Astrologie Heute Nr. 171 (Oktober 2014)
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Astrologie Heute Nr. 171
Oktober 2014

Inhaltsverzeichnis
Heft Nr. 171 bestellen
Antwort auf zwei Fragen zur Zeitqualität
 
von Claude Weiss
 

Gerhard J. Hempfer hat uns zu dem in der letzten Ausgabe von Astrologie Heute (Aug./Sept. 2014) erschienenen Artikel «Die Uranus/Pluto-Quadrate» von Claude Weiss einen Leserbrief mit zwei interessanten Fragen zugesandt. Da die Thematik der Fragen von grundsätzlichem Interesse für das Verständnis der derzeitigen astrologischen Zeitqualität ist, drucken wir den Brief und die Antwort von Claude Weiss nachfolgend ab.
 

Sehr geehrter Herr Weiss

Die Darstellung der Zeitqualität in Ihrem Artikel «Die Uranus/ Pluto-Quadrate» ist für mich sehr wertvoll, weil die Zusammenhänge in dieser unruhigen Zeit klarer werden und manche Dinge nicht mehr so überraschend sind. Es erlaubt eine eigene Beurteilung der Nachrichten. Es sind bei mir aber auch neue, ergänzende Fragen entstanden. Vielleicht passt es in Ihre Planung, auch diese Themen einmal zu vertiefen.

  1. Für mich (geb. 1949) war über die längste Zeit meines Lebens Amerika (USA) Inbegriff von Freiheit, Unabhängigkeit, letztlich das Land der unbegrenzten Freiheiten und Möglichkeiten. Inzwischen hat es sich aus meinem Blickwinkel gewandelt zu maximaler Kontrolle, Willkür, Manipulation und Begrenzung im eigenen Land, aber auch weltweit. Letztlich eine schon krankhafte Angst um die «nationale Sicherheit», unter deren Deckmantel auch jedes Verbrechen gerechtfertigt werden kann. Hat hier Pluto den Uranus erdrückt, oder wo lebt er noch? Die Drohne als Pluto/Uranus kann ja nicht das einzige Bild dazu sein.
     
  2. Im Zusammenhang mit Uranus/Pluto wird auch immer wieder kurz Neptun erwähnt. Ich habe derzeit den Eindruck, dass fast jede öffentliche Information gezielt platziert ist für Macht, Geld oder Stimmung pro oder kontra. Im Rahmen der aktuellen Situation (Ukraine, Syrien, Gaza, Irak usw.), aber auch bei den historischen Vergleichen (Weltkriege, Japan, Revolution) stand die Desinformation, Falschinformation immer im Mittelpunkt.

Das wäre dann ja die Ver- und Entschleierung von Neptun als Thema. Es wurden viele Konflikte durch gezielte Steuerung oder Manipulation geführt. Oder bin ich hier schon in Plutos Reich? Andererseits werden/wurden aber nun auch viele «Taten» der Vergangenheit aufgedeckt – sei es im eigenen Land, aber auch in Bezug auf Aktionen der USA (Irak, Vietnam, Laos) oder anderer Länder (China, Japan) –, was dem selbständigen Beobachter eigene Schlüsse ermöglichen.

Ich freue mich auf Ihre nächste Analyse.

Mit freundlichen Grüssen

Gerhard J. Hempfer

 



Sehr geehrter Herr Hempfer

Ich danke Ihnen für Ihre E-Mail vom 19. August 2014. Zu Ihrer ersten Frage betreffend die USA, welche früher für viele als Inbegriff von Freiheit, Unabhängigkeit und als Land der unbegrenzten Möglichkeiten galten, deren dunkle Seite als kontrollierende und manipulative Macht seit der Jahrtausendwende immer spürbarer wird: Sie fragen sich, ob dabei der Pluto den Uranus erdrückt hat oder dieser immer noch wirksam ist. Dazu möchte ich wie folgt Stellung nehmen:

