Astrologie Heute Nr. 130 (Dezember 2007) - Reflexe/Reflexionen
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Astrologie Heute Nr. 130
Dezember 2007

Inhaltsverzeichnis
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R   E   F   L   E   X   E
R E F L E X I O N E N


 

 


Der Lokführerstreik bei der Deutschen Bahn
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Fig. 1
Deutsche Bahn: Privatisierung 1994
1. 1. 1994, 0.00 LT, 23.00 GT
Berlin, D (52N30, 13E24)
Placidus
 
 
 
 

Mit der Gerichtsentscheidung (Saturn), dass auch der Güterverkehr (Merkur) bestreikt werden darf, werden die Deutsche Bahn (DB) und ihre Kunden empfindlich getroffen (Chiron). Die relativ kleine Lokführergewerkschaft GdL möchte im Alleingang einen eigenen Tarifvertrag für ihre unterbezahlten Mitarbeiter durchsetzen und ist mit den bisherigen Warnstreiks im Personen-Nahverkehr noch zu keinem Verhandlungserfolg mit der DB gekommen. Die GdL setzt auf einen Langzeiterfolg, weil ohne die Lokführer praktisch «nichts geht».
 
Im Horoskop der zum Jahresbeginn 1994 gegründeten DB Aktiengesellschaft (Fig.1) haben wir ein Stellium von Venus, Merkur, Mars und Sonne am IC. Daraus erkennt man die starke Verwurzelung der privatisierten Deutschen Bahn in ihrer Heimat und Nation. Die Sonne steht auf 10 Grad Steinbock. Der Transit-Mars steht seit dem Tag der Ausweitung des GdL-Streiks auf den Güterverkehr, dem 7. November 2007, auf 12 Grad Krebs und kommt bis zu seiner Station am 16. November nur noch ein halbes Grad voran. Anfang Dezember (vom 3. zum 4. Dezember) überschreitet er rückläufig den Oppositionspunkt zur Sonne der Deutschen Bahn; etwas später auch die Merkur/Mars-Konjunktion und dann die Venus der DB (auf 6 1/2 Grad Steinbock entspricht sie dem Geld und dem Tarifvertrag). Merkur, der Planet des Verkehrswesens, und Mars, der Planet der Zugkraft, welcher sich die meist männlichen Lokführer (Mars) bedienen, zeigen an, dass man sich auf einen lang andauernden Tarifkampf einstellen muss, wenn man bedenkt, dass der Transit-Mars die eng nebeneinanderliegenden Positionen dieser DB-Planeten erst wieder Mitte bis Ende März 2008 direktläufig überschreiten wird.
 
Es ist zu vermuten, dass sich DB und GdL erst zum Monatswechsel Januar/Februar 2008 auf einen endgültigen Tarifvertrag einigen werden, da der Transit-Mars nach seiner Station auf 24 Grad Zwillinge am 31. Januar 2008 wieder direktläufig wird und zugleich im Trigon zum Saturn der Deutschen Bahn stehen wird (27 Grad Wassermann). Zumindest so lang könnte es dauern, bis die Lokführer mehr Geld auf ihrem Konto haben. Ob bis dahin die Lokführer in einer Tochterfirma der Bahn ausgegliedert sein werden, um vorher den lange ersehnten eigenständigen Vertrag erhalten zu können, wird man sehen. Man kann sich auf jeden Fall darauf einstellen, dass dies lange dauern wird.
 
Ein wichtiger Gesichtspunkt bei diesem Streik ist der oppositionelle Neptun-Transit über den DB-Mond, welcher die Fahrgäste (das Volk) darstellt. Die Bahnkunden werden durch die Streiks verunsichert (Neptun) oder stehen hilflos (Neptun) herum, auf der Suche nach einer alternativen (Neptun) Reisemöglichkeit. Das ganze Volk (Mond) ist mehr oder weniger betroffen, wenn in und aus den Häfen keine Güterzüge fahren und die Automobil-Transportzüge der Kraftfahrzeugindustrie nicht rollen können, von denen die deutsche Wirtschaft abhängig ist.
 
