Astro-logische Merk-Würdigkeiten
Besser sein auf immer und ewig
von Barbara Egert
Zwei Freunde, beide mit einem massiven Narzissmus-Problem – das bei dem einen der strenge Vater (Sonne im Quadrat zu Pluto und Opposition zu Saturn) und bei dem anderen die überforderte, eher kühl-spröde Mutter (Mond im Quadrat zu Uranus und Saturn) verursacht hat – kommen gemeinsam ums Leben. Da keiner von ihnen eine konfessionelle Bindung, wohl aber beide eine gewisse Sympathie für den tibetischen Buddhismus haben, nimmt es nicht wunder, dass sie sich auf einem Parkplatz – jenem Zwischenzustand, den man Bardo nennt – wiedertreffen.
Jeder hat auf dem Weg hierher immer wieder Seelen wahrgenommen, die in eine völlig andere Richtung flogen. Es musste also noch andere Orte geben, wo man die Zeit bis zur Wiedergeburt verbringen konnte. Einige mit Jupiter/Neptun im Radix kreisten über Mekka, vielleicht in Erwartung der versprochenen Jungfrauen, andere mit Pluto im neunten Haus zog es nach Rom, doch im Petersdom nur Schweigen und keiner, der ihnen sagte, wie es nun weitergehen sollte. Nichts Genaues weiss man eben noch immer nicht, oder aber «totaliter aliter» (vollkommen anders), wie es in jener mittelalterlichen Erzählung von zwei Mönchen heisst, die sich das Paradies in ihrer Fantasie in den glühendsten Farben ausmalten und sich dann gegenseitig versprachen, dass der, welcher zuerst sterben würde, dem anderen im Traum erscheinen und ihm nur ein einziges Wort sagen solle. Entweder «taliter»: Es ist so, wie wir uns das vorgestellt haben. Oder «aliter»: Es ist anders, als wir es uns vorgestellt haben. Nachdem der Erste gestorben war, erschien er dem anderen im Traum, aber er sagt sogar zwei Worte: «Totaliter aliter!» Es ist vollkommen anders als in unserer Vorstellung!
Doch zurück zu jenem himmlischen Parkplatz, auf den es unsere Freunde verschlagen hat. Da man seine psychischen Probleme auch im Nirvana nicht einfach abstreifen kann wie eine körperliche Hülle, dauert es nicht lange, bis jeder – einmal Narzisst, immer Narzisst – zu seinem Lebensthema zurückfindet: frühkindliche Schäden durch die Eltern. Da kein Spiegel zur Hand ist, in dem sie sich bewundern könnten, nehmen die beiden mit sich selbst vorlieb und wetteifern miteinander, was das Zeug hält. Das hermetische Prinzip «Wie unten, so oben» funktioniert also tatsächlich!
Auch hier oben, in aller Leere also, geht es ihnen zuallererst nur um eins: ihre Grandiosität. Der Mutter-Geschädigte trumpft mit seinen unzähligen Frauen auf, die ihn alle angebetet hätten; dass ihn auch alle verliessen, verschweigt er natürlich. Das Vater-Opfer brüstet sich mit seiner Autorität und Souveränität. Er sei der Grösste in seiner Firma gewesen, und alle Mitarbeiter hätten ihn bewundert. Dass auch alle gefeiert haben, als er das Zeitliche segnete, hat er zum Glück nicht miterlebt. So fliegt nun der eine, um der Göttin Tara gefühlvoll zu huldigen, und der andere macht sich auf den Weg, um an der Seite des «Allmächtigen» den Platz zu finden, der ihm seiner Meinung nach zusteht.
Psychische Eigentümlichkeiten sind offenbar kein Anhängsel, das man am Tor zum Jenseits abgibt, als ginge es einen nichts mehr an. «Werde, der du bist», das hört sich noch gut an. «Sei, wer du geworden bist» klingt schon eher nach «Nichts zu ändern, mach das Beste draus.»
Es gibt wohl keinen, der sich nicht irgendwann einmal gefragt hat, ob bzw. wie es da oben weitergeht. Und zwar besonders für blessierte Seelen. Entweder jüngstes Gericht oder Karma sind die gängigen Optionen. Ist Narzissmus reversibel, oder geht das ewig so weiter? Selbst Engel strahlen ja nicht nur Hingabe aus, sondern auch eine gewisse Selbstverliebtheit, ja sogar luziferischen Grössenwahn. Geht man in leichter Abwandlung eines Milva-Songs davon aus, dass man als Narzisst nicht geboren, sondern erst dazu gemacht wird, wie wirkt sich das aufs Karma aus? Selbst wenn ein Astrologe aus dem Zeitpunkt des Todes auf mögliche Tendenzen einer Reinkarnation schliessen könnte – wer sollte das dann verifizieren? Der Reinkarnierte wird sowieso von nichts mehr wissen, der Astrologe grübelt, was wohl wäre, wenn der Betreffende etwa ausserhalb unseres Sonnensystems zu neuem Leben erwachte? Greifen da überhaupt unsere Transsaturnier noch, ganz zu schweigen von den persönlichen Planeten? – Ach, dieses rätselhafte Jenseits! Auch hier leider nur viele Gerüchte und ein «Totaliter aliter!».
Barbara Egert, geprüfte Astrologin DAV, jahrzehntelange Astrologieerfahrung, lebt und arbeitet in Berlin; Bücher: «Hochsensibilität im Horoskop» (2012), «Krisen im Horoskop erkennen» (2011), «Kindheitserfahrungen im Horoskop» (2009), «Wenn die Kindheit Schatten wirft. Beziehungen. Hochsensibilität. Narzissmus» (2014); ständige Mitarbeiterin von ASTROLOGIE HEUTE, E-Mail: Barbara Egert