Astrologie Heute Nr. 149 (Februar 2011) - Bücherschau
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Astrologie Heute Nr. 149
Februar 2011

Inhaltsverzeichnis
Heft Nr. 149 bestellen

B Ü C H E R S C H A U




Unverkrampft einem neuen Thema widmen

 
Heidi Treier und Sibylle Sulser
Das heliozentrische Horoskop
Die Verbindung zwischen Sonne, Mensch und Erde
 
Pb., 160 S., zahlr. Abb., €-D 18,90
nur erhältlich bei:
www.astronova.de
     
Die Beschäftigung mit dem heliozentrischen Horoskop wird vor allem im Zusammenhang mit dem laufenden Bewusstseinswandel zu einem für Astrologen interessanten Thema. Das Buch Das heliozentrische Horoskop von Heidi Treier und Sibylle Sulser liefert in diesem Zusammenhang einen wichtigen Beitrag. Die beiden Astrologinnen haben in ihrem Werk eine Fülle von Ideen und Gedanken aus den unterschiedlichsten Wissensgebieten zusammengetragen. Je nach individuellem Hintergrund sind einige davon aus anderen Werken bereits bekannt, andere neu und inspirierend.
 
Besonders hervorheben möchte ich den mehrschichtigen Deutungsansatz, der dem heute üblichen geozentrischen Horoskop weiterhin einen wichtigen Platz einräumt und das heliozentrische Horoskop als Ergänzung sieht, die es erlaubt, die individuellen Themen aus der Perspektive einer anderen Bewusstseinsebene zu betrachten. Dabei ist vor allem die Beschreibung der Beziehung zwischen den beiden Horoskopen und die wichtige Rolle der Erde erwähnenswert. Auch die Hinweise zur Thematik und zur Zeichenqualität der Planeten im heliozentrischen Horoskop sind wertvoll.
 
Besondere Anerkennung verdient die Tatsache, dass zwei Astrologinnen mit methodisch ganz unterschiedlichem Hintergrund (Heidi Treier: klassische Astrologie; Sibylle Sulser: Huberschule) sich zusammengefunden haben, um sich offen und unverkrampft gemeinsam einem neuen Thema zu widmen. Die entsprechenden Hinweise und Anmerkungen erlauben dem interessierten Astrologen einen Einblick in unterschiedliche Methoden und Betrachtungsweisen.
 
Für Laien dürfte es allerdings manchmal etwas schwierig sein, einzelne, kurz zusammengefasste methodische Hinweise zu verstehen. Persönlich hätte ich mir auch noch etwas mehr konkrete Deutungsbeschreibungen gewünscht, dies im Wissen darum, dass es gerade in diesem Grenzbereich sehr anspruchsvoll ist, Deutungen so zu formulieren, dass sie auch ohne spirituellen Hintergrund verständlich sind.
 
Insgesamt regt dieses Buch die Leser zu eigenen Untersuchungen und Forschungen an, was auch ein Anliegen der Autorinnen Heidi Treier und Sibylle Sulser ist.
 
–Verena Bachmann
 



Differenzierte Kenntnisse und Konzepte

 
Oscar Hofman
Klassische medizinische Astrologie
Heilen mit den Elementen
 
geb., 232 S., 20 Abb., €-D 28,00 / €-A 28,80 / sFr. 39,90 fPr
Chiron Verlag, D-Tübingen 2010
 
Von Oscar Hofman, einem niederländischen Astrologen und Autor von ASTROLOGIE HEUTE, erschien kürzlich in der Übersetzung ein Buch mit dem programmatischen Titel Klassische medizinische Astrologie. In vier Teilen stellt Hofman seine klassische Astro-Medizin vor.
 
Zentral in der klassischen Astro-Medizin sind die vier Humores, die im ersten Buchteil vorgestellt werden, samt Zuordnungen von Planeten, Häusern und Zeichen zu den Körperorganen und -teilen. Ungefähr den Elementen entsprechend, beschreibt der Autor die Bedeutung von Gleich- und Ungleichgewicht der Humores bei Krankheit anhand klassischer Werke der Astrologie. Speziell zum Beispiel die schwarze Galle als Humor – oder ihr Temperament, die Melancholie – dürfte fast jedem bekannt sein.
 
Krankheit verstand man lange, bis in die Neuzeit, also als Ungleichgewicht der Humores und behandelte sie vielfach durch Diäten, kaum durch Medizin im heutigen Sinne. Der Autor notiert nun gut verständlich die Wege, wie eine Diagnose der Humores wesentlich mit Stundenhoroskopen erstellt wurde und wird, als Hintergründe einer Krankheit.
 
