E D I T O R I A L
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Man wähnt sich manchmal wie im Tollhaus beim Blick in diese unsere Welt. Der Wahnwitz feiert Urständ, allerorten schiessen Demagogen wie Pilze aus dem Boden. Träger dieser Fahne ist und zuvorderst marschiert natürlich Trump. Faszinierend, wie er die Massen in Atem hält. [S. 10 ff.] Ein Magier der unbedarften Sorte. Weiss der, was er tut?, fragt man sich. [S. 7] Zu leichtfertig seine Sprüche, zu unverschämt teilt er aus. Zu einfältig (Pardon!) schaut er oftmals aus der Wäsche. Doch er ist nicht dumm und kennt kein Pardon [S. 38], presst in aller Selbstverständlichkeit plumpe Sätze aus sich raus, wischt alle Bedenken zur Seite und erreicht damit seine Ziele. Theatralisch unterschreibt er seine Dekrete vor den Fernsehkameras. Kann auch ganz artig tun, wenn es nützt, sprunghaft wie er ist, dann sieht er aus wie ein Bub. Schämt sich handkehrum aber nicht, das Maul aufzureissen und andere öffentlich zu diffamieren, gar zu verhöhnen. Beste Unterhaltung für die Medien, für uns alle. Man müsste ihn erfinden, wenn es ihn nicht schon gäbe. Ein Hofnarr der alten Sorte – nur ist er Narr und König zugleich! Man kann sich freuen über ihn, wie seine Fans es unerschütterlich tun, oder ärgern wie ich. Manchmal muss ich aber auch lachen wie im Zirkus über den Clown, obwohl mich Clowns nicht interessieren. In Trumps Fahrwasser paddeln die Epigonen, die Verschnupften und Verschupften. Sie melden sich plötzlich allüberall energisch zu Wort und stellen Bedingungen. Die Errungenschaften einer aufgeklärten Gesellschaft verspotten sie gerne. Ungerührt postulieren sie Egoismus. Unverschämt sind sie und damit en vogue. – Also alles nur eine Frage des Zeitgeistes?
Der Zeitgeist hat auch in Frankreich die etablierten Parteien, die jahrzehntelang das Land regierten, aus der Machtzentrale gespült. Mit Macron hat ebenfalls ein Unkonventioneller die Präsidentenwahl gewonnen [S. 20 ff.], allerdings akzeptiert er die Gepflogenheiten demokratischer Systeme. Sein Sieg gegen die rechtslastige Politikerin Marine Le Pen hat Europa (vorerst) ein wenig beruhigen können – man hat ja sonst genug Probleme [S. 14 ff.]. Doch auch Le Pen, Bewunderin von Trump, Freundin von Putin usw., kann sich freuen, verzeichnet sie doch immer mehr Zulauf. [S. 16 ff.] Eine Zeit voller Zerreissproben.
Wie geht es weiter mit unserer Zeit der Erosion des Vertrauten? Aus astrologischer Sicht bewegen wir uns mit Riesenschritten auf die epochale Jupiter/Saturn/Pluto-Konjunktion von 2020 im Steinbock-Zeichen zu. Wie Claude Weiss in dieser Zeitschrift schon mehrfach angetönt hat, bildet diese Konstellation den Brennpunkt mehrerer wichtiger langfristiger Zyklen, der weit in die folgenden Jahre und Jahrzehnte hineinzünden wird. Um das besser zu verstehen, müssen wir auf die Phase Anfang der 1980er-Jahre zurückblicken, als sich in kurzer Zeit Jupiter, Saturn und Pluto zu diversen Konjunktionen im Waage-Zeichen trafen. In Astrologie Heute werden wir uns noch in verschiedenen Artikeln mit dem kommenden Epochenwechsel beschäftigen, den die grosse Konjunktion der drei Langsamläufer in Steinbock markiert – eine Geschichte, die in mehreren Kapiteln geschrieben wird. Das Vorwort sind wir im Grunde bereits am Lesen, wie der Artikel von Christof Niederwieser zum Thema des aussergewöhnlich langen Parallelaspekts (gleiche Deklination) von Saturn und Pluto zeigt [S. 40 f.], welcher seit 2016 einen Eindruck der kommenden Saturn/Pluto-Konjunktion vermittelt. Dies dürfte sich Ende 2017 noch verstärken, wenn Saturn zur Wintersonnenwende in sein eigenes Zeichen Steinbock tritt, wo der Pluto schon seit Längerem auf ihn wartet.
Armando Bertozzi
Redaktor
Armando Bertozzi, von 1976 bis 1981 Kurse in Astrologie, Alchemie und Kabbala; 1980 bis 1988 Redaktor und Mitherausgeber von «Essentia – Zeitschrift für evolutionäre Ideen»; seit 1989 Chefredaktor von ASTROLOGIE HEUTE (E-Mail: Armando Bertozzi)