Astrologie Heute Nr. 134 (August 2008)
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Astrologie Heute Nr. 134
August 2008

Inhaltsverzeichnis
Heft Nr. 134 bestellen

Auf der Höhe der Zeit
Rückblick auf den UAC-Kongress 2008: Rockin’ the Universe
 
von Trudy Baumann
 

 
Eine Woche lang, vom 15. bis 20. Mai 2008, war die Stadt Denver in Colorado der Nabel der Welt für Astrologen. Eine eindrückliche Multimedia-Show am Eröffnungsabend der United Astrology Conference (UAC) machte dies unmissverständlich klar: Das Logo der Konferenz, die Erdkugel, wurde so auf eine Leinwand projiziert, dass ihr Mittelpunkt in Denver zu liegen schien. Denvers zweiter Name lautet «The Mile-High City», weil die Stadt genau 1609 Meter (1 Meile) über Meer liegt. Die Zunft der Astrologen konnte also von inspirierender Höhenluft profitieren, bevor sie in ihre temporäre Universität eintauchte, denn so wirkte die Veranstaltung bisweilen mit ihren jeweils 15 gleichzeitig stattfindenden Vorträgen. Zwischendurch konnte man aber immer wieder einen Blick auf die Rocky Mountains werfen. Wanderte man ein paar Schritte weg vom zentral gelegenen Sheraton-Hotel, in dem logiert und konferiert wurde, konnte man durch die Häuserschluchten hindurch auf die majestätischen Berge am Horizont schauen. 
 
Der weltweit grösste Astrologiekongress konnte dieses Jahr mit rund 1600 Teilnehmern an seine besten Zeiten anschliessen; Astrologen aus 45 Ländern – der bisherige Rekord lag bei 30 – konnten zwischen 170 namhaften Referenten aus 20 Ländern auswählen. Die beeindruckenden Zahlen lassen fast vergessen, dass der UAC durch eine Zeit der Krise gegangen ist. 1986 gegründet, fand er bis 1998 alle drei Jahre statt. Als die Grande Old Dame des Kongresses, Marion D. March, 2001 starb, fehlte plötzlich die vermittelnde Persönlichkeit zwischen den drei beteiligten, verstrittenen Organisationen AFAN, NCGR und ISAR. Letztmals fand der Kongress im Jahr 2002 in Orlando statt, nachdem er lange auf Messers Schneide gestanden hatte. Danach sind die Organisatoren ernsthaft über die Bücher gegangen, und sie haben nun eine Form gefunden, die eine solide Basis für die Zukunft zu versprechen scheint. Entscheidend war, dass mit dem American College of Vedic Astrology (ACVA) eine vierte Organisation an Bord kam und dass die Leitung des Kongresses zur Chefsache erklärt wurde: Die vier Präsidenten (Donna van Toen, Madalyn Hillis-Dineen, Raymond Merriman, Dennis M. Harness) haben das Heft in die Hand genommen, was den gegenseitigen Respekt und die Zusammenarbeit massiv verbessert habe, wie ISAR-Präsident und Börsenastrologe Raymond Merriman erklärte. Eine liebe- und humorvolle Geste im Rahmen der Schlusszeremonie verdeutlichte dies besser als alle Worte: Merriman, bei dem alle Fäden zusammenliefen, wurde von seinen Co-Koordinator/innen ein «Ir-Regulus Award» verliehen (in Anspielung an den Regulus Award, den die Konferenz an Astrologen vergibt, die auf ihren Gebieten Herausragendes geleistet haben): einen «Hägen Dazs»-Eisbecher – Merriman ist nämlich berühmt für seine Icecream-Socials zu später Stunde. Diese jüngste, positive Geschichte des Kongresses bietet nicht zuletzt auch Anschauungsmaterial für Plutos Zeichenwechsel von Schütze in Steinbock.

