Astrologie Heute Nr. 125 (Februar 2007) - Editorial
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Astrologie Heute Nr. 125
Februar 2007

Inhaltsverzeichnis
Heft Nr. 125 bestellen

 E  D  I  T  O  R  I  A  L 

 

 
Liebe Leserin, lieber Leser
 
Was soll man tun? Zu Beginn stellen sich immer Fragen. (Diesmal mit einem Fragezeichen schon auf der Titelseite.) Fragen sind die Nahrung für Zukunft. Propheten sind Mahner und Weissager; auch Astrologen. Ihre Prophezeiungen stellen uns nicht nur Fragen, sondern auch die Zukunft. Manchmal verstellen sie sie auch. Wetterpropheten wiederum haben schon manchen schönen Tag wegen Ankündigung von Gewitter versaut. Es wurde Regen versprochen, und siehe da, sie haben sich versprochen. Frustriert sitzt man zu Hause auf dem Sofa und ärgert sich über die Sonne, die so unverschämt ins Wohnzimmer blendet, dabei wollte man ein schaurig-romantisches Buch lesen, etwa «Wuthering Heights» oder «Leviathan». Unmöglich bei grellem Licht. O diese Sonne! Ha, dieser Tag! Die Wahrheit schlummert im Dunkeln (da ist gut munkeln). Das Licht des Tages ist nicht das Einzig-Wirkliche, die Sonne nicht mal die halbe Wahrheit (schliesslich haben wir ja zehn Planeten) – eine Projektion. Wie der Meteorologe auf der Mattscheibe. Was also soll man tun? Den Wetterfrosch verklagen? Aussichtslos, wer nimmt den schon ernst, auch wenn er noch so eine wichtige Miene macht vor seinen bunten Tafeln, beim Prophezeien. Hat es jemals eine Fernsehsendung, einen flammenden Artikel gegen die unlautere Wettervorhersage gegeben, weil sie nicht fragt, aber steif und fest behauptet? – Mitnichten. Und gegen die Astrologen? – Mindestens alle Jahre wieder. (S. 8f.) Was also soll man tun? Unsere Astrologen stellen sich Fragen in diesem Heft über Prophezeites (S. 29ff., 58f.), Zukünftiges (S. 4ff., 10ff., 15ff., 22ff., 26ff., 36) und Scheinbares (S. 29ff., 46ff.).  
  
Gewiss flackert auch bei der Sternenzunft – oder wer immer da mitmischt – viel falscher Schein, und wer regt sich mehr darüber auf als die Astrologen? Mit imperativ vorgetragenen Banalitäten wie «Passen Sie auf sich auf!», «Glauben Sie nicht alles!», «Essen Sie nicht zu viel!» oder «Gehen Sie nicht bei Rot über die Strasse!» wird ein Blick in die Zukunft suggeriert, der, weil der Name eines Tierkreiszeichens daneben steht, ein astrologischer sein soll. Da wandeln die Gläubigen und ihre medialen Wattebauschpropheten auf glitschigen Strassen.  
 
Seit heute Morgen sind die Strassen hier dick voll Schnee. Meine Strasse trägt den Namen eines grossen mittelalterlichen Dichters: Notker Balbulus (der Stammler). Media vita in morte sumus (Mitten im Leben sind wir des Todes), seine berühmte Antifon, lässt (auch) ein etwas anderes, bescheideneres Licht auf Prophezeiungen, ihre Verkünder und die Vergänglichkeit menschlicher «Wahrheiten» scheinen. Saturn Opposition Neptun (Trigon Jupiter) könnte die Inkarnation einer höheren Wahrheit bedeuten, vom Ich (Löwe) zur Gemeinschaft (Wassermann). Bisher sehe ich nur Orientierungslosigkeit. Ganz viel Ich. Zu Wahrheiten, ob astrologische, mediale oder andere, gelangen wir – und das sagt uns die aktuelle Konstellation – über eine ethische Haltung dem andern gegenüber. Der Astrologe als Mahner fragt die Zukunft und schöpft (Wassermann) aus sich selbst (Löwe) die Prophezeiung des Menschlich-Notwendigen. Mit Saturn zerfällt die Illusion eines geschönten Selbstbildes. Passen Sie also auf sich auf und essen Sie nicht zu viel! 

 
Armando Bertozzi
Redaktor
 

Armando Bertozzi, von 1975 bis 1982 Kurse in Alchemie, Kabbala und Astrologie; 1980 bis 1988 Redaktor und Mitherausgeber von Essentia, der Zeitschrift für evolutionäre Ideen; seit 1989 Chefredaktor von ASTROLOGIE HEUTE