Astrologie Heute - Themen der Zeit
Merkur wird rückläufig: Der Trickster sorgt für Überraschungen
Update vom 19. Oktober 2000

Am Mittwoch (Merkurtag), dem 18. Oktober wurde Merkur für drei Wochen, das heisst bis zum 7. November rückläufig. Er sorgte gleich für durchaus quantifizierbare Überraschungen. An diesem Tag erreichte der Euro mit einem Stand von 0,8355 US $ ein Allzeittief (29% minus seit seinem Einführungskurs), ein Vorgang, den man einer unbedachten (und unverständlichen) Äusserung des europäischen Notenbankpräsidenten Wim Duisenberg vor ein paar Tagen zuschreibt. Im Tagesverlauf stürzte der Dow Jones um 400 Punkte und erreichte mit 9654 Punkten vorübergehend sein Jahrestief und den Stand vom Frühjahr 1999. Auch wenn er sich danach auf fast 10'000 erholte, so zeigte dieser Vorgang die Nervosität und Orientierungslosigkeit der Anleger. Ähnliches ereignete sich am Deutschen Börsenmarkt mit einem vorübergehenden Jahrestief des DAX.

Diese Vorgänge zeigen exemplarisch, wie sehr der Zyklus des rückläufigen Merkurs nicht nur für Astrologen, sondern auch für Laien von Interesse und leicht nachvollziehbar ist. Man kann regelmässig beobachten, dass unter diesem Einfluss Überraschungen stattfinden und in logischen Denkprozessen Fehler gemacht werden, die bisher nicht wahrgenommene Aspekte einer Sache zum Ausdruck bringen. Sogar Geräte, speziell im Bereich des Transports, der Kommunikation und der Datenverarbeitung scheinen häufiger als sonst ihren Dienst zu versagen, so dass es sich im allgemeinen während der rückläufigen Phase des Merkurs nicht empfiehlt, einen Computer zu installieren, ein Auto zu kaufen oder einen wichtigen Vertrag abzuschliessen. Häufig hat man so viel Aufwand mit der Eruierung von Fehlern und Kommunikationspannen, dass man nachträglich feststellt, man hätte besser abgewartet, bis Merkur wieder direktläufig wird.

Während der rückläufigen Merkurphase können aber auch alte, unverarbeitete Dinge wieder hochkommen, oder eine Person, welche zu einer früheren Zeit für uns eine Rolle spielte, meldet sich zurück. Insgesamt macht es den Eindruck, dass Kräfte am Werk sind, die uns darauf hinweisen wollen, dass es zu unserem üblichen Denken noch eine andere Dimension gibt, einen "Schattenanteil", der in dieser Periode in unser Bewusstsein drängt. C.G. Jung hat diese Umkehrfunktion des logischen Denkens in Form des "Tricksters", des "Narrs" oder des "Schelms" im KapitelArtikel "Zur Psychologie der Tricksterfigur" (Gesammelte Werke Band 9/I) sehr schön umschrieben. Folgende Zitate erhellen einige der Manifestationen des rückläufigen Merkurs, welche wir in den nächsten drei Wochen im kollektiven oder im individuellen Masstab erfahren könnten:

"Die Tricksterzüge des Mercurius sind nicht ohne Beziehung zu gewissen folkloristischen Figuren, deren Vorkommen im Märchen allbekannt ist: es sind jene Gestalten des "Dümmlings", "dummen Hans" oder "Hanswurst", der durchwegs ein negativer Held ist und durch seine Dummheit das erlangt, was ein anderer durch seine beste Leistung zu erreichen verfehlt".

