Astro-logische Merk-Würdigkeiten
Irrungen und Verwirrungen mit Merkur/Neptun
von Barbara Egert
Hast du was gesagt? – Ja, vor zehn Minuten. – Was denn? – Weiss ich nicht mehr. – Wie soll das Wetter werden, du hast doch eben den Wetterbericht gehört? – Hab’ ich vergessen. – Schöne Grüsse von Merkur/Neptun …
Der geliehene Video-Film ist eingelegt, wir setzen uns gemütlich hin, um einen auf der Berlinale gezeigten Film von Robert de Niro anzuschauen. Nach etwa 20 Minuten fragt mich mein Mann, ob ich weiss, um was es eigentlich geht. Ich antworte: «Noch nicht», bin aber zuversichtlich, dass ich den Inhalt später verstehen werde. Zeit und Film gehen dahin, und ich werde immer ratloser und kapiere bald überhaupt nichts mehr. Wir rätseln gemeinsam und unterbrechen das Meisterwerk, um es am nächsten Abend weiter anzuschauen.
Haben unsere Merkur/Neptun-Aspekte uns den Verstand geraubt, leiden wir an vorzeitiger Demenz oder …? Wir stürzen uns also wieder in das CIA-Abenteuer (immerhin haben wir begriffen, dass ein Geheimdienst am Werke ist). Protagonisten tauchen auf und wieder unter und bringen weiteres Chaos in unsere Köpfe, denn wo kommen die plötzlich her, was haben die mit der Handlung zu tun? Ich kann nur alle Merkur/Neptun-«Gesegneten» davor warnen, sich den Film «Der gute Hirte» anzuschauen … Es sei denn, die unverständlichen Passagen, die den Hauptteil des Films ausmachen (vielleicht ist de Niro selbst der Ober-Neptunier?), werden mit eigenen Fantasiegebilden ausgeschmückt, sodass man vergnüglich in seinen eigenen Film gerät, angereichert mit verständlicheren Fantasiegebilden.
Der Stoff für einen Vorhang muss ausgemessen werden, wie viele Meter braucht man für die Wand, wenn der Stoff 1,80 Meter breit liegt? – Hilfe! Vielleicht kommen wir mit Dreisatz-Rechnungen weiter? Wir rechnen und messen und zergrübeln uns den Kopf, bis wir tatsächlich eine Meterzahl ermittelt haben, kaufen den Stoff und schneiden ihn zu … Da fehlt was! Zwei und ein halber Meter fehlen, wie konnte das passieren, wir haben doch so konzentriert gerechnet?
Wir sollen nach fachmännischer Meinung introvertierte Intuitionstypen (nach C. G. Jung) sein. Weder Merkur/Neptun noch Intuitionstypen sind für Detailarbeit – wie etwa das Berechnen von Stoffbahnen – prädestiniert und sollten dringend einen Denk- oder Empfindungstypen um Hilfe bitten, vielleicht auch eine Jungfrau oder einen Steinbock mit Merkur/Saturn. Aber die werden vielleicht nie fertig in ihrer Gründlichkeit …
Alle meine Merkur/Neptun-Bekannten – und das sind reichlich viele – hatten arge Schulprobleme durch ihren psychischen Dämmerzustand, der sich abrupt einstellte, sobald es um Zahlen – sprich Mathematik – ging. Diese Schwäche wurde allerdings wieder durch Fächer kompensiert, in denen man seine intuitiven Gedankenflüge und grenzenlose Vorstellungskraft einsetzen konnte. Diese Nebelschwaden begleiten uns wohl lebenslang, wir selbst bemerken sie meistens gar nicht, doch nicht Betroffenen könnten unsere Gespräche etwas seltsam anmuten, da wir die Gabe haben, haarscharf am Wesentlichen vorbei zu erzählen und alles Unwesentliche wundersam auszuschmücken … Auslassungspünktchen gehören mit Sicherheit zur schriftlichen Ausdrucksart von Merkur/Neptun …
Ein guter Bekannter, beliebt wegen seiner Erzählkünste, schilderte eine amüsante und etwas konfuse Geschichte über seinen Schwiegersohn, während seine Frau immer unruhiger wurde. Als sein Publikum verschwunden war, fragte sie ihn, warum er denn wieder solch einen Quatsch erzähle, der doch gar nicht stimme. «Aber es hörte sich doch gut an», freut sich sein Merkur/Neptun.
Wir sollten den Merkur/Neptun-Aspekt da einsetzen, wo er sich zu Hause fühlt: Als Fabulierwesen in der «blauen Stunde», wo Elfen und Feen wieder auferstehen, als Musikgeniesser und Träumer, Dichter und Mystiker. Auch wenn wir einen Überredungskünstler brauchen, ist er unübertroffen: Schliesslich hat er uns (natürlich!) überzeugt, aber wir wissen gar nicht mehr, um was es eigentlich ging, sind nur erschöpft von der Geschichte, die nach Tausend und eine Nacht klingt und sich so schön anhört. Wir mögen ihn, das Fabelwesen, auch am Bett unserer Kinder, denen er wispernd Fantasiemärchen erzählt und sie mit Engelszungen in Schlaf und Traum führt.
Manchmal muss man allerdings auch Acht geben, denn er erzählt ganz ernst die unglaublichsten Geschichten. Wie mein Mann seiner damals noch kleinen Tochter die Funktion der Ohrkneifer erläuterte: «Sie gehen zum einen Ohr herein und kommen am anderen wieder heraus, und zum Abschied kneifen sie dich ein Mal.» Sie hat lange daran geglaubt und amüsiert sich heute noch darüber. Aber ja: Merkur/Neptun! Sie hat nämlich das Quadrat von ihrem Vater «geerbt»…
Barbara Egert, geprüfte Astrologin DAV; über 25 Jahre Astrologie-Erfahrung; astrologische Beratungen und Kurse in Berlin; diverse Publikationen in Büchern und Fachzeitschriften; ständige Mitarbeiterin von ASTROLOGIE HEUTE (E-Mail: Barbara Egert)