Im folgenden Buchteil zeigt Hofman die Behandlungswege, besonders die Diäten, meist durch gezielte Ernährung mit Erzeugnissen, die das humorale Gleichgewicht wieder herstellen. Zwiebeln zum Beispiel fördern verständlicherweise das Feuer, die gelbe Galle also. Hofman selber fügt der klassischen Diät und Kräuterbehandlung etwa noch die Edelsteintherapie hinzu, die er hinreichend erklärt, samt den Planetensignaturen der Edelsteine. An die spirituelle Dimension von Krankheiten erinnert er dabei mit Hildegard von Bingen.
 
Den letzten Teil des Buches widmet Hofman Fragen nach der Bestimmung von Operations- und Behandlungszeitpunkten und Präventivmassnahmen. Innovativ dabei seine Methode der Terminwahl mit dem Stundenhoroskop.
 
Wir haben hier vor allem ein Einsteigerbuch, das mit differenzierten Kenntnissen und Konzepten auf Basis der klassischen Astrologie überzeugt. Dafür lohnt sich die Anschaffung wirklich. Es ist aber nicht das erste seit Jahrhunderten in der westlichen Welt, wie Hofman meint – es sei nur an Dr. Cornell (1933) erinnert. Der Autor suggeriert zudem gerne, man befände sich in Sklaverei der Schulmedizin – wo doch seit Jahrzehnten Therapien wie Akupunktur, TCM, Homöopathie, Heilpflanzenkunde und Ayurveda verbreitet sind. Die offene Aversion Hofmans gegen Freud, die Moderne und die Psychologie führt einen zu Freud: Ich hoffe, er nimmt es mit – Humor.
 
–Andreas Schmitt
 


Faszinierender Horizont der Argumente

 
Paul Feyerabend
Über die Methode. Ein Dialog

Eine Verteidigung der Astrologie
 
Herausgegeben von Volker H. Schendel
Pb., 85 S., €-D 15,90 / €-A 16,40 / sFr. 29.00 fPr
Chiron Verlag, D-Tübingen 2010
 
Einleitend ein paar Notizen zu Paul Feyerabend, da er nicht jedem bekannt sein dürfte: 1924 in Wien geboren, lehrte, lebte und veröffentlichte der Philosophieprofessor und Wissenschaftstheoretiker vor allem in englischsprachigen Ländern. Bekannter wurde Feyerabend in den 1970er- und 1980er-Jahren durch seine Kritik an den herkömmlichen akademischen Wissenschaftlichkeits-Kriterien und -Legitimationen, am modernen Wissenschaftsdenken. «Anything goes» war ein populäres und verkürzendes Schlagwort, welches Feyerabend untergeschoben wurde bei seiner energischen Methodenkritik, die ein vielfältiges wie auch kritisches Echo hervorrief. Feyerabend geriet in schärfere Kritik nicht zuletzt wegen seiner Verteidigung der Astrologie, die aus seiner Sicht nicht als irrationale und unwissenschaftliche Methode zu gelten hatte oder fundamental unterscheidbar wäre von den arrivierten Wissenschaften.
 
Der vorliegende Text Feyerabends Über die Methode. Ein Dialog erschien in den 1970er-Jahren in Englisch, wurde in einem wissenschaftstheoretischen Sammelband nochmals veröffentlicht und schliesslich 1981 von einem deutschen Verlag auf den Markt gebracht. Erstmals wird dieser wenig bekannte Text nun als Buch im deutschsprachigen Raum publiziert.
 
Entsprechend dem Titel enthält der Text einzig einen langen Dialog zwischen A und B – in Anlehnung an den klassischen griechischen, näher aber an Galileis bekannten «Dialogo» zum ptolemäischen und kopernikanischen System. Antike Erhabenheit prägt den Text von Feyerabend glücklicherweise nicht. Vielmehr entspinnt sich eine lebhafte, auch persönlich gefärbte Diskussion zwischen A und B. Versehen mit gelegentlichen selbstironischen Brechungen, auch jener von Feyerabend imaginierten Dialogsituation und Dialogpersönlichkeiten. Unterhaltend und kurzweilig durch die lebensnahen Einlassungen und lebendige Form der Diskussion, entwickelt der Text einen faszinierenden Horizont der Argumente, Erfahrungen und historischen Entwicklungsperspektiven, die man gut nachvollziehen kann und mit grossem Gewinn liest.
 
