Astrologie Heute Nr. 127 (Juni 2007)
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Astrologie Heute Nr. 127
Juni 2007

Inhaltsverzeichnis
Heft Nr. 127 bestellen
Astro-logische Merk-Würdigkeiten
 
Stier trifft Wassermann

 
von Barbara Egert
 

 
Heinz hat ein Haus entdeckt! Mit einer grossen Terrasse und einem Garten, in dem man Blumen pflanzen und Gemüse anbauen und vor allem auch unter schattigen Bäumen sitzen und geniessen kann. Seine Überlegungen kreisen hin und her, denn der Kauf eines neuen Hauses heisst ja auch, die alte Wohnung, in der er nun schon 20 Jahre wohnt, aufzugeben, und an die hat er sich so gewöhnt. Aber dieser Hauskauf, so hat ihm sein Finanzberater geraten, sei zurzeit die beste Kapitalanlage. Als er nun endlich Hanna von seinen Vorstellungen und der günstigen Hauskaufgelegenheit erzählt, ruft diese sofort: «In diese Spiessergegend zieh’ ich nicht!» Heinz weiss überhaupt nicht, was sie meint, denn dieses Viertel ist doch so ruhig, und da wohnen hauptsächlich gut etablierte und konservative Leute.
 
Da Stier-Heinz nun seine Wassermann-Hanna doch recht gut zu kennen meint, ahnt er, womit er sie motivieren kann. So erzählt er ihr, dass sie dort genug Räume hätte, um ihre Jin-Shin-Jyutsu-Behandlungen und chiromantischen Beratungen durchzuführen. Ausserdem könne sie sich da auch mit ihren grünen Parteifreunden treffen, sie hätte dort viel mehr Freiraum und Freiheit als in der Mietwohnung. Doch das gab Streit, und Heinz wurde ganz emotional, was bei ihm nicht so oft vorkommt. Hanna blieb ganz kühl und meinte, wenn er wieder vernünftig geworden sei, könne man nochmal diskutieren, jedoch ohne diese peinlichen Ausbrüche.
 
Heinz mit Merkur in Stier denkt nur halb so schnell wie Hanna, und so meidet er – wenn es eben geht – solche Dispute. Er will eigentlich in Frieden leben und Ruhe geniessen und viel Zeit für seine ganzen Sammlungen haben, die zusammen mit all den anderen Dingen, die er nicht wegwerfen kann, schon den halben Keller und Schränke füllen.
 
Als sich die beiden kennenlernten, war Heinz fasziniert von Hannas Engagement für die Randgruppen der Gesellschaft und ihren hohen sozialen Idealen, die sie mit anderen Freunden zu verwirklichen suchte. Ihr unabhängiges Wesen und fortschrittliches Denken beflügelten ihn, auch wenn er ihr in ihren Zukunftsvisionen nicht recht folgen konnte.
 
Erstaunlich fand er auch Hannas Unbekümmertheit, was Kleidung angeht: Sie trug schon lange Turnschuhe und Rucksack, bevor es alle taten, und Löcher in den Jeans störten sie nicht im Geringsten. Aber dann wurde auch das vermarktet, und sie verlor ihr Interesse an der langweiligen Mode. Er hingegen hängt an seinen konventionell-geschmackvollen Jacken und Pullovern, die so schön kuschelig sind und ihm auch immer noch passen, während die Hosen wegen des guten Essens bald zu eng wurden.
 
Heinz und Hanna haben zwei erwachsene Kinder, die Hannas antiautoritäre Erziehung einigermassen unbeschadet überstanden haben. Sie sollten vor allem lernen, immer die Wahrheit zu sagen. Als sie noch klein waren, gingen sie zum Schmusen oft zu ihrem Vater, der so viel Gemütlichkeit und Ruhe ausstrahlte und ihnen mit seiner schönen Stimme Kinderlieder vorsang. Er war sehr liebevoll besorgt um seine Kleinen und wollte sie jeweils schon bei leichtem Halsweh prophylaktisch ins Bett stecken, was Hanna ganz nervös machte, denn sie kannte das von ihm: Ein kleines Zipperlein, und er gurgelt, träufelt, schnaubt und hüstelt und fühlt sich schon alsbald von einem gefährlichen Virus befallen. In späteren Jahren folgte dann das Blutdruckmessen, je nach Ergebnis von bedenklichem Gemurmel begleitet, worauf Hanna ihm ganz rational erklärte, er solle sich mehr bewegen, weniger essen und trinken und auch das Auto mal stehen lassen, um mit dem Rad zu fahren.
 
Beide haben ihre Schwachstelle beim Kauf von Antiquitäten. Während Heinz sich über den bleibenden oder sogar steigenden Wert von alten Kostbarkeiten freut und auch sein Sinn für Ästhetik nicht zu kurz kommt, fliegt Hanna auf die ausgefallensten Unikate, mit denen sie in ihrem Eroberungsdrang allen anderen (Käufern und Betrachtern) meilenweit voraus ist. Ein etwas weniger kostspieliges Hobby, bei dem Heinz sie aber nie und nimmer begleiten würde, ist der Kauf von Schuhen. Als sie einmal aus den USA zurückkamen, brachte sie sogenannte «Mickey-Mouse-Schuhe» mit, in denen sie grosses Aufsehen erregte. War das der Grund für diese Extravaganz? – Weit gefehlt, sie ist ja kein Löwe, obwohl sich bei ihr der Löwe-Schatten manchmal nicht verleugnen lässt, sondern ein Wassermann, der in seiner Individualität und Originalität nicht nach Anerkennung sucht, denn die ist ihm ziemlich egal, sondern seine Einmaligkeit und Eigenwilligkeit auslebt … und sei es durch Micky Mäuse, die auf ihren Schuhen schaukeln.
 

 
Barbara Egert,
geprüfte Astrologin DAV; über 25 Jahre Astrologie-Erfahrung; astrologische Beratungen und Kurse in Berlin; diverse Publikationen in Büchern und Fachzeitschriften; ständige Mitarbeiterin von ASTROLOGIE HEUTE (E-Mail: Barbara Egert)