Astrologie Heute - Themen der Zeit
Pluto, Krieg und vom adäquaten Umgang mit Macht

Macht korrumpiert
absolute Macht korrumpiert absolut.

Charles de Montesquieu 1689 - 1755

 

 

 

Mit Pluto auf 24 Grad Krebs in Opposition zur Sonne auf 29 Grad Steinbock ist es nicht erstaunlich, dass der Baron von Montesquieu1 zusammen mit John Locke der amerikanischen Verfassung Pate gestanden ist. Wir finden im amerikanischen Unabhängigkeitshoroskop auf den gleichen Graden eine Merkur/Pluto-Opposition (24 Grad Krebs zu 28 Grad Steinbock). Der französische Jurist, Politiker, Geschichtsphilosoph und Humanist Montesquieu hatte sich in seinem Werk "De l’esprit des lois" (Geist der Gesetze) intensiv mit der Frage des Gleichgewichts der Kräfte in Staatengefügen beschäftigt. Er schrieb damals: "Sowie ein Staat seine Kräfte verstärkt, tun dies sofort auch die andern, so dass nichts gewonnen wird als der gegenseitige Ruin."

Das Problem ist seit dem peloponnesischen Krieg vor 2500 Jahren bekannt. Thukydides, Chronist jener Zeit, äusserte sich dazu in folgendem Sinne: "Über die Streitpunkte schreibe ich vorweg, damit nicht später einer fragt, woher denn ein solcher Krieg in Hellas ausbrach. Den wahrsten Grund freilich, zugleich den meist beschwiegenen, sehe ich im Wachstum Athens, das die erschreckten Spartaner zum Krieg zwang..."

Seit der Abschaffung der Sowjetunion vor 12 Jahren besteht die Gefahr, dass Amerika in die Rolle des damaligen Athens gerät und Herausforderungen, vielleicht sogar Kriege vonseiten anderer grosser Nationen oder Gruppen von Nationen auslöst, die die amerikanische Vorherrschaft befürchten. Zur Zeit ist es freilich nicht einmal so, dass andere Staaten Amerika herausfordern, sondern lediglich Gruppen von Unzufriedenen, die sich des Terrorismus bedienen. Im Verhältnis zu anderen Staaten tritt Amerika forsch auf und nimmt sich heraus, die Bedingungen von Abmachungen laufend nach eigenem Gusto zu verändern. So sprach die UNO-Resolution 1441 lediglich von "vollständiger Abrüstung" – dies wurde jedoch laufend umgedeutet zu "Regimewechsel", "Demokratisierung" und schliesslich sogar zu einer "Neuordnung des Nahen Ostens".

Die Gefahr eines solchen Verhaltens hatte bereits der oben erwähnte Chronist Thukydides vorweggenommen, als er die Athener – die man aufgrund Ihrer Position mit den Amerikanern vergleichen kann – sprechen liess: "Ihr wisst so gut wie wir, dass im menschlichen Verhältnis Recht nur gilt bei Gleichheit der Kräfte, doch der Stärkere das Mögliche durchsetzt, der Schwächere es hinnimmt." Nun wissen wir, dass die heutige amerikanische Regierung eine Politik verfolgt, die sich zum Ziel setzt, das Hochkommen einer Gegenmacht mit allen Mitteln zu verhindern. Werden die gegenwärtigen Planungen erfüllt, ohne dass andere Staaten nachziehen, indem sie ebenfalls massiv aufrüsten, werden die USA 2006 mehr für Waffen ausgeben, als der gesamte Rest der Welt. Diesen Weg sind die Vereinigten Staaten entschlossen notfalls auch allein zu gehen, indem sie von Fall zu Fall Koalitionen bilden, ohne sich von Verbündeten behindern zu lassen, die Mitspracherechte einfordern. Die USA dürften mit dieser Politik aufgrund ihrer enormen Übermacht noch für einige Zeit die Möglichkeit haben, Kriege zu gewinnen, aber es erscheint zweifelhaft, dass sie ohne eine Mitwirkung anderer – die auch auf dem Prinzip der Mitsprache gründet – den Frieden gewinnen können.

