Astrologie Heute Nr. 189 (Oktober 2017)
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Astrologie Heute Nr. 189
Oktober 2017

Inhaltsverzeichnis
Heft Nr. 189 bestellen

 

Astro-logische Merk-Würdigkeiten
 

Zurück zu den Fehlern!
 
von Barbara Egert
 


 

Immer wieder kommt es beim Bezahlen einer Ware zu Fehlern. Profitiert man davon, hebt das die Stimmung ungemein, es sei denn, man klärt die Sache auf, doch selbst dann verlässt man den Laden freudig und im Bewusstsein, ein guter Mensch zu sein. Oder aber man meint, zu viel bezahlt zu haben, fühlt sich aber ausserstande, das Versehen zu korrigieren. Dann hat man ein Problem; nicht mit dem Geld, das ist eine Bagatelle, sondern mit sich und seinem Selbstwertgefühl, das zu schwanken beginnt. Noch Tage danach kann einen das ärgern. Wer so etwas kennt, wünscht sich eine grössere Fehlertoleranz. Überhaupt: Warum ist man eigentlich sich selbst gegenüber strenger als mit anderen? Saturn scheint einem ein latent schlechtes Gewissen einzureden, und man entschuldigt sich schliesslich für etwas, das man gar nicht getan hat.

Warum konsultiert man einen Astrologen? Oft geht es gar nicht um die Zukunft, sondern um Fehlervermeidung im Umgang mit sich selbst. Man möchte einen Blick in seine seelische Blackbox werfen. Dort hofft man, Materialermüdungen und Schwachstellen in Beruf und Partnerschaft zu erspüren, um mögliche Katastrophen zu vermeiden und so für sich und die Welt der zu bleiben, für den man sich trotz gelegentlicher Zweifel hält: Als einen Widder voller Tatkraft, eine ordentliche Jungfrau, einen verantwortungsbewussten Steinbock usw.

Doch wenn «die Dinge des Lebens» über längere Zeit zu glatt, zu perfekt, zu fehlerfrei laufen, wird man skeptisch. Das kann nicht ewig so weitergehen. Oder doch? Man ahnt bereits das Unheil, weiss nur noch nicht seinen Namen. Man wünscht sich dann, professioneller mit seinen Fehlern umgehen und die Transite durchschauen zu können. Aber da läuft dann Saturn über den Mond, doch gleichzeitig eilt Jupiter im Trigon zu Venus und Mars über Uranus hinweg. Was tun? Gibt es denn für den irritierten Einzelnen nicht auch so ein Fehlermanagement wie in Konzernen, in denen das Mensch-Maschine-System optimiert wird, indem man auf künftige Fehler und die Möglichkeit ihrer Vermeidung reagiert?

Theoretisch ja, aber praktisch dann doch wieder nicht, weil Effizienz eben nicht das ist, worauf es für den Einzelnen ankommt, sondern seine Vielfalt, seine Antinomien. Man spürt das deutlich, wenn man sich einseitig entwickelt. Irgendwas, ein Ereignis, ein Traum, eine Erkrankung scheint uns dann in eine andere Richtung zu zerren, hin zu etwas, das wir bisher vernachlässigt haben. Man ist eben ein System, das sich ständig ändert, trotz exakter Koordinaten von Raum und Zeit der Geburt; nicht unsere tiefsten Überzeugungen leiten uns, sondern diese unfassbare Grösse, die man das Leben nennt: Und das pfeift auf alle Grundsätze und mischt unsere Karten immer wieder neu. Sehr strapaziös und lebensgefährlich, und wenn man dann noch Perfektionist ist, sehnt man sich nur noch nach Ruhe.

Ruhe, eine fast schon unheimliche Ruhe, gibt es ganz besonders in jenen Horoskopen, die schon beim ersten Überfliegen so harmonisch erscheinen, dass man gar nicht weiss, was man denn da beraten soll? Fast nur Trigone und Sextile, nette Jupiter-Aspekte, Saturn-Trigone und ein unaspektierter Pluto im dritten Haus. Das Radix erinnert an allzu symmetrische Gesichter, in denen nichts passiert. Lächelnde Langeweile, etwas schläfriger Blick, resonanz- und reaktionsarm. Mich schüttelt’s …

Manchmal möchte man jenen Langweilern zurufen: Verflixt, nun macht doch mal endlich einen Fehler, und sei es auch nur ein simpler Freud’scher Versprecher, begeht endlich einen Fauxpas, einen Regelverstoss! Aber nein, immer nur lächeln, so, als wollten sie sagen: In diesem Leben nicht, vielleicht im nächsten …

Und doch: Für jeden gab es eine Zeit der frühen Jahre, in der man sich alle möglichen Fehler erlaubte und jede Abweichung von Gesetz, Regel und Vorschrift auch immer riesigen Spass machte. Es ging damals nicht darum, aus Schaden klug zu werden und zu lernen, künftige Fehler zu vermeiden, sondern um das Geniessen jeglicher Unberechenbarkeit. War man seinerzeit nicht vielleicht viel authentischer als später unter dem Reglement von Schule, Beruf und Ehe? Was läge also näher, als sein Verhältnis zu Fehlern immer mal wieder grundsätzlich zu überdenken. Warum lassen wir nicht einfach mal hin und wieder eine Masche fallen (Jungfrau und Saturn: hergehört!), wenn einem danach ist. Das Leben wird sich schon nicht aufribbeln! Und geben wir unserem Affen Zucker, denn jener Affe ist man doch auch. Und ist er nicht auch viel origineller als jedes geschönte Bild uns und anderen vorgaukeln möchte?


Barbara Egert, geprüfte Astrologin DAV, jahrzehntelange Astrologieerfahrung; Bücher: «Astro-logische Merkwürdigkeiten – Kolumnen» (2017, nur bei Amazon erhältlich), «Wenn die Kindheit Schatten wirft: Beziehungen, Hochsensibilität, Narzissmus» (2014), «Hochsensibilität im Horoskop» (2012), «Krisen im Horoskop erkennen» (2011), «Kindheitserfahrungen im Horoskop» (2009); ständige Mitarbeiterin von ASTROLOGIE HEUTE, E-Mail: Barbara Egert