Das Abschütteln des Jochs der britischen Kolonisation erfolgte in den Vereinigten Staaten ab den 1760er-Jahren. Auslöser war die Besteuerung der Kolonisten durch die britische Krone. So mussten diese – unter anderem wegen der hohen Kosten, die die Kolonien im Zusammenhang mit der Stationierung britischer Truppen verursachten – Abgaben entrichten, die sie als ungerecht empfanden, weil sie aufgrund der grossen Distanz die britische Politik nicht mitbestimmen konnten. Ohne eigene Vertretung wollten die britischen Kolonisten keine Steuern mehr entrichten: «No taxation without representation». Diese wurden dann von der britischen Krone ab dem 29. Juni 1767 – unter einer Sonne/Pluto-Opposition und mit Pluto auf 11 Grad Steinbock, einer mit heute (2014) praktisch identischen Pluto-Stellung – durch Zölle auf die Einfuhr von Leder, Papier und Tee ersetzt.

Auf diese Zölle reagierten die Kolonisten aber ebenso allergisch. So kam es am 5. März 1770 zu einem Zusammenstoss von Kolonisten mit britischen Ordnungstruppen, indem eine Gruppe von gewaltbereiten Männern, die sich «Sons of Liberty» nannte, zum sogenannten «Boston Massacre» aufriefen, welches zu fünf Toten führte. Schliesslich fand am 16. Dezember 1773 unter einer Saturn/Neptun-Konjunktion in Jungfrau, Trigon Uranus in Stier und Trigon Pluto in Steinbock die sogenannte Boston Tea Party statt, die als wichtiges Symbol des Aufstands der amerikanischen Kolonisten gegen das britische Mutterland gilt (Fig. 1). Als Indianer verkleidete Kolonisten warfen bei dieser Gelegenheit in einer nächtlichen Operation 45 Tonnen Tee, der auf britischen Schiffen geladen war, ins Meer. Dem folgte dann ab April 1775 der amerikanische Unabhängigkeitskrieg und am 4. Juli 1776 die amerikanische Unabhängigkeitserklärung.

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Fig. 1
Boston Tea Party
16. 12. 1773, 17.45 LT, 22.29 GT
Boston/MA, USA (42N22, 71W04)
Koch
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Fig. 2
USA: Unabh.-Erklärung 1776 (Lynes)
4. 7. 1776, 16:47 LT, 21:47:40 GT
Philadelphia, USA (39N57, 75W10)
Koch (nach Barry Lynes)

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Fig. 3
Menschheitshoroskop f. Washington
26. 4. 1892, 21:46:34 GT
Washington, USA (38N54, 77W02)

Koch

Die Abfolge der Ereignisse, die unter Pluto-Konstellationen stattfanden, welche sich bald wiederholen, zeigt, dass wir es beim amerikanischen Aufstand (Boston Tea Party) mit einer jener Saturn/Neptun-Konjunktionen zu tun haben, die wir auch bei den europäischen Revolutionen des Jahres 1848 und der Russischen Revolution von 1917 vorfinden und die häufig durch schlechte Ernten, existenzielle Not des Volkes und ein Gefühl von Ungerechtigkeit ausgelöst wurden – was auch für die Französische Revolution von 1789 gilt. Von eigentlicher Not lässt sich im Falle der USA jedoch nicht sprechen. Vielmehr überwiegen das Unrechtsempfinden und das Gefühl von Ungerechtigkeit. So stehen die Vereinigten Staaten astrologisch von Anfang an unter der Signatur des Uranus, welcher 1781 entdeckt wurde, als das Land die entscheidende Schlacht von Yorktown gegen die Briten gewann.

Dazu gesellt sich ein wirtschaftlicher Aspekt, der von Anfang an die Amerikanische Revolution prägte. Dies führt zu einer geschichtlichen Entfaltung im Dienste der freien Marktwirtschaft und aufgrund der eigenen Geschichte zu einer Förderung der demokratischen Entwicklung der Völker. Gleichzeitig – und dies ist ein Widerspruch – ist der Blick stets auf die eigenen wirtschaftlichen Vorteile gerichtet. Dieser Gegensatz zwischen einer überaus fortschrittlichen Verfassung und einer Kombination von wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen existierte von Anfang an, denn die Verfassung galt ohnehin nur für die freien Bürger und weder für die schwarzen Sklaven noch für die Indianer, denen das eigene Land geraubt wurde.