Montesquieu war es wichtig, nicht nur zu Schlüssen zu kommen, wie eine adäquate Form der Machtausübung aussehen kann, sondern er befasste sich auch mit Aufstieg und Fall von Weltreichen. So kam von ihm 1734 ein Werk heraus mit dem Titel "Considérations sur la cause de la grandeur des Romains et de leur décadence" (Betrachtungen über die Gründe für Grösse und Dekadenz des Römischen Reiches). Dass Donald Rumsfeld mit der gleichen Pluto-Stellung (Montesquieu 24 Grad Krebs, Rumsfeld 22 Grad Krebs) sich bereits vor dem 11. September für dieselben Fragen interessierte, geht aus einem Bericht der New York Times vom 5. März 2003 "What would Genghis do?" hervor. Die Autorin des Berichtes, Maureen Dowd, fängt diesen mit der Feststellung an, dass man sich "Rummy" gut mit Schwert, Schild und Gladiatorensandalen vorstellen könnte. Tatsache ist jedenfalls, dass bereits vor dem 11. September, noch während des "unschuldigen Sommers" 2001 das Büro des Verteidigungsministers eine Studie über frühere Reiche in Auftrag gab – Mazedonien, Rom, die Mongolen – um herauszufinden, wie diese ihre Dominanz aufrecht erhielten.

Wie wir im Artikel "Saturn, die USA und die UNO" feststellten, war mit der Mars/Saturn-Konjunktion der UNO auf Rumsfelds Pluto diese sein erstes Opfer. Mit Sonne/Saturn des Islams auf der gleichen Stelle war für Rumsfeld die weitere Stossrichtung zum Vornherein klar, und es erstaunt nicht, dass er bereits einen Tag nach dem 11. September dafür eintrat, zuerst den Irak anzugreifen, noch bevor man sich mit Afghanistan auseinander setzt. Immerhin qualifizieren sich als islamische Länder beide für Feldzüge (in Bushs Terminologie Kreuzzüge), möglichst nach eigenem Timing und Gusto, ohne Bremsung und Behinderung durch andere.

Nun ist das allerdings erst eine Seite der Geschichte. Vordergründig kann man tatsächlich denken, dass der Stärkere die Möglichkeit hat, dem Schwächeren sein Diktat aufzuzwingen. Längerfristig wird aber im Normalfall der Stärkere mit einer solchen Haltung nicht in Ruhe die Früchte seiner Machtstellung ernten können, denn der Schwächere wird nach Möglichkeiten Ausschau halten, sich zu revanchieren und dafür zu sorgen, dass der Stärkere zur Aufrechterhaltung seiner Machtposition einen unverhältnismässigen Aufwand betreiben muss. So prophezeit der französische Politologe Emmanuel Todd seit einiger Zeit das nahe Ende der Supermacht Amerika. Er meint zu erleben, wie die Prognosen, die er in seinem im letzten Jahr erschienenen Essay "Apres l’empire" formulierte, von der Realität eingeholt werden. Das Buch, bereits in 11 Sprachen übersetzt, kommt nun unter dem Titel "Weltmacht USA. Ein Nachruf" auf deutsch heraus2. Todd war den USA einst wohlgesonnen, hat seine Haltung inzwischen aber grundlegend verändert. Er ist der Meinung, die Amerikaner seien "räuberisch, tolpatschig und unberechenbar" geworden. "Ihre Diplomatie vergleicht er mit dem Gang eines Alkoholikers, dem Universum des Verteidigungsministers Donald Rumsfeld bescheinigt er Kindlichkeit." (Tages-Anzeiger) Was seinen Prognosen zusätzliches Gewicht verleiht, ist die Tatsache, dass er bereits 1976 in einem Buch "La chute finale" den Zusammenbruch der Sowjetunion voraussagte.

Einen anderen Umgang mit Pluto finden

Astrologisch gesehen macht es den Eindruck, dass sich die USA dringend auf einen angemessenen Umgang mit der Qualität des Planeten Pluto besinnen sollten. Von Pluto sagt man, dass er sich positiv manifestiert, wenn man das, was man tut, als "Dienst an der Sache" versteht, dass er sich jedoch als Bumerang betätigt, wenn man versucht, ihn für den persönlichen Vorteil einzusetzen. Befindet man sich in der Machtposition kann zwar die Versuchung gross sein, nicht immer nach dem Rechten zu fragen, sondern sein Stärke rücksichtslos durchzusetzen, aber dies funktioniert nur so lange, als die Gegenseite noch keine adäquaten Mittel zur Gegenwehr entwickelt hat. Diese findet bezeichnenderweise in der Form statt, dass man sich nicht offen dem überlegenen Gegner entgegen stellt, sondern indem man dessen Schwächen ausspäht und aus dem Hintergrund heraus eine zermürbende Guerillataktik betreibt. Eigentlich sollten die Amerikaner wissen, dass dagegen auf die Dauer kein Kraut gewachsen ist, wenn sie nur an Vietnam zurückdenken, ein Krieg, bei welchem das deklarierte militärische Engagement Amerikas zur Zeit der letzten Saturn/Pluto-Opposition Mitte der Sechziger Jahre begann. 7 – 8 Jahre später, beim Saturn/Pluto-Quadrat, mussten die Amerikaner unverrichteter Dinge und gedehmütigt Vietnam verlassen.