Nicht zuletzt trifft dieser gerichtlich genehmigte Streik im Personen- und Güterverkehr auch die ganze Organisation und Struktur (Saturn) der Deutschen Bahn ganz empfindlich (Chiron) in ihren Grundfesten (Saturn): Der Transit-Saturn steht während der Zeitdauer des Streiks und den (zu erwartenden) ihm folgenden Verhandlungen in Konjunktion mit dem DB-Chiron.
Wir können sicher davon ausgehen, dass die Deutsche Bahn AG nach diesem Streik – wie er auch immer ausgehen mag – nicht mehr dieselbe sein wird wie vorher.

–Arnfried Haupt
 

Norman Mailer, 1923–2007
 
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Fig. 2
Norman Mailer
31. 1. 1923, 9.05 LT, 14.05 GT
Long Branch/NJ, USA (40N18, 74W00)
Koch (GZQ: Taeger, IHL, A)
 
 
 

Der Mann war ein Rauf- und Trunkenbold. Seine zweite Frau verletzte er einmal – stark alkoholisiert – mit einem Taschenmesser so schwer, dass sie operiert werden musste. Norman Mailer zählte mit Mars in (plaktischer) Konjunktion zu Lilith im ersten Haus im eingeschlossenen Widder-Zeichen und im Quadrat zu Pluto (Fig.2) zu jener Spezies amerikanischer Schriftsteller in der Tradition Hemingways, die einen überhitzten Männlichkeitskult zelebrieren. Seine Geschichten sind voller Sex und Gewalt. Berühmt wurde er mit seinem Erstling, dem Kriegsroman «Die Nackten und die Toten». Mit seinem Schriftstellerkollegen Gore Vidal hatte sich der Macho Mailer wegen unterschiedlicher Ansichten zur amerikanischen Frauenbewegung derart zerstritten (Mars/Lilith), dass er diesem an einer Party Whiskey ins Gesicht schüttete und ihn niederschlug.
 
Dichter und Alkohol – ein ausuferndes Thema. Dass Mailer seine grossen inneren Spannungen literarisch (und gesellschaftskritisch) umzusetzen wusste, zeigt sich (neben seiner Venus am MC) an seiner Wassermann-Sonne in elf in Konjunktion zu Merkur, welcher über das dritte Zwillinge-Haus herrscht. Die Sonne ist mit Mars/Pluto verbunden, bildet aber gleichzeitig mit Neptun und Jupiter ein T-Quadrat. Letzteres mag ihn trinkfreudig gemacht haben, gab ihm aber auch die Fähigkeit, sich in Persönlichkeiten der Zeitgeschichte wie Marilyn Monroe, Muhammad Ali, Hitler, Picasso oder Lee Harvey Oswald einzufühlen und sie in interpretativen Biografien literarisch (um-) zu deuten; immer steckte da auch ein grosses Stück Mailer drin. Die Überhöhung des Ich (Sonne/Jupiter/Neptun) ging bei ihm so weit, dass er das Leben Jesu in der Ich-Form schilderte.
 
Norman Mailer starb am 10. November 2007 im Alter von 84 Jahren an Nierenversagen in New York. Die progressive Sonne stand gradgenau im Quadrat zu Merkur, der Transit-Saturn gradgenau im Quincunx zu Mars, und der Transit-Pluto hatte vor Kurzem ein letztes Mal die Venus berührt und stand gradgenau auf dem MC.
–bzi

Impressionen vom DAV-Kongress in Karlsruhe
Der DAV feierte sein 60-jähriges Bestehen
 
Astrologie als «Brücke zwischen den Welten» stand beim Deutschen Astrologen-Verband im Jubiläumsjahr 2007 im Vordergrund ihres Kongresses vom 5. bis 7. Oktober 2007, der alle fünf Jahre im grösseren Rahmen stattfindet und auch internationalen Dozenten ein Forum bietet. Kamen die meisten Besucher aus dem deutschsprachigen Raum, reichte das Spektrum der angereisten Besucher, Fachleute und Referenten von den USA bis nach Bulgarien und Thomsk in Westsibirien.
 
