Astrologie Heute Nr. 118 (Dezember 2005) - Editorial
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Astrologie Heute Nr. 118
Dezember 2005

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 E  D  I  T  O  R  I  A  L 

 

 


Liebe Leserin, lieber Leser

Rückläufigkeitsphasen von Planeten sind meistens mühsame Zeiten. Wir hadern mit den Schicksalsfäden, in die wir uns verheddert haben und über die wir stolpern, möchten vorwärts machen und kommen nicht vom Fleck. Die drei fleissigen Nornen spinnen und weben unterdessen munter weiter am Teppich der Welt: Urd, das Gewordene, Verdandi, das Seiende,
und Skuld, das Werdensollende. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Urd bindet uns fest, legt die Fäden um unseren Hals, zieht daran und schaut, ob alle Stricke reissen. Falls ja, fällt auch dieser Teil unseres Gewordenen von uns ab, indem wir es sind: Verdandi. Falls nein, hängt uns bald mal die Zunge raus, und wir müssen den Entfesselungskünstler spielen wie anno dazumal Harry Houdini. Denn Skuld, die Schuld, bestimmt nicht unsere Vergangenheit, sondern die Zukunft. Die Schuld liegt darin, dass wir uns selbst beschneiden mit unseren ungelösten, nicht erlösten Fragen, Bindungen. (S. 29, 50) Diese haben einen Scheuklappeneffekt. Sie verengen den Blick.
 
Um nicht einen «Diskurs in der Enge» zu führen, werfen wir hier den Blick voraus – gerade jetzt, wenn Merkur und Mars rückläufig sind. Wir werfen ihn immerhin so weit, dass Merkur nicht mehr rückläufig ist, wenn Sie dieses Heft in Händen halten, und Mars nicht mehr lange (S. 5): Versuch einer Entzauberung (S. 37). Noch weiter werfen wir den Blick, auf Heiligabend, wenn die Venus rückläufig wird: VergissMeinNicht, mahnt sie schon jetzt. (S. 42) Und noch viel weiter werfen wir den Blick: Auf das kommende Jahr (S. 13, 14), auf die zweite Hälfte dieses Jahrzehnts (S. 16), schliesslich bis ins Jahr 2012 … und ein wenig darüber hinaus (S. 26).
 
Darüber hinaus weisen die Schnittpunkte des Gestern und des Morgen gleichzeitig zurück und nach vorn. Abzulesen beispielsweise an den Finsternissen. Nicht umsonst stellt ihre Deutung einen der Uranfänge der astrologischen Kunst dar. Die Zyklenlehre der Astrologie ist dem Schicksalweben der Nornen ähnlich. So sind auch die Rückläufigkeiten von Planeten eine Art Knoten, welcher die alte Frau, Urd, und das junge Mädchen, Skuld, zusammenbindet. Wenn wir den Fäden nachgehen, erkennen wir das Muster; oder wir können zumindest aus dem Labyrinth finden, wenn Mars in Stier am 10. Dezember wieder direktläufig wird. Ob wir den Minotaurus – halb Stier, halb Mensch – vorher besiegen konnten, steht nicht in den Sternen. Immerhin können sie unser roter Faden sein, wenn das Werdensollende uns wieder einen Knoten knüpfen lässt im Teppich der Welt.
 
Armando Bertozzi
Redaktor