Betrachten wir die astrologischen Auslösungen des Irak-Krieges, welcher ziemlich mutwillig von den Amerikanern, entgegen dem Willen der Weltgemeinschaft vom Zaune gerissen wurde, so sehen wir in vielen Details, wie immer wieder Pluto am Werk ist. Dies beginnt beim Vollmond vom 18. März 2003, welcher innerhalb 9 ½ Stunden dem Ultimatum von George W. Bush an Saddam Hussein folgte (Fig. 1). Pluto steht am MC, Saturn am IC und beide Planeten, die mit Macht zu tun haben, bilden ein Quadrat zum Vollmond. Der eigentliche Krieg begann dann mit den ersten Explosionen in Bagdad am frühen Morgen des 20. März (gemäss Washingtoner Zeit am Abend des 19. März) ebenfalls mit Pluto am MC und Saturn am IC (Fig. 2). Reloziert man das Unabhängigkeitshoroskop der USA für Bagdad, findet man wieder Pluto am MC in Opposition zum rückläufigen Merkur am IC (Fig. 3)3. Reloziert man das Horoskop des "Kreuzritters" George W. Bush auf die Hauptstadt des Islams Mekka (Fig. 4), so steht sein Pluto ebenfalls am MC (für Bagdad befindet er sich lediglich 6 Grad vor dem MC).

Auch die Pluto-Verbindungen zwischen den verschiedenen Akteuren dieses Krieges sind interessant: Rumsfelds Pluto steht auf Bushs Saturn, welcher mit jenem des Islams und der UNO eine Konjunktion bildet, gleichzeitig aber auch eine Opposition zum Pluto der USA macht. Nun steht wiederum Saddam Husseins Pluto (26+ Grad Krebs) auf Bushs Saturn (26+ Grad Krebs) und Husseins Jupiter (26+ Grad Steinbock), auf dem Pluto der USA (27+ Grad Steinbock). Beinahe dieselbe Stellung wie Saddam Hussein weist auch mit Pluto ebenfalls auf 26+ Grad Krebs und Jupiter auf 25+ Grad Steinbock das Horoskop Colin Powells auf, der am 5. April 1937 im gleichen Monat geboren wurde wie Saddam Hussein. Auf diesen Gradzahlen (25 – 27 Grad Steinbock) fand bereits die Sonne/Mondstellung der Sonnenfinsternis vom 15./16. Januar 1991 in Konjunktion mit Saturn und die Sonnenstellung des Beginns des ersten Golfkriegs 24 Stunden später statt.

Gibt es den "gerechten Krieg"?

Bei so viel Saturn/Pluto-Themen lohnt es, sich klarer darüber zu werden, unter welchen Umständen ein Krieg begonnen und geführt werden darf. Damit befasste sich bereits das alte Weisheitsbuch des I-Ging. Wir finden Angaben dazu in den Textpassagen Nr. 7 Schï / das Heer (Übersetzung von Richard Wilhelm):

"Ein Heer ist eine Masse, die, um ein Heer zu werden, der Organisation bedarf. Ohne feste Disziplin lässt sich nichts erreichen. Diese Disziplin lässt sich aber nicht durch Gewaltmittel erzwingen, sondern es braucht einen starken Mann, dem die Herzen sich zuwenden, der Begeisterung erweckt.... Ein Krieg ist aber immer etwas Gefährliches und bringt Schaden und Verheerung mit sich. Darum darf man ihn nicht leichtfertig unternehmen, sondern nur wie eine giftige Arznei als letzte Auskunft. Der gerechte Grund und ein klares verständliches Kriegsziel muss durch einen erfahrenen Führer dem Volk deutlich gemacht werden. Nur wenn ein ganz bestimmtes Kriegsziel da ist, für das das Volk sich mit Bewusstsein einsetzen kann, entsteht die Einheitlichkeit und Stärke der Überzeugung, die zum Sieg führt. Aber der Führer muss auch dafür sorgen, dass in der Kriegsleidenschaft und im Siegestaumel nichts Ungerechtes geschieht, das die allgemeine Anerkennung nicht findet. Gerechtigkeit und Beharrlichkeit sind die Grundbedingungen dafür, dass alles gut geht."

Basierend auf der Lehre vom "gerechten Krieg", wie sie von den grossen Theologen Augustinus und Thomas von Aquin und den Begründern des modernen Völkerrechts entwickelt wurden, nennt der katholische Theologe und Religionswissenschaftler Hans Küng in einem im "Spiegel" vom 17. März 2003 veröffentlichten Interview und in einem im "Tages-Anzeiger" vom 24. März 2003 erschienenen Artikel sechs Kriterien für einen gerechten Krieg:

  1. Gerechte Ursache: "Ein Präventivkrieg auf Verdacht hin ist völkerrechtswidrig und unmoralisch, wie es in einem grossen Konsens von Kirchen- und Religionsvertretern bestätigt wird." Als gerecht gilt nach heutigem Völkerrecht die Selbstverteidigung eines Staates oder Bündnisses gegen einen bewaffneten Angriff.