Das Leitthema war in vier Unterthemen gegliedert und wurde in über 40 Vorträgen präsentiert: «Brücken zu Technik und Deutung», «Brücken zur Lebenshilfe», «Brücken zwischen den Weltanschauungen» und «Brücke zum Selbst». Zeitweise fanden vier Parallelveranstaltungen statt, sodass dieser Bericht nur einen Ausschnitt erfassen kann.
 
Welche Aussagen gab im Rückblick das Eröffnungshoroskop? Das ganzheitliche, aus dem üblichen Rahmen fallende Anliegen kam mit dem Fische-Aszendenten, beherrscht von Uranus, passend zum Tragen. Einige Veranstaltungen fielen allerdings wegen Krankheit der Dozenten aus, über den zeitlichen Beginn herrschte bei den Samstagsveranstaltungen zum Teil Verwirrung, da sie mal mit, mal ohne akademisches Viertel begannen.
 
Moderne Astrologie – ein alter Hut?
Auf der Einführungsveranstaltung am Freitagabend trat Johannes Kepler als Ahnherr aufgeklärter Astrologie auf, im stilgerechten Wams und Barett verkörpert von Ernst Ott. Sein Auftritt mit possenhaften Seitenhieben auf die aktuelle Astrologieszene verdeutlichte auch, inwiefern Kepler seiner Zeit weit voraus war: Die Sterne gäben keinesfalls unabänderliches Schicksal wieder, sie seien nur abstrakte himmlische Bilder, die der Mensch durch seine freien Entscheidungen selbst ins Leben übersetze. Eine astrologische Beratung mache eigentlich nur Sinn, wenn der Kunde sich in diese Disziplin eingearbeitet hätte. Denn Astrologie sei letztlich eine universale Philosophie, die nichts Geringeres als die Harmonie des Weltganzen zum Gegenstand habe.
 
Im alten Ägypten war unten noch wie oben
Karen Hamaker Zondag aus den Niederlanden hielt an der Eröffnungsveranstaltung einen bewegenden Vortrag über die verschiedenen Mythenfassungen von Isis und Osiris. Bei ihrer Interpretation des Mythos, die sich auch auf die Forschungen von Jane Sellers stützt, wurde offensichtlich, inwiefern astronomische Fakten – Anzahl von Eklipsen oder neue Konstellationen von Fixsternen aufgrund der Verschiebung der Präzessionsachse der Erde – immer auch veränderte mythologische Fassungen nach sich zogen. Denn das, was oben passierte, hatte für die alten Ägypter noch selbstverständliche Folgen im Unten.
 
Der Mythos von Isis, Osiris und dem Horusauge hebt aber auch die Bedeutung der Planeten Merkur, Mond und Sonne hervor und begründet so eine mächtige Dreieinigkeit, deren Tiefe laut Hamaker-Zondag noch längst nicht ausgelotet ist.
 
Astrologie innerhalb des DAV heute
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  Fig. 3
Deutscher Astrologen-Verband
16. 10. 1947, 10.06 LT, 9.06 GT
Wiesbaden, D (50N05, 8E14)
Placidus (GZQ: DAV Homepage, A)
 
60 Jahre und kein bisschen weise? Der erste Vorsitzende des Deutschen Astrologen-Verbandes, Christoph Schubert-Weller, stellte den DAV bei der Eröffnung des Kongresses auch in seiner momentanen Widersprüchlichkeit dar, die es zwar schwer mache, ein geschlossenes Bild zu vermitteln, aber im positiven Sinn Raum für Pluralität und Toleranz lasse. Auch Astrologen gegenüber, die keine DAV-Mitglieder sind. In Entsprechung dazu hat der bindungsstarke Skorpion-Aszendent des DAV-Horoskops (Fig.3) ein unverbindliches Bindungsverhalten mit Zwillinge im achten Haus und Uranus an dessen Spitze. Es kann sich also um einen neutral-beweglich-vermittelnden Vorstellungsinhalt handeln, der den Mitgliedern Luft zum Atmen und individueller Auslegung lässt.
 