Dieser Antagonismus zwischen uranischer Freiheit und plutonischer Machtdurchsetzung wird deutlich, wenn man das US-Horoskop vom 4. Juli 1776 (Fig. 2) in Bezug setzt zum Menschheitshoroskop (in Fig. 3 für Washington aufgezeichnet): Einerseits finden wir den Uranus der USA auf der Neptun/Pluto-Konjunktiondes Menschheitshoroskops in Zwillinge, während andererseits der Pluto der USA – der im US-Horoskop eine Opposition zum Merkur bildet – auf dem Mars des Menschheitshoroskops steht. Unter der gegenwärtigen Spannung zwischen Uranus und Pluto kommt diese Spannung voll zum Tragen, umso mehr, als die USA kurz vor ihrem Pluto-Return stehen und sich dabei in einer ähnlichen Situation wie die Briten wiederfinden, die vor bald 245 Jahren alle Mühe hatten, ihr Imperium zusammenzuhalten. Unter Druck und in einer Situation schwindender Optionen verhält man sich in solchen Momenten häufig wenig souverän, und dies ist wohl ein Grund, warum wir die USA trotz einem Präsidenten, der unter der uranischen Losung des «Change», des Wechsels und der Veränderung, angetreten ist, als plutonisch zwanghaft erleben.

Wir müssen feststellen, dass dem Land die Pluto/Saturn-Opposition des Jahres 2001 auf der AC/DC-Achse, die über 9/11 zum Ausdruck kam, nicht gut bekommen ist. Der Angst vor Verwundbarkeit und Schwäche folgte unter George W. Bush ein Gefühl von Grandiosität, und die dadurch ausgelösten Mechanismen eines enormen Kontrollbedürfnisses haben das Land zutiefst gespalten. Diese Polarisierung belastete Barack Obama von Anfang an, und er war nicht in der Lage, sie zu überwinden. Er begegnet ihr auch laufend in aussenpolitischen Belangen, und eine Heilung ist nicht in Sicht.

Leider haben wir uns in der westlichen Welt – und dies trifft auch auf weite Teile Asiens zu – so sehr daran gewöhnt, dass die amerikanische Supermacht eingreift, wenn etwas in der Welt gründlich aus dem Ruder läuft, dass wir froh sein müssen, wenn die USA trotz isolationistischen Tendenzen immer noch die Funktion der Ordnungsmacht wahrnehmen. Weder Russland noch China sind dazu eine Alternative.

Zu Ihrer zweiten Frage   betreffend Neptun und Desinformation möchte ich wie folgt Stellung nehmen:  

Es ist offensichtlich, dass seit Uranus ins Fische-Zeichen trat (März 2003) und nun Neptun in sein eigenes Zeichen wechselte (April 2011) die gezielte Manipulation der Informationen – heute besonders über das Internet – massiv zugenommen hat. Dabei handelt es sich nicht um ein neues Phänomen. Neu ist nur, dass dies über ein Medium geschieht, von welchem man denken würde, dass es aufklärend wirkt, weil man sich – zumindest im Westen – jegliche Information auch aus anderen Kulturkreisen und Quellen holen kann als den eigenen, die man für voreingenommen halten mag, und auf diese Weise die Möglichkeit hat, sich eine eigene Meinung zu bilden. Diese Vernetztheit hielten viele bis vor Kurzem für einen Garanten, dass keine grösseren Konflikte ausbrechen, weil jeder sich länderübergreifend informieren kann.

