Astrologie Heute Nr. 182 (August 2016)
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Astrologie Heute Nr. 182
August 2016

Inhaltsverzeichnis
Heft Nr. 182 bestellen

 

Astro-logische Merk-Würdigkeiten
 

Recht haben statt schuldig sein!
 
von Barbara Egert
 


 

Kinder sind der ideale Sündenbock für die schlechte Laune ihrer Eltern. Das soeben spendierte Eis fällt zu Boden, kein Wunder, einen feuerroten Ferrari sieht man nicht jeden Tag. Interpretiert wird der Fall als selbst verschuldet, obwohl man das ganz anders sieht, doch intuitiv begreift, dass man der lästigen Beweislast seiner Unschuld auch durch ein vorgetäuschtes Schuldbekenntnis entgehen kann. Erwachsene stimmt so etwas gnädig.

Und darauf kommt es doch an, um das Leid der frühen Jahre etwas zu mildern. Und beizeiten übe man List und Tücke, um nicht später an Schuldgefühlen zu ersticken. Das täglich erlittene Unrecht und die Empörung sollte man kaschieren, bis es endlich so weit ist und man gefragt wird, was man später denn mal so machen wolle. «Ich will den Halter des Ferrari zwingen, mich mit einen Bugatti-Chiron für erlittenes Unrecht durch verzaubernde Ferneinwirkung zu entschädigen.» Das klingt, ich weiss, absurd, aber haben denn die Eltern noch nie was von Merkur/Neptun gehört (… selbst schuld!)? Doch ich weiss auch, wenn ich die Gesetze gründlich studiere – denn nur wer sie kennt, kann sie auch drehen und wenden zu seinen Gunsten –, werde ich einen Weg finden, alles, aber auch alles beweisbar und plausibel zu machen, selbst die Korrelation von fallendem Eis und rotem Ferrari. Wozu habe ich denn einen so starken Merkur im Horoskop, der ja nicht nur mit Neptun verbunden ist, sondern auch mit Saturn und Pluto. Also Achtung! Ich werde Jura studieren!

Fast kommt es mir so vor, als spielten bei der Berufswahl mögliche Strategien der Kindheitsbewältigung eine viel grössere Rolle als vermutet. Warum etwa wird jemand Psychiater? Doch nicht nur aus Altruismus, sondern auch, um seine verkorkste Kindheit doch noch in den Griff zu bekommen. Lebenslänglich auf der vergeblichen Suche nach dem Glanz im Auge der Mutter, und Saturn auf Mond will und will einen einfach nicht positiv spiegeln! Das soll ein erfülltes Leben sein? Ganz zu schweigen von den Unholden im Keller der Seele. Die im achten Haus vergrabenen Leichen beginnen zu rumoren, und die Gespenster, die uns aus dem zwölften Haus zuwinken, sehen auch nicht gerade vertrauenserweckend aus.

Und immer ginge es doch nur darum, mit dem Monstrum im Keller des Unbewussten zu klären, wer denn nun aus einer auf den ersten Blick harmlosen Kindheit ein schuldbeladenes Selbst hat werden lassen. Die vorbelasteten Eltern? Die sich auf so fragwürdige Begriffe wie Erbsünde rausreden? Was doch nur besagt, dass sie der eigenen Produkthaftung mit einer Verschiebung ihres Verschuldens auf irgendwelche Vorfahren zu entgehen hoffen. Missbrauch des Metaphysischen nennt man so was. Und wie sieht man das vom Vater aller Väter, vom Jenseits aus? «Raus aus meinem Paradies», donnert es gewaltig, «wann vom Baum der Erkenntnis gegessen wird, bestimme immer noch ich allein.» Die Stimme kommt mir bekannt vor, ich glaub, es ging um den ersten Joint und «meine Schuhe unter seinem Tisch».

Richtig glücklich wird man erst, wenn die Schuldfrage gelöst ist. Kaum ist ein Flugzeug vom Himmel gefallen, beginnt auch schon die Suche nach der Blackbox, um den Hergang zu entschleiern und Schuldige zu ermitteln. Stimmt da auch alles mit den Wartungsprotokollen? Saturn will mit dem Finger auf jemanden zeigen und akzeptiert von Vornherein keine Rechtfertigung. Der grimmig-verbissene Pluto gesellt sich zu ihm, und gemeinsam sind sie ein unschlagbares Gespann. Keine Chance für Jupiter, der allzu gerne nach dem tieferen Sinn fragt.

Ein winziger Satz über den Versuch einer neuartigen Kerosineinsparung macht mich stutzig. Sieht ganz nach menschlichem Versagen aus, aber eher in der Chefetage als bei Wartung oder Crew. Vom Indizien- unterscheidet sich der Anscheinsbeweis laut Beweiswürdigungstheorie zwar durch die geringere Aufklärungsintensität. Doch mit unserem neuen Kerosin-Experten, der erst neulich eine Klage gewinnen half, in der es um das aerotoxische Syndrom ging, und einem massiven Verdacht auf Unterlassung eines meldepflichtigen Ereignisses laut Störfallverordnung könnte es klappen mit einer Sammelklage. Auch wenn der Argumentation keiner folgen kann, juristisch vernebeln hilft immer (Neptun ist richtig happy). Damit sind wir fein raus! 
 


Barbara Egert, geprüfte Astrologin DAV, jahrzehntelange Astrologieerfahrung, lebt und arbeitet in Berlin; Bücher: «Hochsensibilität im Horoskop» (2012), «Krisen im Horoskop erkennen» (2011), «Kindheitserfahrungen im Horoskop» (2009), «Wenn die Kindheit Schatten wirft. Beziehungen. Hochsensibilität. Narzissmus» (2014); ständige Mitarbeiterin von ASTROLOGIE HEUTE, E-Mail: Barbara Egert