Zwei Hauptströmungen sind innerhalb des DAV derzeit auszumachen: Der Weg zurück zu den Quellen einer traditionellen Astrologie, die auch die Stundenastrologie umfasst, und der Weg der Fortführung einer psychologischen Astrologie. Beide Richtungen waren auch bei dieser Veranstaltung vertreten.
 
Die psychologische Astrologie hat zumindest in Westdeutschland ihre Boomzeit in der breiten Öffentlichkeit hinter sich. Die Besucherzahl der diesjährigen Veranstaltung war deutlich geringer als vor fünf oder zehn Jahren. «Aber die, die am Ball bleiben, haben Drang, sich intensiver mit Astrologie zu beschäftigen», so Christoph Schubert-Weller.
 
Reinhardt Stiehle vom Chiron Verlag bekommt diese Tendenz sogar in Form von Umsatzplus zu spüren. «Die grossen Verlage haben sich fast komplett vom Verlegen seriöser Astrologie zurückgezogen. Das kam mir zugute, da ich diese frei werdende Nische besetzen und ausbauen konnte.»
 
Astrologische Konstellationen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Markus Jehle, Herausgeber der Zeitschrift Meridian, wich von seinem offiziellen Vortragsthema «Die Hybris der Deuter» ab und beleuchtete präzise einige wichtige Konstellationen der Vergangenheit, Gegenwart und nahen Zukunft. Die Auswirkungen Plutos als Transformator oder Schänder eines Zeichens seien inzwischen deutlich zu greifen: Dem Schütze-Pluto sei eine immense Zunahme an Wissensfülle in der Astrologie zu verdanken, ebenso ein höherer Bildungsauftrag und die Aufstellung ethischer Standards in der Astrologie. Analog zur Achse Schütze/Zwillinge folgte der Verbreitung jedoch eine Opferung von geistigen Inhalten zugunsten des Unterhaltungswerts. Sendungen wie Astro-TV seien schlichtweg als «Strassenstrich der Astrologie» zu bezeichnen.
 
Als eine der nächsten wichtigen Konstellationen, die auch das Horoskop des DAV in den massgeblichen Häusern vier und zehn betrifft, nannte er die Saturn/Uranus-Opposition in Jungfrau/Fische. Saturn/Uranus – von Döbereiner als «Sollbruchstelle» bezeichnet – bietet sicher keine einfachen Lösungen. Die Frage ist: Was ist elastisch und mutationsfähig genug, um bestehen zu bleiben, was hingegen muss brechen?
 
Der Übertritt von Pluto ins Zeichen Steinbock bedeutet für den DAV sicher auch, die Fragen nach der Legitimation von Astrologie substanziell zu beantworten. Jehles Ausblick war hier pessimistisch: Wie viele Astrologen werden noch überleben können? Es wird wahrscheinlich keine kollektive Begeisterung mehr geben, Pragmatismus und Sachzwang werden die Wirklichkeit beherrschen, erst recht angesichts immer knapper werdender Ressourcen.
 
Astrologie als körperliche Selbsterfahrung oder als sprachliche Trickkiste
Rappelvoll war der Saal am Samstagmorgen um 9.00 Uhr. Friedel Roggenbuck holte die Teilnehmer mit seinen Bewegungsübungen sofort aus ihrem Morgentran hinein in die Gegenwärtigkeit origineller Bewegungsmuster. Wer würde nicht lachen, wenn er in der Hocke plutonisch den dicken Unterweltsbrei rührt oder selbstverliebt raumgreifende Löwe-Bewegungen durchführt und dabei «io» brüllt?! Ob jedoch Konstellationen wachgerüttelt oder gar gelöst werden, indem ich alle Naslang mit neuen Partnern in Bewegung und Berührung konfrontiert werde, muss jeder Teilnehmer für sich selbst beantworten.
 
