Astrologie Heute Nr. 213 (Oktober 2021)
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Astrologie Heute Nr. 213
Oktober 2021

Inhaltsverzeichnis
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Astro-logische Merk-Würdigkeiten

Siehst Du aber heute gut aus!

von Barbara Egert

«Siehst Du aber heute gut aus!» Meint sie das wirklich? Was bezweckt sie damit? Wahrscheinlich geht es ihr wie immer nur um einen kurzen Blick in die Sterne. Ich kenne sie zu gut, um ihrer Art, Komplimente zu machen, nicht zu misstrauen. Erst neulich lobte sie mein hellblaues T-Shirt dermassen über den grünen Klee, dass ich zunächst errötete, wie man nun mal errötet, wenn man über den grünen Klee gelobt wird. Dann aber erblasste ich, wie man erblasst, wenn man an das erinnert wird, was sich unter dem grünen Klee befindet. Und was befindet sich unter dem grünen Klee? Friedhöfe wurden früher mit Klee bepflanzt. Mit einem Lob über den grünen Klee lobt man Verstorbene. So also sieht sie mich?

Und dann die Sache mit einem anderen T-Shirt, diesmal eins mit einem «Laufend besser» als Slogan in Gold auf tiefblauem Grund. Na, dachte ich, klingt gut, trage ich jetzt öfter. Und was sagt sie, als wir uns wiedersehen? «Hast Du eigentlich nur dieses eine mit dem entsetzlichen Zyankali-Blau?» – «Moment mal, es ist eindeutig Mykonos-Blau.» – «Aber mit einer Spur Kobalt und Kobalt ist giftig.» Wer selbst giftig ist, sieht überall Gift. Manche sind so toxisch, dass man sich vorsorglich desinfizieren sollte, sobald eine Begegnung unvermeidlich wird. Und erst ihre Komplimente. Allesamt vergiftet.

Was meint eine falsche Schlange wirklich, wenn sie einem sagt, heute sähe man aber gut aus? Dass man sich an allen übrigen Tagen lieber verstecken sollte? Das Heute ist kurz. Es beginnt um Mitternacht, wenn man schläft und schläft, und es einem sowieso ziemlich egal ist, wie man aussieht. Und es endet, wenn Venus höchstpersönlich als Abendstern erwacht.

Neben der Venus kann auch noch Merkur als Abend- und Morgenstern in Erscheinung treten, jedoch ist das – seiner Nähe zur Sonne wegen – seltener der Fall. Wenn bisweilen auch noch die silberne Sichel des Mondes den Beginn des Abends verschönt, hätten wir ein Trio beisammen, das einiges erzählen könnte. Über die Mode etwa, die das Kaschieren liebt und über Spiegel, denen man wirklich trauen kann, wenn sie einem zurufen: «Siehst Du aber heute gut aus!»

Und was verrät mir das Horoskop meiner doppelzüngigen Bekannten? Ich weiss natürlich, nicht alle Schlangen sind falsche Schlangen. Ein Stereotyp ist ein Stereotyp, eine Phrase eine Phrase. Besonders als jemand, der sich nicht nur als psychologischer Astrologe versteht, sondern auch alles über Licht und Schatten der Kindheit wissen möchte, um zu begreifen, wie auch die falscheste Schlange tickt, muss ich ihr Horoskop kennen. Was ist, wenn sie nur so tut, als sei sie eine Schlange, weil deren Image aufregender ist? Wassermänner neigen bekanntlich dazu und Skorpione wittern schon ihre Beute.

Oder sie blufft, weil die Mutter ihr schon früh flunkern, schummeln und mogeln beibrachte, während der abwesende Vater seine Profession als charmanter Hochstapler auslebte. Die meisten Schlangen sind unauffällig, lautlos und elegant. Aber eben auch glitschig. Ihren diskreten Charme nennen manche hinterhältig.

Was soll man machen. Wer blufft, der muss auf Mimik verzichten, die verrät, was er wirklich denkt. Also ein Pokerface aufsetzen. Im Extremfall bedeutet das, dass man selbst nicht mehr weiss, was man denkt und was nicht, hat aber den anderen im plutonischen Blick.

Meine Bekannte eine Schlange? Nun ja, auch sie pirscht sich lautlos an ihre Beute, an mich, heran und versucht mich mit Komplimenten zu ködern. Was passiert eigentlich, wenn man sich einer ähnlichen Taktik bedient? Nicht nur Schlangenblicke hypnotisieren, auch dem einer Sphinx entkommt man nicht. Die oder der Sphinx? Beides ist möglich. Wie könnte es auch anders sein bei so einem indifferenten Wesen? Sphinxisch zu sein ist gar nicht so schwer. Männer verstehen nur Bahnhof. Frauen wissen sofort, um was es geht: Je rätselhafter und undurchschaubarer, desto besser!


Barbara Egert, geprüfte Astrologin DAV, jahrzehntelange Astrologieerfahrung; Bücher: «Astro-logische Merkwürdigkeiten – Kolumnen» (2017, nur bei Amazon erhältlich), «Wenn die Kindheit Schatten wirft: Beziehungen, Hochsensibilität, Narzissmus» (2014), «Hochsensibilität im Horoskop» (2012), «Krisen im Horoskop erkennen» (2011), «Kindheitserfahrungen im Horoskop» (2009); ständige Mitarbeiterin von ASTROLOGIE HEUTE, E-Mail: Barbara Egert