Aus der Diskussion selber seien einige wenige Highlights genannt. B nennt das Beispiel Galileis, noch besser ist das der Hopi-Indianer, deren Regentänze nur wirken, wenn auch alle Randbedingungen der Hopi-Überlieferung erfüllt werden, so B. Die herkömmliche Wissenschaft könne daher gar nicht die Wirksamkeit der Regentänze widerlegen. B operiert daneben mit berechtigten Hinweisen auf veränderte kollektive Wahrnehmungen, unhinterfragte Annahmen und sich verändernde Wissenschaftskriterien. Zudem erinnert B gerne daran, dass es nichtwissenschaftliche Wege der Erkenntnis und Wirksamkeit gibt. Die Theorie des Protestantismus, die B so einleuchtend referiert als historisches Ereignis, glaubt schliesslich auf eine Interpretation und Vermittlung der Bibel durch Pfarrer, Theologen und Kirchenleute verzichten zu können: im laut B naiven – und zweischneidigen – Glauben, die Bibel könnte unmittelbar zu den Leuten sprechen, ohne Interpretationsapparat und Vermittlung. Deutung und Interpretation aber findet B dort genauso, nur unerkannt und fast dogmatisch naiv. Diesen religiösen Fundamentalismus sieht B historisch auf die Erkenntnistheorie übertragen und später die Wissenschaften leider verwirren.
 
Der Drang in Teilen der Astro-Szene, der Astrologie ein wissenschaftliches System zu geben, erinnert an Valens und Ptolemäus, astrologische Zeitgenossen in Alexandria vor knapp 2000 Jahren. Hatte Astrologie-Theoretiker Ptolemäus die breite astrologische Überlieferung drastisch, fast willkürlich reduziert, um eine physikalisch-aristotelisch legitimierte Wissenschaft zu begründen, sichtete der Praktiker Valens die vielfältigen Traditionen und Elemente, korrigierte und vereinheitlichte umsichtig – in einem weit weniger physikalischen und aufdringlichen Wissenschaftsverständnis.
 
Der Text von Feyerabend hat nicht nur für die beiden Lager Wissenschaft und Astrologie einige Bedeutung, sondern auch für den Bereich der «wissenschaftlichen» Astrologie.
 
–Andreas Schmitt
 


Vor Gericht sein Beraterhonorar durchsetzen können  

 
Volker H. Schendel
Astrologie und Recht
Die astrologische Beratung – eine Herausforderung


Hc., 304 S., €-D 78,00 / €-A 80,20 / sFr. 119.00 fPr
Books on Demand, D-Norderstedt 2010

 
Mit Astrologie und Recht hat Volker Schendel, der Astrologe und Jurist zugleich ist, diesen Text als Dissertation («Doktorarbeit») bei der juristischen Fakultät der Universität Hannover eingereicht. Damit ist er ein ziemliches Wagnis eingegangen, weil er seine Ausführungen an zwei Lesergruppen adressiert, die sich traditionell gegenseitig nicht sonderlich mögen. Astrologen sehen in Juristen Kräfte, welche die Tradition der Kirche fortsetzen, ihre Gläubigen vor Scharlatanen zu beschützen, indem sie Astrologen zu ebensolchen erklären. Juristen schütteln den Kopf, wie man sich heutzutage mit einer Tätigkeit befassen könne, der doch die mangelnde Seriosität bereits auf die Stirn geschrieben scheint. An dieser gegenseitigen «Liebe» möge man sehen, welch prickelnde Aufgabe der Autor sich hier aufgeladen hat.
 
Für den beratenden Astrologen in Deutschland liegt ein existenzielles Problem darin, dass er vor Gericht sein Honorar für eine Beratung möglicherweise nicht durchsetzen kann. Denn, so die bisherige Argumentation der Justiz, was der Astrologe verspricht, kann er nicht halten, niemand auf der Welt könne es. Wie soll man aber jemandem ein Honorar zusprechen für eine Leistung, die sowieso niemals erbracht werden kann?
 
Und macht der Astrologe tatsächlich etwas, das man nicht kann? Schendel hinterfragt diesen Ansatz und leitet den Leser zu diesem Zweck durch die Geschichte der Astrologie einerseits wie auch durch die Wissenschaftstheorie.
 
