|
Zum Tod von Ingmar Bergman und Michelangelo Antonioni: Die rückläufige Venus ruft ihre Kinder zurück von Claude Weiss
|
2. August 2007
|
|
|
Fig. 1 Ingmar Bergman 14.7.1918, 13.00 LT, 12.00 GT Uppsala, S (59N55, 17E38) Koch
|
|
|
|
Fig. 2 Michelangelo Antonioni 29.9.1912, 21.45 LT, 20.45 GT Ferrara, I (44N50, 11E35) Koch
|
|
|
|
Fig.3 Vollmond 30.7.2007, 2.47 LT, 0.47 GT Cannes, F (43N33, 7E01) Koch
|
In meinen Kursen dient mir das Horoskop von Ingmar Bergman (Fig. 1) häufig als prägnantes Beispiel für die Venus am absteigenden Mondknoten. In Zwillinge und im neunten Haus, verkörpert sie sehr schön die poetische Umsetzung von philosophischen Botschaften in Bildern. Typisch ist für die Venus am absteigenden Mondknoten – ebenso wie für die rückläufige Venus – die konsequente un unbarmherzige Suche nach der vollkommenen Form und Anordnung für das, was man zum Ausdruck bringen will – eine Perfektion und Besessenheit, die Bergman während der ganzen Zeit seines Filmeschaffens geprägt hat. Man bleibt mit der Venus am absteigenden Mondknoten aber auch nicht verschont vor Missverständnissen, Anfeindungen und schicksalhaft anmutenden Situationen im Zusammenhang mit Geldangelegenheiten, was mit der Venus in 9 auch juristische Konsequenzen haben kann, weil man mit dem Gesetz in Konflikt gerät. So verliess 1976 Bergman sein Land unter lautem Protest, weil ihm Polizisten wegen Verdacht auf Steuerhinterziehung aus einer Theaterprobe heraus verhafteten. Darauf ging er ins „Exil“, und er lebte einige Jahre in München. Die Versöhnung mit der Heimat erfolgte erst viele Jahre später, als ihm das grosse Familienepos „Fanny und Alexander“ (1983) vier Oscars einbrachte. Einen ersten Oscar hatte Bergman bereits 1960 für den Film „Die Jungfrauenquelle“ erhalten und 1970 einen Oscar für sein Lebenswerk. Beim 50. Filmfestival in Cannes wurde 1997 Bergman dann zum „grössten Filmregisseur aller Zeiten“ gewählt. Von so berühmten Kollegen wie Martin Scorsese, Woody Allen, Robert Altman, Francis Ford Coppola, Akira Kurosawa und Wim Wenders wurde der bald 80-Jährige gefeiert, und er erhielt die „Palme der Palme“. Am 30. Juli 2007 vernahm man dann, der Filmemacher sei im Alter von 89 Jahren auf der Ostseeinsel Farö „friedlich“ eingeschlafen.
Bergman war ein Poet des Films, der von einem enormen Schöpfungsdrang erfasst etwa 40 Filme drehte und eigentliche Psychogramme seiner Hauptfiguren schuf. Dazu meinte Regisseurkollege François Truffaut: „Er hat Filme geschrieben, wie ein Romanautor ein Buch schreibt… Anstelle der Feder benutzte er die Kamera.“ (Eine treffende Umsetzung für eine Venus am absteigenden Mondknoten in Zwillinge.) Dabei hat er Frauen und Beziehungen viele seiner eindrücklichen Filme gewidmet: „Die Zeit mit Monika“, „Die Jungfrauenquelle“, „Das Schweigen“ – ein Film, der 1963 wegen unverblümter, erotischer Darstellungen einen Skandal auslöste, aber Bergman erst recht berühmt machte – , dann „Schreie und Flüstern“ und 1973 „Szenen einer Ehe“ – ein weiterer grosser Erfolg beim Publikum.
Als der Präsident des Filmfestivals von Cannes, Gilles Jacob, am Montag, 30. Juli 2007 den Tod von Ingmar Bergman kommentiert, meint er: „Niemand ausser Antonioni hat das Geheimnis des Weiblichen so tief ausgelotet wie Bergman“. Ironie des Schicksals – wie Le Monde vom 31. Juli meint oder eben astrologisch nachvollziehbarer, symbolischer Zusammenhang: Kurz nachdem er diese Worte gesprochen hat, stirbt am gleichen Tag wie Ingmar Bergman Michelangelo Antonioni.
