Astrologie Heute Nr. 218 (August 2022)
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Astrologie Heute Nr. 218
August 2022

Inhaltsverzeichnis
Heft Nr. 218 bestellen

Astro-logische Merk-Würdigkeiten

Träume

von Barbara Egert

Über Träume ist schon so viel geschrieben worden, dass man dem kaum noch etwas hinzufügen kann. Es sei denn, man fragte in einem luziden Traum seinen Traumregisseur, wie es ihm gelingt, nicht nur ständig Drehbücher zu entwerfen, sondern fertige Filme gleich mitzuliefern. Er wird auf Neptun verweisen, aber es müssen noch andere daran beteiligt sein, um solche Meisterwerke zu erschaffen, wie wir sie jede Nacht erleben. Einige reif für den Oscar!

Saturn möchte zunächst Tagesreste verarbeiten, um die seiner Meinung nach unentschuldbaren Unstimmigkeiten in unserer inneren Buchführung zu visualisieren und bittet um genügend Zeit dafür. Pluto verzichtet, ganz was Neues, auf sein schon seit Langem geplantes Epos über Macht und Machtmissbrauch, Gewalt und Tod. Und warum verzichtet er? Weil seine Recherche zu den shakespeareschen Dramen noch nicht abgeschlossen ist. Aber wenn, … dann! Und auf jeden Fall zur besten Sendezeit. Und auf gar keinen Fall würde er irgendeine venusische Verharmlosung hinnehmen. Es soll so brutal zugehen, wie das wirkliche Leben nun mal ist: voller Tragödien wie in «Macbeth». Albträume also, die einen erschüttern und fragend zurücklassen: So also sieht mich mein Traum?

Im alten Rom würde man im Neptuntempel einige Münzen opfern und den Herrn der Träume um den shakespeareschen «Sommernachtstraum» bitten. Und wenn das Opfer Wirkung zeigte, könnte man ihn schon 1500 Jahre vor der Originalaufführung erleben: «Die Phantasie treibt Blüten, fabuliert / Mehr als ein klarer Kopf verstehen kann.» Ist es nicht wunderbar, wozu der Traum fähig ist? Zeit spielt bei ihm ebenso wenig eine Rolle wie exakte Ortsangaben: Eben noch im antiken Rom, und schon lauscht man auf dem Nil dem Gesang der Sirenen. Eigentlich kein Wunder, herrschte doch einst Poseidon als Wassergott über alles, was fliesst, über sprudelnde Quellen (auch der Fantasie) und, nicht sehr erfolgreich, über das Wetter.

Was ist eigentlich mit all den Problemen, auf die auch die Astrologie eher ausweichend antwortet? Der Mann ihres Lebens, die Frau seiner Träume – zeigen sie sich uns in prophetischen Träumen? Leider nein, nur schwankende Gestalten geistern umher, die mit uns Schach spielen wollen, obwohl man genau weiss, dass sie davon früher keine Ahnung hatten. Gereizt wie wir alle reagiert auch der Traumregisseur, wenn man ihn nach etwas fragt, das er nicht weiss, etwa eine Mail-Adresse, um einem der Gespenster seine Meinung zu sagen. Alles Konkrete scheint ihm zuwider, nur ein paar Symbole rückt er raus, von denen man seinem Psychiater berichten kann. Alle Psychiater lieben Symbole. (Ich bin es nicht, es ist Neptun, der mich soeben zu dieser Verallgemeinerung verführt hat!)

Was für ein Tag mit dem rückläufigen oder, noch besser, gerade stationär gewordenen Merkur! Man denkt im Kreis, kein Ergebnis in Sicht, genervt schläft man ein. Doch im Traum erwacht unser inneres Wissen, überfliegt die Probleme und erlöst uns von ihnen, schnell wie der Wind. Man steht auf, strahlt und kann es kaum fassen: «Ich glaub’, ich hab’s! Also darauf wäre ich nicht mal im Traum gekommen.» (Sieh mal einer an!) Unser gut informierter Uranus weiss natürlich, dass sich die Neuronen zunächst von den verwirrenden Eskapaden unseres Alltags erholen müssen, ehe wir das Traumstudio betreten dürfen. Doch dann regeln sich die Dinge in uns ohne zentrale Instanz von selbst, geheimste Verstecke werden nach Assoziationen durchwühlt, um immer neue Geschichten mit oder ohne Botschaft zu ersinnen.

Der Schlaf der Vernunft mag Ungeheuer erschaffen. Der Schlaf vielleicht, nicht aber der Traum, denn der schläft nie, fast nie, und erfindet so sonderbare Geschichten wie die von Dschuang Dschou, der träumt, ein glücklich flatternder Schmetterling zu sein, der nichts von Dschuang Dschou weiss. Als er erwacht, weiss er nicht, ob er geträumt hat, der Schmetterling zu sein, oder ob der Schmetterling geträumt hat, Dschuang Dschou zu sein. Mit Sicherheit nichts gewusst hat unser taoistischer Weise von Merkur, der mit seinen Flügelschuhen nach China flog, um ihn zu diesem doppelbödigen Traum zu inspirieren.

Im Laufe seines Lebens erlebt man rund 150000 Träume. Doch obwohl man sich nicht an alle erinnert, berühren sie auch den, der sie für Schäume hält. Allerdings brillant inszenierte Schäume, präsentiert zur besten REM-Phasen-Sendezeit.


Barbara Egert, geprüfte Astrologin DAV, jahrzehntelange Astrologieerfahrung; Bücher: «Astro-logische Merkwürdigkeiten – Kolumnen» (2017, nur bei Amazon erhältlich), «Wenn die Kindheit Schatten wirft: Beziehungen, Hochsensibilität, Narzissmus» (2014), «Hochsensibilität im Horoskop» (2012), «Krisen im Horoskop erkennen» (2011), «Kindheitserfahrungen im Horoskop» (2009); ständige Mitarbeiterin von ASTROLOGIE HEUTE, E-Mail: Barbara Egert