Nun müssen wir leider feststellen, dass dem nicht so ist. Nicht nur der Islamische Staat (IS) benutzt das Internet für seine Werbebotschaften und Einschüchterungskampagnen – auch weil auf diese Weise grausame Bilder (zum Beispiel Hinrichtungen von Journalisten) ohne Zensur ausgestrahlt werden können –, auch die russische Propaganda ist aktiv, um ein eigenes Bild und eine eigene Konstruktion der Geschehnisse in und um die Ukraine werbewirksam zu verbreiten. Solchen als «Berichte» getarnten Konstruktionen fallen teilweise auch Astrologen zum Opfer, die entweder aufgrund eines tiefen Misstrauens gegenüber «offiziellen Informationen» für alternative Verschwörungstheorien anfällig sind oder sich nicht die Zeit nehmen, um sich umfassend zu informieren. Zum Teil sind die Geschichten derart hanebüchen, dass man sie schnell durchschaut, wie beispielsweise als der prorussische Rebellenführer Igor Girkin (Kampfname: Strelkow) nach dem Abschuss des Verkehrsflugzeugs MH17 behauptete, «viele der Passagiere seien bereits tot gewesen, bevor die Maschine abhob», womit er versuchte, eine Verbindung zum abhandengekommenen Malaysia-Flugzeug MH370 herzustellen. In anderen Fällen sind die dargebotenen Informationen jedoch durchaus verfänglich.

Während man sich unmittelbar nach dem Absturz von MH17 noch ein einigermassen plausibles Bild des Vorgangs machen konnte – unter anderem auch aufgrund von Tonbandaufnahmen der Separatisten, die als Erste die Absturzstelle besuchten –, fällt dies im Nachhinein, wenn man sich ohne Quellenüberprüfung auf Internetmeldungen verlässt, schwer. Zahlenmässig scheinen nämlich die Desinformationen zu überwiegen. Einer solchen muss eine deutsche Astrologin aufgesessen sein, die Mitte August mit Absender DAV-Newsletter eine «Sternenbotschaft» aussandte, in welcher sie sich mit der Ukrainekrise befasste. Zwar bin ich nicht Empfänger dieser Botschaften, aber eine Astrologenkollegin war von dem, was sie las, derart erstaunt, dass sie mich fragte, ob nun plötzlich andere Informationen vorlägen. In der «Sternenbotschaft» stand nämlich klipp und klar: «Schnell war man mit Schuldzuweisungen gegen die Separatisten und Putin zur Hand. Sogar die Sanktionen wurden verschärft. Inzwischen hat sich aber herausgestellt, dass es die Beschuldigten gar nicht gewesen waren. Die Wahrheit – dass das Flugzeug von zwei ukrainischen Abfangjägern abgeschossen wurde – wurde aber gemäss Neptun am IC zum Zeitpunkt des Abschusses zurückgehalten.»

Wir leben in einer Zeit, die uns trotz noch nie dagewesener Informationsmöglichkeiten einige Mühe abfordert, um zwischen Information und Desinformation unterscheiden zu können. Wenn man sich ausschliesslich im Netz informiert, besteht dabei die Gefahr, dass Einseitigkeiten in der Informationsbeschaffung dadurch verstärkt werden, dass das Profil, welches sich Suchmaschinen von uns machen, dazu führt, dass wir weitgehend mit jenen Meldungen eindeckt werden, die in unser Weltbild passen, sodass Menschen unterschiedlicher Ansichten, auch wenn sie im gleichen Land leben, mit der Zeit immer weniger die gleiche Sprache sprechen, weil sie jeweils von anderen Fakten ausgehen. Früher bestanden solche Unterschiede vor allem zwischen verschiedenen Staaten, deren Bürger unterschiedlicher landesspezifischer Propaganda ausgesetzt waren.
    

Mit freundlichen Grüssen

Claude Weiss
 


Claude Weiss, beschäftigt sich seit über 40 Jahren mit Astrologie; Herausgeber der Zeitschrift ASTROLOGIE HEUTE; gründete 1978 die Astrodata AG, welche astrologische Textanalysen anbietet; Präsident des Schweizer Astrologenbundes (SAB); gefragter Referent an internationalen Kongressen; Bücher: «Horoskopanalyse» Bd. 1 & Bd. 2 (Bd. 2 ist in einer überarbeiteten und stark erweiterten Neuauflage erhältlich), «Karmische Horoskopanalyse», Bd. 1 & Bd. 2, Mitautor der Bücher «Pluto – Eros, Dämon und Transformation», «Die Lilith-Fibel», «Wendezeit 2010–2012», «Visionen einer neuen Zeit», E-Mail: Claude Weiss