Ein Tiefpunkt der DAV-Veranstaltung war für mich Kristine Trabants Vortrag «Auf dem Weg zum Irdischen». Das Thema Sprache und Astrologie hätte interessant sein können: Wie vermittle ich in der Regel astrologieunkundigen Klienten oder Lesern anschaulich himmlische Inhalte? Der Weg läuft in der Regel weg von der formelhaften Verknappung (zum Beispiel Venus Quadrat Uranus) über den Zwischenschritt einer Erweiterung (Kunst, Vergnügen, Unterhaltung, Ästhetik …) hin zu einer klienten- oder leserzentrierten Fokussierung.
 
Kristine Trabant verfolgte hier konsequent den Kurs der Selbstdarstellung, war dabei ganz verliebt in ihre eigene Sprachkompetenz und schreckte nicht einmal davor zurück, Heinrich Heine als ihren Namenspatron auszugeben. Ob ihr Sprachbewusstsein so ausgeprägt originell ist, wenn sie den Venus/Uranus-Satz «Sie sind lüstern» ersetzt durch «Sie haben mitunter wollüstige Regungen»? Bedenklich fand ich ihr Vorgehen, absichtlich eine Art sprachlicher Trickkiste zu bilden aus Plastikwörtern, Zauberwörtern, Prägungswörtern und Gattungswörtern. Die Mischung, die jeder sich vom Computer auszählen lassen kann, sei dann die Garantie für eine gelungene Beratung … Astrologie als egozentrisches, seelenloses Sprachgeklimper – ist es das, was hier intendiert wird?!
 
Astrologie als Hilfsmittel im Hintergrund
Eine hervorragende, transparente Darstellung, inwieweit andere Techniken eine astrologische Beratung bereichern können, boten Christopher Weidner und Sabine Bends. Die Zuhörer kamen beim Thema «Konstellationen sind Lösungen» in den Genuss einer Live-Beratung und wurden von den beiden Vortragenden auch geschickt als Fachleute integriert. Weniger ist mehr – diese Devise wurde hier eindrücklich herausgearbeitet: «Deskriptiv» (astrologische Beschreibung), «Normativ» (Beschreibung des Soll-Zustands und entsprechende Handlungsanweisungen) und «Curativ» bilden das magische Dreieck einer astrologischen Beratung. Je nachdem, was der Klient gerade braucht, kann ein Pol stärker in den Vordergrund rücken.
 
Gängigerweise ist die curative Seite in professioneller Qualität bei den meisten Astrologen eher wenig vertreten, wird jedoch oft benötigt, sind Klienten doch meist in einer angespannten seelischen Situation. Was kann hier getan werden? In diesem Fall war die Klientin – ohne dass es ihr zu Beginn bewusst war – Regisseurin ihrer eigenen Beratung. Sie formulierte ihre beiden Anliegen, die Moderatoren wiederholten es in ihren Worten, sodass gegenseitige Missverständnisse ausgeschlossen werden konnten. Die Anliegen wurden dann an einer Konstellation astrologisch «festgemacht». Diese wurde jedoch nicht deskriptiv erklärt, sondern souverän mit anderen Vorgehensweisen verknüpft.
 
Sabine Bends illustrierte zunächst die Technik von Byron Katie, die durch gezielte provokative Fragen die Klienten dazu bringt, ihre hindernden Projektionen selbst wahr- und zurückzunehmen. Interessenten seien auf die Internetseite www.thework.us verwiesen. Christopher Weidner wiederum führte mit der Klientin eine astrologische Aufstellung durch, bei der die Zuschauer integriert wurden. Er verwendete dabei nur eine Konstellation des Horoskops, die anderen Teilnehmer versinnbildlichten kontextgebundene Faktoren wie Chef und Kollegen. Die Konfliktsituation wurde auf überzeugende und emotional bewegende Weise gelöst. Es muss jedoch ergänzt werden, dass beide Referenten eine jahrelange Ausbildung und Erfahrung in diesen Techniken haben.
 
