichen einen anderen Blick aufs Leben. Nie dagewesen ist die Zahl der Zeitgenossen, welche andere, ihnen gänzlich unbekannte Menschen finanziell oder tatkräftig unterstützen.

In den letzten fünf Jahrtausenden, insbesondere aber seit dem Ende des letzten Weltkriegs (eingeläutet im September 1945 von der heilsamen, friedensstiftenden Jupiter/Neptun/Chiron-Konjunktion in Waage und dem bislang 50 Jahre währenden Neptun/Pluto-Sextil), haben alle möglichen Formen von Gewalt weltweit stetig abgenommen egal, ob es sich um Mord, Todesstrafe, Folter, Vergewaltigung, Sklaverei, häusliche Gewalt, Gewalt an Tieren u. v. a. m. handelt. Eine Vielzahl von eindrucksvollen Belegen darüber hat der Kognitionspsychologe Steven Pinker in seinem beeindruckenden Buch «The Better Angels of Our Nature: Why Violence has Declined» vorgelegt. [4] Unsere Sensibilisierung in puncto Ungerechtigkeit und Gewalt sei es – so Pinker –, welche unsere Medien dazu verleite, über die immer weniger werdenden diesbezüglichen Vorfälle umso intensiver zu berichten.

Ausserdem haben sich unsere Massstäbe, was wir als Gewalt definieren, in den letzten 60 Jahren massiv verschärft. Etwas, das Psychologen «Circle of Empathy» (Einflussbereich des Einfühlungsvermögens) nennen, hat in diesem veränderlichen Äon eine stetige und scheinbar unaufhaltsame Expansion erfahren: vom Familienclan zum Stamm, zur Ethnie, zum Land, zu anderen Rassen, zu anderen Spezies und im heutigen Wunsch vieler Religionen nach Glück und Zufriedenheit für alle Wesen gipfelnd.

Bis zum Beginn des letzten Skorpion/Stier-Zeitalters 9500 v. Chr. – dem offiziellen Beginn des Ackerbaus, der uns langfristig in die Klassengesellschaften und damit in den Privatbesitz führte –, lebten die Jäger und Sammler der ausgehenden Altsteinzeit (des Jungpaläolithikums) auf klassenlose, egalitäre Weise. Sie teilten alles, was sie sammelten und erbeuteten und zogen mit einem Minimum an Dingen durch die Welt. Frauen und Männer waren gleichgestellt. Sie machten Musik, feierten Feste und Rituale und hatten ein grosses Wissen über die Natur, in der sie lebten und mit der sie sich eins fühlten. Beste Voraussetzungen, um glücklich zu sein. Sie hielten sich in riesigen, von anderen Menschen fast unbevölkerten Lebensräumen auf. Man nimmt an, dass es generell sehr wenig Gründe gab, kriegerisch mit anderen Menschenstämmen aneinanderzugeraten. Erst im Steinbock/Krebs-Zeitalter, ab 6500 v. Chr., als sich Sesshaftigkeit und Viehbesitz flächendeckend verbreiteten, gab es eine starke Zunahme an gewalttätigen Konflikten. Mit der Gründung der ersten wirklichen Städte ab 4000 v. Chr. und dem Auftauchen der ersten berittenen und bewaffneten Reitervölker in Osteuropa – beides im Wassermann/Löwe-Zeitalter – erfuhr Gewalt einen rasanten, steilen Aufstieg. [5] Erst die Übertragung des Gewaltmonopols auf die ersten grösseren Herrscher der Weltgeschichte erlöste im Fische-Zeitalter – ab 3550 v. Chr. – das Volk spürbar vom grossen Blutzoll der Selbstjustiz und ewiger Vendettas.

Die Sequenz der Chakren 

Die Chakren bauen aufeinander auf. Die Reihenfolge dieser Hierarchie der Bedürfnisse lässt sich weder von einem Individuum noch von einer Menschengruppe umgehen. Wer heute in einem Schwellenland dem Existenzkampf (1. Chakra) entronnen ist, der will erst einmal ein wenig grundlegenden Wohlstand geniessen und ein TV, Moped, Handy etc. besitzen (2. Chakra). Sobald dies erreicht ist, kommt die freie Willensausübung (3. Chakra) an die Reihe, was für Millionen junger Menschen heutzutage erst einmal heisst, unabhängig von vorgegebenen Zwängen durch Eltern und Kultur eine Liebesbeziehung eingehen zu können oder den Mut zu haben, Missstände in der Öffentlichkeit anzuprangern. Vorher kann kein 4.-Chakra-Bewusstsein, welches Kastenunterschiede und soziale Herkunft als nebensächlich erscheinen lässt, in grossem Stil entstehen. In diesem Lichte bedeutet die nachhaltige, erstmals alle Gesellschaftsschichten umfassende Empörung Indiens und Südafrikas über die – traditionell geduldeten – Vergewaltigungen ein sicheres Lebenszeichen des erwachenden 4. Chakras.

Von Ländern wie zum Beispiel Malawi oder Afghanistan, welche sich noch überwiegend in den Zwängen des 2. Chakras befinden, zu verlangen, sich in puncto Klima- oder Tierschutz gleich wie ein mit materiellen Gütern übersättigtes Land des Westens zu verhalten, ist schlichtweg unrealistisch.

Global gesehen führt wohl kein Weg daran vorbei, Wohlstand und Wissen in die Peripherie (Nord/Süd) zu transferieren. Denn wenn sich die Gesamtlage in puncto 2. Chakra nicht weltweit massgeblich verbessert, haben luzidere Geisteshaltungen und die daraus resultierenden Handlungen – wie zum Beispiel «Klimawandel vermeiden» oder «Etablierung der Menschenrechte» – keine Chance.

Auch in den Industrienationen sind jene Gesellschaften am zufriedensten (glücklichsten), deren Einkommensschere am wenigsten weit auseinanderklafft. Reichtum gleichmässiger zu verteilen, ist also ein für alle lohnendes Geschäft.
 

Fussnoten

1) Insbesondere Maslows «Bedürfnispyramide», Gebsers «fünf Bewusstseinsstrukturen», Wilbers «AQAL Modell» und Myss’ «Seven Sacred Truths».

2) Jedes der drei 80’000-jährigen Äonen beginnt mit 120! exakten Neptun/Pluto Oppositionen innerhalb von zirka 5000 Jahren in nur einem Tierkreiszeichen, welches durch diese Dichte zum Neptun-Leitbild des Äons wird.

3) In der Literatur aus Ost und West werden einzelne Chakren meist nur einem bestimmten Planeten zugeordnet. Die Zuordnung ist zudem je nach Quelle meist recht unterschiedlich – und eher ein Abbild der Art, wie die einzelnen Schulen mit ihren Planetenkräften umgehen.

4) Das Buch führt auf Deutsch den irreführenden Titel «Gewalt: Eine neue Geschichte der Menschheit», Fischer Verlag, D-Frankfurt 2011.

5) Diese Kurganvölker waren die ersten Patriarchen. Bei ihrem Tod folgten ihre Witwen ihnen ins Grab.
 


Friedel Roggenbuck, mit drei Langsamläufern in Löwe und drei persönlichen Planeten in Jungfrau Begründer des Astrodrama (Archetypen erleben) und Pionier des Horoskopstellens in Euro­pa; verknüpft Astrologie mit Musik, Körpererfahrung und spirituellen Themen; zahlreiche Fachartikel; lebt auf der griechischen Insel Thassos; leitet internationale Ausbildungszyklen