  2. Ehrliche Absicht: "Bushs rosiges Zukunftsbild vom Nahen Osten ist gemäss allen Kennern naiv, illusionär und interessengesteuert. Das Interesse des Bush-Teams ist die Durchsetzung und bleibende Gewährleistung der amerikanischen Hegemonie im Mittleren Osten und – mit Hilfe des Öls – auch weltweit." Ehrlich wäre die Absicht dann, wenn es um die Bewältigung einer Bedrohung des Friedens oder die Abwehr einer Aggression ginge mit dem Ziel, das Leben unschuldiger Menschen zu schützen.

  3. Verhältnismässigkeit: "Kann wegen der Beseitigung eines menschenverachtenden Diktators eine humanitäre Katastrophe mit Tausenden Toten und Hunderttausenden Flüchtlingen in Kauf genommen werden?" Selbst bei einer gerechten Ursache und bei einer ehrlichen Absicht wäre ein Krieg nur zu rechtfertigen, wenn dessen Folgen als weniger schlimm zu erwarten sind, als das Übel, welches damit bekämpft wird.

  4. Bevollmächtigte Instanz: "Die UNO-Resolution 1441 fordert nur eine Entwaffnung des Irak und keineswegs – wie Washington jetzt – einen Regimewechsel." Solange kein Staat angegriffen oder von einer Aggression unmittelbar bedroht ist, gilt der UN-Sicherheitsrat als einzige legitimierte Instanz, militärische Massnahmen zu beschliessen.

  5. Letztes und einziges Mittel (ultima ratio): Ein Krieg kann nur das letzte Mittel sein, um einer Gefahr zu begegnen, nachdem alle nichtkriegerischen Mittel ausgeschöpft sind. Dabei sind diese keineswegs erschöpft. "Die Arbeit der UNO-Inspektoren zeitigte viele Erfolge, während die amerikanisch-britischen Geheimdienstinformationen sich als veraltet, marginal oder falsch erwiesen. Die einzig überzeugende Alternative wäre die Eindämmung (containment) gewesen."

  6. Das internationale Völkerrecht: Auch in einem "gerechten Krieg" müssen die Regeln des humanitären Völkerrechts eingehalten werden. "Im Afghanistan-Krieg wurden die humanitären Regeln auch von den Amerikanern schmählich missachtet: Menschenunwürdige Behandlung von Kriegsgefangenen; amerikanische Soldaten und CIA-Agenten anwesend beim Massenmord an über 3000 Kriegsgefangenen; die Zahl der zivilen Opfer wird geheim gehalten."

Aus diesen Beobachtungen und Überlegungen ergibt sich für Hans Küng, dass dieser Krieg unmoralisch ist. Besonders bedenklich findet er es, dass sich George W. Bush auf seine "göttliche Legitimation" beruft, weil er mit 39 Jahren den "Weg zu Gott" gefunden haben soll.

Betrachtet man den nächsten Vollmond vom 16. April (in Fig. 5 für Bagdad aufgezeichnet), kann man sich vorstellen, dass uns diese Überlegungen im Hinblick auf die dann besonders stark ausgelösten Konstellationen von Ende Steinbock und Ende Krebs in zunehmendem Masse beschäftigen werden. Dies gilt unabhängig davon, wie der Krieg verläuft.

1 Charles-Louis de Montesquieu, 18.1.1689, 8.30 Uhr, Bordeaux (Taeger-Archiv)

2 Emmanuel Todd, "Weltmacht USA" – Ein Nachruf, Piper Verlag, München 2003

3 In Fig. 3 ist das US-Unabhängigkeitshoroskop für 16.47 – gemäss Barry Lynes – reloziert aufgezeichnet. Die Variante mit 17.10 (Sibly) bringt Pluto noch näher an den MC.

-cw

   Vollmond März 2003

Fig. 1
Vollmond März 2003

18.3.2003, 10.36 GMT
Washington DC, USA (77.06 W, 38.57 N)
Koch


Beginn Irak-Krieg

Fig. 2
Beginn Irak-Krieg

20.3.2003, 2.33 GMT
Bagdad, IRQ (44.26 E, 33.20 N)
Koch


Fig. 3
US-Unabhängigkeitshoroskop 

reloziert für Bagdad
Koch


Fig. 4
George W. Bush

reloziert für Mekka, SAU
Koch


Fig. 5
Vollmond April 2003
16.4.2003, 19.37 GT
Bagdad, IRQ (44.26 E, 33.20 N)
Koch