Der nördliche Mondknoten als Anzeiger seelischen Bewusstseins
Raymond Merriman aus den USA, eher als Finanzastrologe bekannt, stellte eine gleichermassen einfache wie wirksame Technik vor, die den nördlichen – aufsteigenden – Mondknoten als wandernden Signalpunkt zum Gegenstand hat. Ausgehend von den zwei Hauptachsen des Horoskops und ihrer jeweiligen Halbsummen existieren in jedem Horoskop acht zentrale Punkte, welche die Stationen der Seele auf dem Weg zu wahrem Bewusstsein bilden. Beginn eines neuen Zyklus ist im Abstand von knapp 19 Jahren jeweils der Übergang des nördlichen Mondknotens am Empfängnispunkt des Nadir.
 
Astrologie als Nahrung und Herausforderung für die Seele
Einleuchtend waren die Thesen im Vortrag «Horus, Mithras, Jesus und Genossen» von Wilfried Schütz. Bildliche und sprachliche Symbolik der ägyptischen, christlichen, buddhistischen und jüdischen Religionen enthalten astrologische Hinweise, die meist unerkannt den einheitlichen Hintergrund der unterschiedlichen religiösen Weltanschauungen bildet. Das fixe Kreuz, die Empfänglichkeit der Wasserzeichen und die eigentliche Dreieinigkeit von Uranus, Saturn und Jupiter sind hierbei der Schlüssel der menschlichen Entwicklung. Den Weg von der Vielheit – vom Sündenfall – zur Einheit des Paradieses muss jeder selbst gehen – denn, so der Mystiker Angelus Silesius, «wenn Christus tausendmal gestorben ist, und nicht in dir», bleibt man der träge alte Stier, der Minotaurus im Labyrinth der Seele, der noch am Dogma, an autoritären Vorschriften, am Ur-Teil und an der Materie verhaftet und von wahrer geistiger Empfängnis (Neptun) und der Freiheit des Zeichens Wassermanns weit entfernt ist.
 
Dass wassermännische Freiheit mehr mit konsequenter saturnischer Arbeit als mit «Null Bock» und Spasskultur zu tun haben könnte, wurde im Referat von Claude Weiss deutlich. Sein Vortrag gehörte sicher zu den bestbesuchten und arbeitete an den Horoskopen von Descartes, Einstein, Jung u. a. heraus, inwiefern die Uranus/Uranus-Opposition eine wichtige energetische Voraussetzung schafft, sich seiner Originalität und seinem Lebenswerk anzunähern.
 
Resümee
Im Nachhinein gesehen wäre der Vortrag von Wilfried Schütz ein wunderbarer Gesamtabschluss des Kongresses gewesen. Seine Interpretation des Isis-Mythos hätte auf den Einführungsvortrag von Hamaker-Zondag Bezug genommen, und so hätte sich ein Kreis schliessen können. Stattdessen endete der Kongress im Offenen, Bezugslosen. Die Besucher tröpfelten nach und nach aus den Veranstaltungen heraus, und das war es dann.
Was fehlte der Veranstaltung im offiziellen Teil insgesamt? In den Worten Keplers das «Gemüt», die weibliche Seite der Medaille, die im Vorfeld für ein Gebäude mit passendem Ambiente hätte sorgen können, eine Umgebung, in der man auch gerne und zwanglos mit anderen Teilnehmern ins Plaudern gekommen wäre. Die Räumlichkeiten waren im Verhältnis zur Besucherzahl viel zu gross, anonym und weitläufig. Auch qualitätvolle musikalische Einlagen, zumindest bei der Eröffnungsveranstaltung, hätten dazu gepasst. Das einzige sinnliche Element waren die Seidenbehänge der Heidelberger Künstlerin Marianne Otruba, die jedoch in der überdimensionierten Messearchitektur wie verlorene Fähnchen wirkten. Ist das einem 60-jährigen Jubiläum angemessen? Alles in allem herrschte also der «männliche» trockene Geist vor, symbolisiert von Uranus am Aszendenten des Eröffnungshoroskops.

–Karin Hepperle

Hinweis: Sämtliche am Kongress gehaltenen Vorträge können beim DAV als Hör-CDs oder DVDs bestellt werden unter www.dav-astrologie.de