4. Juni 2013
In der Zeitschrift ASTROLOGIE HEUTE Nr. 161 (Feb./März 2013) hat der bekannte klassische Astrologe Erik van Slooten auf S. 33 den Leserinnen und Lesern eine stundenastrologische Arbeitsaufgabe gestellt, deren Lösung nachfolgend publiziert wird.
Über 50 Leserinnen und Leser haben mir ihre Lösungen geschickt, worüber ich mich sehr freue! Meines Erachtens hat Thorsten Krawinkel die Aufgabe, auch in Details, am besten gelöst. Grosses Lob für ihn! Das versprochene Buch habe ich ihm bereits geschickt. Neben ihm dürfen auch Alexandra Gravina und Leopold Leeb als Zweite und als Dritter das Podest besteigen. Herzlichen Glückwunsch!
Hier nun nochmals die Aufgabe und meine Deutung des entsprechenden Fragehoroskops:
Wo ist der Brillantring?
Eine Frau schreibt mir in einer E-Mail, dass sie ihren kostbaren Brillantring verloren hat. Wo ist er? Wo soll sie suchen? Für den Zeitpunkt der Frage habe ich den Augenblick genommen, als ich die Frage las: 20. November 2012, 23.29 MEZ, in Neubiberg bei München.
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Frage: «Wo ist der Brillantring?»
20. 11. 2012, 23:29 LT, 22:29 GT
Neubiberg, D (48N04, 11E41)
Placidus (nur klassische Planeten)
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Deutung des Fragehoroskops
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Der frühe Aszendent (0.10 Grad Jungfrau) könnte bedeuten, dass die Frage zu früh kommt, was bei solchen Fragen oft ein gutes Zeichen ist: Die Fragende macht sich zu Unrecht Sorgen.
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Die fragende Frau ist der Herrscher des ersten Hauses (H1): Merkur. Der Mond ist ihr Nebensignifikator.
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Kostbarer, beweglicher Besitz fällt unter das zweite Haus. Weil die Spitze dieses Hauses ebenfalls in das Zeichen Jungfrau fällt, machten die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Wettbewerbs den Fehler, Merkur sowohl für die Fragerin als auch für den Ring zu nehmen und das schon als die Antwort zu betrachten. Wir brauchen aber für eine zuverlässige Deutung zwei Planeten. Jetzt haben wir die Qual der Wahl: Nehmen wir Merkur für die Frau und den Mond für den Ring (der Mond ist oft Signifikator für verlorene Sachen)? Doch auch das Umgekehrte wäre möglich: Der Mond ist die Frau, und Merkur ist der Ring. Aus Erfahrung weiss ich, dass die zweite Möglichkeit die wahrscheinlichere ist.
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Beide Möglichkeiten führen aber fast zum gleichen Ergebnis: Denn beide Planeten, Merkur und Mond, stehen in einem Eckhaus, und zudem ist Merkur rückläufig. Beide werden auch ein Trigon zueinander bilden. Eine klare Sache: Der Ring kommt zurück!
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Wo könnte sich der Ring befinden? Sowohl Merkur als auch Mond stehen in einem Wasser-Zeichen: Der Ring befindet sich in oder in der Nähe von Wasser. Die Position an der Spitze eines Eckhauses sagt uns, dass der Ring ganz in der Nähe ist: Im Haus oder wenigstens auf dem Grundstück des Hauses. Wenn der Ring vom Mond vertreten ist, könnte man ihn eher im Westen (Deszendent) suchen, wenn er Merkur ist, eher im Norden (IC).
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Wann wird der Ring gefunden? Hierfür bietet sich in diesem Fall die folgende Methode an: Wir schauen, wie viele Grade der Mond noch zurücklegen muss, bis er das Trigon zu Merkur bildet: etwa 18 Grade. Diese Zahl setzen wir in eine Zeiteinheit um: 18 Minuten (unwahrscheinlich), 18 Stunden (sehr wohl möglich), 18 Tage usw. In Anbetracht der Frage könnte man an 18 Stunden denken. Zudem weist die Position des Mondes in einem beweglichen Zeichen und einem Eckhaus eher auf eine kurze Zeiteinheit hin.
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Venus als Verwandtschaftsplanet für Schmuck steht in ihrem Domizil Waage: Der Ring ist schön und kostbar (Erbstück).
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Ein Dieb wird meistens von einem antiken Planeten in schlechtem Zustand (Exil, Fall) an einer Achse vertreten. Einen solchen Planeten gibt es hier nicht. Die andere Möglichkeit: Herrscher von sieben (H7) = Jupiter – dies ist hier aber unwahrscheinlich, denn Jupiter bildet weder mit Mond noch mit Merkur einen separativen Aspekt. Das Horoskop sagt uns also klar, dass der Ring nicht geklaut wurde.
Was ist tatsächlich geschehen?
Die Frau hatte ein Fenster geputzt und dabei ihren Ring auf die Fensterbank gelegt. Am nächsten Tag fand sie nachmittags den Ring ausserhalb des Hauses direkt unter dem Fenster wieder. Der Ring lag unter einem Gartenschlauch (Wasser).
Nachbetrachtung zum Wettbewerb
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Ein oft begangener Fehler: Einige Teilnehmende haben versucht, Fragen zu beantworten, die überhaupt nicht gestellt wurden und/oder brachten moderne psychologische Elemente in die Deutung ein. Eine goldene Regel in der Stundenastrologie lautet: Beschränke dich nur auf die Beantwortung der gestellten Frage! Alles andere führt meistens in eine Sackgasse. In diesem Fall hat eine Frau ihren Ring verloren und möchte ihn gerne wiederfinden. Basta!
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Das Fragehoroskop wird berechnet für den Augenblick, an dem der Stundenastrologe die Frage hört oder liest und für den Ort, wo der Astrologe sich befindet. Alle anderen Horoskope führen unweigerlich zu Fehldeutungen.
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Obwohl Merkur in diesem Fragehoroskop noch einige Bogenminuten vor dem IC steht, gehört er wie alle Planeten, die sich bis 5 Grad vor einer Hausspitze befinden, ganz zum nächsten (in diesem Fall vierten) Haus. Ausnahme: Wenn sich zwischen Planet und Hausspitze eine Zeichengrenze befindet.
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Für einige Leserinnen und Leser war dies ihre erste stundenastrologische Deutung. Danke für Ihren Mut! Wenn es Ihnen Spass gemacht hat, empfehle ich Ihnen meinen Lehrgang «Klassische Stundenastrologie» durchzuarbeiten, damit Sie die am meisten begangenen Fehler in Zukunft vermeiden können! Stundenastrologie macht Spass!
Hinweis: Eine neue Aufgabe von Erik van Slooten wartet im aktuellen Heft von ASTROLOGIE HEUTE (Nr. 163, Juni/Juli 2013), um von fleissigen Leserinnen und Lesern gelöst zu werden.
Literatur: Erik van Slooten, «Klassische Stundenastrologie. Ein Lehrgang zum Selbststudium», Chiron Verlag, D-Tübingen 2008
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