Astrologie Heute Nr. 190 (Dezember 2017)
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Astrologie Heute Nr. 190
Dezember 2017

Inhaltsverzeichnis
Heft Nr. 190 bestellen

 

Astro-logische Merk-Würdigkeiten
 

Schau mich bitte nicht so an …
 
von Barbara Egert
 


 

Jeder weiss ja, dass Blicke töten können. Ein Blick aus jupiterhafter Höhe auf einen gerade mal eben um seine Balance ringenden Sterblichen erschüttert dessen Gleichgewicht. Was soll der Arme schon dagegen machen, wie darauf antworten? Zurückblicken im Zorn etwa? Orpheus drehte sich um, kurz bevor seine «Aktion Hades» beendet war. So verlor er Eurydike für immer und ewig. Überhaupt, der Blick zurück: besser nicht, sonst Säule aus Salz! Das evolutionäre Bestreben favorisiert, wie man weiss, die Zukunft: handelt also zutiefst uranisch. Solange Saturn nur noch dem Bewährten huldigt, erstarrt auch er, wird salzige Säule oder modriges Holz. Alte Menschen schauen oft nur noch zurück und erliegen so der Übermacht ihres gelebten Lebens: Das Vergangene hypnotisiert sie. Früher alles besser – heute na ja. Ach, wenn sie sich doch nur hin und wieder von ihren uranischen Transiten mitreissen liessen!

Was bedeutet die Empfehlung, eine Gorgo nur im Spiegel zu betrachten, da jeder direkte Blick tödlich wäre? Athene riet Perseus dazu, und der ist mit seinen Flügelschuhen Merkur ja zum verwechseln ähnlich. Es ist der Appell an die Notwendigkeit der Reflexion, einer merkurischen Bewältigung der Welt. Erleben und zeitgleich das Erlebte reflektieren, das schwächt keineswegs, sondern optimiert den Genuss, ja verdoppelt ihn.

In der modernen Physik kennt man die mysteriöse Beziehung von Betrachter und Experiment (und weiss doch nicht recht, wieso es so ist): Wenn ich das richtig verstanden habe – keine Garantie! – stirbt Schrödingers Katze statistisch eher, wenn ein Betrachter sie anstarrt. Gibt es da eine astrologische Analogie? – Ja, denn wenn jemand mit starker Pluto-Besetzung einen Neptunier anstarrt, löst der sich ja auch auf – unter gewissen Umständen natürlich. Und er spürt überdeutlich, wie der Betrachter ihn durchschaut, durch ihn hindurchstarrt, bis er zu Luft wird. («Ab jetzt bist du Luft für mich!») Also macht er sich einfach immer dünner, bis er schliesslich unsichtbar wird.

Was einen immer wieder verunsichert, ist der taxierende Blick der anderen: Sensibelchen brechen zusammen, Mond/Neptun im zwölften Haus errötet und schämt sich mit und ohne Grund. Alle sehen mich an, keiner versteht mich! Nicht genug, dass man sich jederzeit selbst okay fühlen will, alle anderen sollen einen auch okay finden. Aber die sind meist viel zu sehr mit sich beschäftigt, frei nach Saturn: Sei nur du selbst, das ist schon schwer genug. Löwe-Venus existiert allerdings überhaupt nur durch den Blick der anderen. Sie schüttelt ihre Mähne, und wehe, man beachtet sie nicht. Sehhilfen mit UV-Schutz schützen nicht nur vor der Sonne! Provozierend starrt einen etwa die verspiegelte Sonnenbrille eines Geheimagenten an. Das kann doch nur ein Skorpion-Spion sein, der befürchtet, dass sein Incognito auffliegt. Sein Starren soll zugleich bemerkt und unbemerkt bleiben. Gar nicht so einfach. Man nennt das «Drohstarren», und diesen bohrenden unverwandten Blick findet man bei Menschen und Tieren ebenso.

Manche haben das Problem, anzunehmen, alle Blicke seien andauernd nur auf sie gerichtet. Wie man sich doch täuschen kann! Nach der ersten jungen Mädchenblüte schaut sowieso keiner mehr hin. Einige beginnen dann ihre Lehrjahre im Studium immer gewagterer Exaltationen, um nur ja nicht übersehen zu werden. Lieber Schreckschraube als gar nicht wahrgenommen zu werden. Oder wie Oskar Wilde meinte: Immer noch besser, man spricht schlecht über einen, als überhaupt nicht.

Während Venus/Neptun verstohlen liebäugelt, versprühen die Augen von Venus/ Mars oder Venus/Uranus Feuer und Flamme. Schon die alten Griechen wussten, wie sehr das Feuer im Auge des Menschen zu brennen vermag, wenn es jemanden zu verzaubern gilt. Und sie kannten die Liebe auf den ersten Blick. Heute wird eher gechattet, sehr empfehlenswert für Venus/Saturnier, die Fernbeziehungen mögen. Die sind unkompliziert und ohne allzu viel Nähe recht romantisch. Aber wehe: Auch sie trifft manchmal ein feuriger Blick aus nächster Nähe, der durch und durch geht, und noch mal wehe, wenn es ein leidenschaftlicher Plutonier ist, der da seinen Blick abfeuert. Dann gehen alle guten Vorsätze den Bach runter.

Wie erkennen wir mit einem Blick Gefahr? – Ein Blick in die Augen des anderen genügt! Man weiss, dass vergrösserte Pupillen starke positive Gefühle verraten. Also sollte man einen Heiratsantrag bei kleinen Pupillen des Antragstellers lieber noch mal überdenken? Vor allem aber mit Goethe sphinxhaft murmeln: «Das Ohr ist stumm, der Mund ist taub, aber das Auge vernimmt und spricht.»   


Barbara Egert, geprüfte Astrologin DAV, jahrzehntelange Astrologieerfahrung; Bücher: «Astro-logische Merkwürdigkeiten – Kolumnen» (2017, nur bei Amazon erhältlich), «Wenn die Kindheit Schatten wirft: Beziehungen, Hochsensibilität, Narzissmus» (2014), «Hochsensibilität im Horoskop» (2012), «Krisen im Horoskop erkennen» (2011), «Kindheitserfahrungen im Horoskop» (2009); ständige Mitarbeiterin von ASTROLOGIE HEUTE, E-Mail: Barbara Egert