Dies war für mich Anlass, Antonionis Horoskop (Fig. 2), welches mir nicht vertraut war, zu konsultieren, in der Annahme, ähnliche Venusthemen vorzufinden. Fazit: In beiden Fällen steht die Venus im Zeichen des absteigenden Mondknotens, in beiden Fällen herrscht sie über den Mond, und es gibt in beiden Fällen eine Ballung im Waagezeichen.
Antonionis Filmschaffen begann im Jahre 1950. Berühmt wurde er mit dem Film „L’avventura“ im Jahre 1960, dem 1961 „La notte“ und 1962 „L’ecclisse“, „Il deserto rosso“ (1964) und „Blow up“ (1966) folgten. Weniger erfolgreich war Antonioni hingegen mit dem im Jahre 1970 in den USA gedrehten Film „Zabriskie Point“.
Ähnlich wie Bergman befasste sich Antonioni mit der Schwierigkeit von Beziehungen zwischen den Geschlechtern. Dabei stand bei ihm jedoch die Entfremdung des Menschen in der modernen Welt im Vordergrund. So spielen in seinen Filmen monstruöse und unheimliche architektonische Gebilde, die die Landschaft entstellen, eine Rolle, mit der Botschaft: „Es gibt keinen Ort, wohin man flüchten könnte.“ Mit dem Menschen als „Fremden in einer fremden Welt“ bringt er die Probleme des Individuums in der modernen Konsumgesellschaft zum Ausdruck. Dabei widmet er sich in seinen Filmen den Situationen, die zur Abspaltung und Entfremdung führen.
Ähnlich wie bei Ingmar Bergman mit Bibi Anderson und Liv Ullmann, begleitet uns bei Antonioni eine Frau – Monica Vitti – durch viele seiner wichtigsten Filme. Bei allen Unterschieden im Temperament bringen Bergman und Antonioni in ihren Filmen moralische Forderungen zum Ausdruck. Bergman tut dies als Skandinavier mit Strenge und einem gewissen Puritanismus, während beim Italiener Antonioni eine sinnliche Aesthetik zum Ausdruck kommt, gemäss welcher er so weit geht, die Welt in den Farben darzustellen, in denen er sie sehen will. Beiden Regisseuren ist die Sorge um den Verfall der westlichen Zivilisation und dem Scheitern von Beziehungen gemeinsam, und beide bedienen sich einer subtilen Aesthetik und einer poetischen Sprache.
Mit Bergman und Antonioni verschwinden aber auch zwei Repräsentanten einer Zeit, als Regisseure vor allem Künstler waren, die sich ohne Weiteres in die Reihe der grossen Maler, Dichter und Schriftsteller einreihen liessen. Wie die New York Times in ihrer Würdigung vom 1. August schreibt: „Von den europäischen Meistern der Sechzigerjahre bleibt uns nur noch Jean-Luc Godard, der Modernste von allen, erhalten.“
Die beiden Regisseure, Bergman, zu dem Truffault meinte: „Kamera statt Feder“ und Antonioni, dessen Werk von „Die Presse“ durch „Kamera als Pinsel“ charakterisiert wird, sind beide am Montag, dem 30. Juli, gestorben. An diesem Tag ereignete sich ein Vollmond mit der Sonne in Löwe – Symbol für den schöpferischen Künstler - und einer rückläufigen Venus am absteigenden Mondknoten (Fig. 3). Die Zeitqualität des Tages entspricht somit der Aufforderung, aus einer zwanghaft erlebten Venusstellung durch Bewusstsein und schöpferische Kraft etwas Positives zu gestalten: Eine stimmige Konstellation für die Würdigung des Lebenswerks von zwei Regisseuren, welche mit der Venus im Zeichen des absteigenden Mondknotens ihr Leben der Ausgestaltung ästhetischer Bilder und der als schwierig erlebten Thematik von Beziehungen widmeten. Mit der neuerlich am absteigenden Mondknoten stehenden Venus schliesst sich der Kreis in Form einer in höchstem Masse stimmigen Symbolik.
Biografie von Ingmar Bergman
Biografie von Michelangelo Antonioni
|
|
Claude Weiss, beschäftigt sich seit 40 Jahren mit Astrologie; Herausgeber der Zeitschrift ASTROLOGIE HEUTE; gründete 1978 die Astrodata AG, welche astrologische Textanalysen anbietet; Präsident des Schweizer Astrologenbundes SAB; Autor der Bücher «Horoskopanalyse» Bd.1 & Bd.2, «Pluto – Eros, Dämon und Transformation» (mit Verena Bachmann), «Karmische Horoskopanalyse», Bd.1 & Bd.2, u. a. (E-Mail: Claude Weiss) |