Die Präsidentschaftswahlen in den USA
 
Ein Thema überragte alle anderen an diesem Kongress: die amerikanischen Präsidentschaftswahlen vom November. Interessanterweise findet im August, genau 100 Tage nach dem Astrologiekongress, die Hauptversammlung der Demokraten ebenfalls in Denver statt. Die Gretchenfrage war, ob Amerika es schafft, einen politischen Machtwechsel und damit zugleich einen historischen Quantensprung zu vollziehen, sollte Barack Obama gewählt werden. Die versammelte astrologische Deutungsmacht war gefordert, schliesslich bildet sich just am Tag der Wahl, am 4. November, auch die erste von fünf Saturn/Uranus-Oppositionen am Himmel. Wiewohl die Prognosen mehrheitlich auf Obama als Wahlsieger fielen, waren die methodischen Wege dahin etwa so vielfältig wie die Anzahl Astrologen, die sich an diesem «Rennen» beteiligten. Die vedische Astrologin wies am Schluss ihrer differenzierten Ausführungen darauf hin, dass im Inaugurations-Horoskop vom 20. Januar 2009 die Sonne in Konjunktion mit Jupiter und Merkur steht, was auf einen sehr gebildeten Menschen mit brillanter Rhetorik als nächstem Präsidenten hinweise – der aufsteigende Mondknoten, der ebenfalls bei dieser Konstellation steht, deute zudem auf einen Aussenseiter hin. All dies spreche für Obama. Was die Prognosen jedoch grundsätzlich erschwerte, ist die schlichte Tatsache, dass von keinem der drei Kandidaten Obama, McCain und Clinton eine gesicherte Geburtszeit existiert. Von Obama wurde selbst am Eröffnungsabend des Kongresses noch eine neue Zeit herumgeboten (7.11 p.m.), die einen Wassermann-Aszendenten ergäbe.1
 
Die Frage stellt sich hier natürlich, warum gerade in diesem Wahlkampf die Daten nicht sicher und daher mit Vorsicht zu geniessen sind? Robert Hand, der Doyen der Astrologie und an der Konferenz mit einem Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet, äusserte am öffentlichen Schlusspanel sogar die etwas gewagte Prognose – oder wohl eher Befürchtung –, dass er der Bush-Administration alles zutraue, sogar eine Manipulation der Wahlen.2 Selbstironisch fügte er jedoch gleich hinzu, vielleicht sei dies aber nur seine Paranoia, er habe einen Skorpion-Mond. Er hatte die Lacher des Publikums damit auf seiner Seite. Die Panelteilnehmer waren sich jedoch einig darin, dass der Sommer noch einige Überraschungen bringen könnte, welche die Ausgangssituation für die Wahlen noch verändern würden. Die am 1. August stattfindende Sonnenfinsternis auf 9 ½ Grad Löwe tangiert Hillary Clintons Mars/Pluto/Saturn-Ballung, John McCains Mars, Barack Obamas Sonne – und sie fällt auf George W. Bushs Merkur/Pluto-Konjunktion.

Die Wahlen lassen sich aber noch aus einem anderen Blickwinkel betrachten, wie Verena Bachmann in ihrem Referat über «neue Archetypen in Beziehungen» überzeugend darlegte. Die Paar-Archetypen, die bei den Präsidentschaftsanwärtern zu erkennen sind, zeigen drei verschiedene Modelle: John McCain und seine Ehefrau verkörpern eine klassisch-konservative Rollenverteilung, bei der sie im Hintergrund bleibt; Hillary und Bill Clinton leben ein Wechselmodell, wo einmal er und einmal sie im Vordergrund steht; Barack Obama und seine Frau Michelle wiederum zeigen einen dritten Weg: Beide sind sehr eigenständig, geben sich jedoch gegenseitige Unterstützung; er wie sie verkörpern sowohl weibliche (miteinbeziehende) wie männliche (aktive, kämpferische) Energien. Bachmann erinnerte daran, dass Bill Clinton als Präsident erst wählbar (und somit als stark genug erachtet) wurde, als die damals sehr starke Hillary in die traditionellere Rolle der Hausfrau schlüpfte. Der Schluss liegt damit nahe, dass Amerika noch nicht bereit sein könnte für den neuen Archetyp, den die Obamas darstellen.

Neue Erfindungen
 
Wer auch immer der nächste Präsident der USA wird, die nächsten Jahre bringen aus kosmischer Sicht so oder so grosse Veränderungen. Claude Weiss widmete sich in seinem Vortrag einer der Hauptkonstellationen dieser Zeit: dem Uranus/Pluto-Quadrat. Er skizzierte den revolutionären Gehalt dieses Spannungsaspekts anhand früherer Hauptaspekte. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte China den Verlust seiner ökonomischen Macht unter einer Konjunktion von Uranus und Pluto. Freud und Einstein machten ihre Entdeckungen während einer Opposition der beiden kollektiven Planeten, der Nationalsozialismus in Deutschland erstarkte unter einem Quadrat – gleichzeitig wurde aber auch Pluto entdeckt. Und natürlich erinnern wir uns alle an die Friedens-, Freiheits- und Frauenbewegungen der Achtundsechziger, die zur Zeit einer Konjunktion von Uranus und Pluto stattfanden. Mit einem Blick auch auf die aktuellen Krisen im Nahrungsmittelbereich, im Energiesektor und des Klimas, formulierte Weiss als Quintessenz, die Gesellschaft müsse sich «kollektiv neu erfinden». Dazu brauche es beides, Realismus und Visionen. Von jedem Einzelnen fordere dies Flexibilität und Unabhängigkeit im Denken, Vorsicht gegenüber Manipulationen der Massenmedien, Offenheit gegenüber neuen Technologien und ein Leben des konstanten Lernens.
 
