Astro-logische Merk-Würdigkeiten
Zufälle, gibt es die?
von Barbara Egert
Natürlich gibt es sie! Doch nicht alles, was fällt, ist Zufall im Sinne des erstaunlich nichtzufälligen Zufalls, sondern rein zufälliges Fallen. Blätter fallen, meint Rilke, mit verneinender Gebärde. Der Fall eines Apfels jedoch ist pure Bejahung, denn nach Erblühen und Reife beginnt ein neuer Zyklus des Apfellebens – oder die Verwandlung in einen Kuchen. Wissenschaftlich erscheint sein zufälliger Fall völlig uninteressant. Schaut ihm ein neugieriger Beobachter wie Isaac Newton dabei zu, erschliesst sich ihm keineswegs zufällig, sondern höchst innovativ das Gesetz der Gravitation. Wie auch nicht anders zu erwarten bei dessen starken Uranus-Aspekten!
Ebenso interessant wie der nicht weit vom Stamm fallende Apfel («Wie werde ich nicht so wie meine Eltern?») sind jene Zufälle, die unser Leben bestimmen, selbst wenn wir sie uns astrologisch nicht immer plausibel erklären können. All jene wunderbaren Zufälle also, von denen manche sagen, dass es sie gar nicht gibt, weil alles vorherbestimmt sei, die aber noch nach Jahren verzaubern und alles Zufällige dieser Welt vergessen lassen. Banale Zufälle gibt es ständig in Hülle und Fülle. Doch sind sie derart bedeutungslos, dass man selbst wenn man verzweifelt sein Horoskop befragte, um ihnen doch noch Sinn abzugewinnen, nichts finden wird. – Oder wird nicht, wer lange sucht, immer etwas finden? Eine kleine Halbsumme mit Jupiter und Uranus etwa?
Wie kann man zwischen wichtigen und unwichtigen Zufällen unterscheiden? – Es kommt auf den Sinn an! Ein zunächst unscheinbarer Transit, der eine Direktion auslöst, eher zufällig entdeckt, fast übersehen wurde, erklärt äusserst sinnvoll jenes einmalige, unser gesamtes Leben verändernde Rendezvous. Wie sinnlos erscheint dagegen Langeweile, die mit jeder Zerstreuung vorliebnimmt, die ihr der Zufall bietet. – Kann man eigentlich Zufälle vorhersagen, oder hören sie dann auf, Zufälle zu sein? Sosehr ich auch hoffe, die Astrologie könne bei der Unterscheidung von sinnvollen und sinnlosen Zufällen helfen: Aus dem Chor ihrer Wirkkräfte meine ich leider nur eine einzige Stimme zu vernehmen, jene von Saturn, der von der ganzen Sache nichts hält.
Kaum zu glauben, dass einige nicht müde werden zu behaupten, es gäbe überhaupt keine Zufälle. Alles habe einen Sinn, den unser saturnisch-ungesunder Menschenverstand nur noch nicht verstünde, den sie, die Allwissenden, allerdings sehr wohl erahnten. Neptun in spirituellem Übereifer glaubt eben an fast alles und ganz besonders an schicksalhafte Bestimmung und verborgene Botschaften. Merkur allerdings, der nicht ans Glauben sonders ans Verstehen glaubt, möchte lieber erstmal die Begriffe klären, denn Zufall sei nicht gleich Zufall. Wie? Nun, gibt er zu bedenken, man könne doch zufällige Zufälle wie die Begegnung eines Regenschirms mit einer Nähmaschine auf einer nächtlichen Parkbank nicht mit jenem Skarabäus vergleichen, der mit dazu beitrug, dass C. G. Jung über Zufall, Fügung und Synchronizität nachdachte.
Jeder kennt mysteriöse Geschichten, die von äusserst ungewöhnlichen Zufällen handeln … staunt und wundert sich – auch ohne zu begreifen, wie und warum sie sich ereignen. Oft geht es um vor langer Zeit verschwundene Dinge, die plötzlich wieder in Erscheinung treten, als wollten sie sagen, dass alles, was aus dieser Welt verschwindet, auch wieder in sie zurückkehren kann. Unter gewissen, sehr besonderen Umständen natürlich. Denn gäbe es solche Zufälle wie Sand am Meer, wer würde sich noch nach Jahren an sie wie an kostbare Solitäre erinnern? An jenen vor langer Zeit verlorenen Ring etwa, dem es plötzlich in den Sinn kommt, zu seinem Besitzer zurückzurollen, an seinen Finger zu hüpfen und ihn anzustrahlen: «Da bin ich wieder!»
Sosehr wir davon überzeugt sind, dass alle guten Zufälle uns etwas sagen wollen, alle übrigen aber nicht, so wenig möchten wir – auf Selbstbestimmung bedacht – wahrhaben, dass unser Leben vom Zufall bestimmt wird, tagtäglich, stündlich, in jedem Augenblick. Und doch! «Zufällig» saust gerade eine Fliege auf meine Tastatur zu, landet doch tatsächlich auf der Entertaste. Und während ich noch über ein verbindliches Ende für diese Kolumne nachsinne, hat der Zufall in Form dieser Fliege bereits gewaltet.
Zeichen oder Zufall? – Sei’s drum, Enter! und Ende …
Barbara Egert, geprüfte Astrologin DAV, jahrzehntelange Astrologieerfahrung; Bücher: «Astro-logische Merkwürdigkeiten – Kolumnen» (2017, nur bei Amazon erhältlich), «Wenn die Kindheit Schatten wirft: Beziehungen, Hochsensibilität, Narzissmus» (2014), «Hochsensibilität im Horoskop» (2012), «Krisen im Horoskop erkennen» (2011), «Kindheitserfahrungen im Horoskop» (2009); ständige Mitarbeiterin von ASTROLOGIE HEUTE, E-Mail: Barbara Egert