"Diese mythologischen Züge reichen bis in die höchsten Sphären religiöser Geistesentwicklung. Wenn man zum Beispiel die dämonischen Züge Jahwes im Alten Testament etwas genauer untersucht, so findet sich darin nicht weniges von der Unvoraussagbarkeit, der zwecklosen Zerstörungssucht und dem selbstverursachten Leiden des Tricksters mit der gleichen allmählich sich geltend machenden Entwicklung zum Heilbringer, mit gleichzeitiger Vermenschlichung. Gerade diese Umkehrung ins Sinnreiche zeigt die kompensatorische Beziehung des Tricksters zum "Heiligen", welche bei uns in Erinnerung der antiken Saturnalien schon im frühen Mittelalter zu sonderbaren kirchlichen Gebräuchen führte".

"Er stellt ein in vielen Kulturen nachweisbares altes Strombett dar, in welchem immer noch Wasser fliesst. Man sieht dies am besten daran, dass das Motiv des Tricksters nicht nur in mythischer Form auftritt, sondern ebenso naiv wie authentisch beim ahnungslosen Zivilmenschen erscheint, und zwar überall dort, wo dieser sich Zufälligkeiten ausgesetzt sieht, welche scheinbar mit boshafter Absichtlichkeit sein Wollen und Tun behindern. Dann spricht er gerne von "Kobolden" und "Tücke des Objektes".... , der Trickster ist hier repräsentiert durch Gegentendenzen im unbewussten, im individuellen Fall durch eine Art zweiter Persönlichkeit von puerilem, inferiorem Charakter, nicht unähnlich jenen Persönlichkeiten, die sich in spiritistischen Zirkeln zum Worte melden oder jene durchaus kindischen Phänomene verursachen, wie sie für den "Poltergeist" charakteristisch sind. Ich glaube diese nirgends fehlende Charakterkomponente berechtigterweise als Schatten bezeichnet zu haben. Sie gilt auf unserem Kulturniveau als persönlicher Versager ("gaffe", "slip") und wird der bewussten Persönlichkeit als Mangelerscheinung angekreidet".

C.G. Jung meint, dass unter dem Einfluss des Tricksters eine Ergänzung der kausalen durch eine finale Betrachtungsweise stattfindet, was nicht nur in der ärztlichen Psychologie sinnvolle Deutungen ermöglicht, sondern auch ganz allgemein wenn man sich mit der anderen Ebene beschäftigt, die unvermittelt sichtbar wird: "Der Schatten, obwohl per definitionem eine negative Figur, lässt öfters positive Züge oder Beziehungen erkennen, welche auf einen anders gearteten Hintergrund deuten. Es ist, wie wenn er unter einer minderwertigen Hülle bedeutsame Inhalte versteckte".

Astrologisch gesehen können wir dem rückläufigen Merkur noch eine weitere Qualität zuschreiben. Er bewirkt in einem gewissen Sinne eine Umkehrung der Zeit. Zwar läuft die Zeit dann nicht rückwärts, aber wir werden oft an Dinge und Menschen aus unserer Vergangenheit erinnert. Hinter diesen scheinbaren "Zufällen" verbirgt sich häufig eine höchst signifikante Dimension. Es empfiehlt sich deshalb in dieser Zeit der eigenen Kommunikation und unseren Beziehungen vermehrte Beachtung zu schenken. Da im Alltag Verwirrung häufig durch ein Zuviel an Informationen und Reizen zustande kommt, ist es wichtig, immer wieder inne zu halten und sich Zeit zu nehmen, die Dinge sorgfältig zu prüfen. Dies gilt insbesondere für neue Vorhaben, die man startet oder Verträge, die man unterschreibt. Entscheidungen müssen neu überdacht werden, und es lohnt sich mehr Bewusstsein in unsere Überlegungsprozesse einzubringen. Nutzt man diese Phase zum Aufräumen und Aufarbeiten von Pendenzen, so kann man wenn Merkur wieder direktläufig wird, erfolgreich gut durchdachte Pläne verwirklichen.

Literatur:
C.G. Jung, Gesammelte Werke, Band 9/I, Walter Verlag Olten, 1976, 6. Auflage 1985
Erin Sullivan, Rückläufige Planeten – Aufbruch in die innere Landschaft, Edition Astrodata, 1993