Raymond Merriman spannte den Bogen in seinem Vortrag über Uranus und Pluto noch etwas weiter. Unter dem Titel «The New Big Bang and Its Green Opportunities» stellte er die abnehmenden Zyklen von Saturn mit Pluto, Neptun und Uranus mit ihren charakteristischen Krisenzeiten den grösseren, sich im zunehmenden Bereich befindenden Zyklen von Uranus/Pluto und Neptun/ Pluto gegenüber sowie der Rezeption von Uranus und Neptun. Wir würden in einer zweiten Renaissance-Zeit leben, ohne es zu wissen, bemerkte er dazu. Die bereits seit einiger Zeit stattfindende Rezeption von Uranus und Neptun brachte er mit der Erfindung neuer, zukunftsweisender Technologien in Zusammenhang. Er erwartet in diesem Bereich rasante Entwicklungen. Die Rohölkrise schaffe zudem einen wachsenden Markt für «grüne» Energien, sodass die Nachfrage das Angebot schon bald übersteigen dürfte. Obwohl Merriman im Zusammenhang mit Pluto in Steinbock und den eher «schwachen» progressiven Stellungen von Mars und Sonne im US-Horoskop ein düsteres Szenario für Amerika skizzierte, sieht er Hoffnung im Bereich grüner Technologien. Der Zeitpunkt sei gekommen, wo es sich lohne, in grossem Stil in grüne Technologien zu investieren. Sobald dies in den USA geschehe, werde Amerika nicht nur seinen Rückstand gegenüber Europa wettmachen, sondern bald eine führende Rolle in diesem Bereich übernehmen.

Kathartische Wirkung
 
Bei den meisten Referentinnen und Referenten, die sich mit «The 2008–2012 Cycles of Transformation» befassten, war eine gewisse Besorgnis um die Zukunft förmlich spürbar. Dem Ernst der Lage wurde einerseits mit Galgenhumor begegnet: «We may crack, but we won’t break», sagte Merriman, was übersetzt heisst: Unsere Gesellschaft wird vielleicht einen Zusammenbruch erleben, aber wir werden nicht untergehen. Allfälligen Ängsten wurde aber auch mit dem homöopathischen Grundsatz «Gleiches mit Gleichem» begegnet. In einem grossartigen satirischen Musical verarbeiteten Michael Lutin und sein Co-Autor Doug Morton unsere negativen Erwartungen an die Zeit mit Pluto in Steinbock: «Plutopia» hiess ihre Nummernrevue, die klar machte, dass nun fertig lustig ist. Der Überwachungsstaat ist allüberall, also wurden die Theaterbesucher von Männern in schwarzen Anzügen und mit ebenso dunklen Sonnenbrillen bereits beim Schlangestehen aufs Genaueste kontrolliert. Eine bedrohliche, düstere Atmosphäre stellte sich unverzüglich ein. Die Konfrontation mit eigenen Ängsten hatte eine kathartische Wirkung, das Lachen wirkte befreiend. Man könnte es auch einen co-kreativen Umgang mit schwierigen Zeiten nennen. Auch dafür war der UAC 2008 das schönste Beispiel.

Fussnoten
1 In der Zwischenzeit ist eine gesicherte Geburtszeit von Barack Obama bekannt geworden (ebenfalls mit Wassermann-AC); siehe Artikel «Barack Obama und die Generation mit Pluto in Jungfrau» von Alexandra Klinghammer
 
2 Siehe dazu auch Artikel «Obama, Kennedy und der Saturn/Uranus-Zyklus» auf S. 12ff. im neuen Heft von ASTROLOGIE HEUTE
 

Trudy Baumann, geb. 1965; studierte Germanistik und Anglistik (M. A.); Filmredaktorin; diplomierte Astrologin SFER; Beratungen in Zürich; Kontakt: tbplanet@sunrise.ch