Der astrologische Exkurs ist instruktiv und auch anekdotisch unterhaltsam geraten. Sogar Juristen könnten Spass daran haben. Die Wissenschaftstheorie ist dagegen vielleicht nicht jedermanns Sache, aber man kann ihr durchaus auch mit Humor begegnen, wenn man die dazu gezeigten Beispiele liest. So wurde etwa im Jahr 1975 von Nobelpreisträgern und anderen namhaften Wissenschaftlern öffentlich ein gemeinsamer Verriss der Astrologie formuliert. Ohne Schamgefühl gestanden einige dieser Wissenschaftskönige gegenüber einem BBC-Reporter, dass ihnen die Begründung im Detail nicht möglich sei, weil sie sich mit der Astrologie nämlich nicht auskennen würden (S. 19). Da bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Interessant gerade vor dieser Arroganz ist die von Schendel dargestellte «anarchistische Wissenschaftstheorie» von Paul Feyerabend (S. 111). Danach erlangen Wissenschaftler ihre Erkenntnisse selbst häufig, indem sie die von ihnen propagierten wissenschaftlichen Methoden gerade nicht anwenden. Wissenschaftlichkeit unterscheidet sich demnach in Theorie und Praxis erheblich.
 
Was also soll der Massstab sein, den Astrologen einzuhalten haben, um in der Rechtsordnung oder Wissenschaft nach Jahrhunderten endlich wieder anerkannt zu werden? Viele Astrologen fühlen den brennenden Wunsch, wissenschaftliche Weihen zu empfangen und damit endlich von «oben» – vom wissenschaftlichen Establishment der Universitäten usw. – den ersehnten Segen. Schendel zeigt mit der Darstellung des Wissenschaftsanarchismus von Feyerabend den umgekehrten Weg, so scheint mir. Platt formuliert kommt der Leser zur Erkenntnis: Auch «die da oben» kochen nur mit Wasser und verlassen sich schon mal auf ihr Bauchgefühl. Die Niveauangleichung Astrologie und Wissenschaft geschähe demnach nicht, indem Astrologen erhöht werden, sondern die Wissenschaft in ihrem Fall dargestellt wird, astrologisch gesprochen. Das ist sicher nicht das Ziel der Arbeit, aber doch eine ordentliche Verteidigung gegen alle, die sich im Besitz der methodisch einzigen Wahrheit fühlen.
 
Schendel hat eine Unmenge an historischem, philosophischem und juristischem Material zusammengetragen. Der Leser darf ihm dafür dankbar sein, dass vieles davon in Fussnoten oder in den Anhang verbannt worden ist. Sonst wäre ein lesbarer Zusammenhang nicht gerade leicht gewesen.
 
Alle, die eine allzu trockene Lektüre erwarten, können sich an der für eine Doktorarbeit ziemlich ungewöhnlichen Darstellungsform eines Besseren belehren lassen. Teil der Arbeit sind zum Beispiel ein ausführliches Interview über die heutige Astrologie und ihre vielfältigen Facetten mit dem Vorsitzenden des Deutschen Astrologenverbandes Dr. Christoph Schubert-Weller (S. 47ff.) und andere Auflockerungen. Instruktiv fand ich auch den Katalog der gängigen Vorurteile gegen die Astrologie von Dieter Koch und deren Entkräftung (S. 67ff.).
 
Juristen lernen an den Ausführungen, dass zwischen astronomischer Berechnung und Wahrsagerei viele Schattierungen existieren, die nicht alle juristisch gleichförmig zu verstehen sind. Die Grundtugend des Juristen, Tatsachen wahrzunehmen, bevor sie bewertet werden, wird bei persönlichen Weltanschauungsfragen gerne vernachlässigt, in ihrer Wichtigkeit aber deutlich unterstrichen. Erstaunlich ist insofern ein Zitat in der Schlussbemerkung (S. 203), wonach der Religionswissenschaftler Antes gerne die Etiketten der Weinflaschen diskutiere, ohne von diesen zu trinken. Dem setzt Schendel mit Recht entgegen «In vino veritas».
 
An die Astrologen appelliert Schendel nachdrücklich, ihren Klienten klar zu sagen, wie weit die astrologische Aussage reicht und wo ihre Verlässlichkeit endet. Dies ist der astrologische Berater dem Ruf der seriösen Astrologie und seiner eigenen Rechtssicherheit schuldig. Brisant ist der Hinweis (S. 190), dass die Stundenastrologie wohl eine eigene juristische Studie benötigt, da sie aus dem rechtlichen Rahmen herkömmlicher psychologisch-astrologischer Beratung herausfallen könnte, innerhalb dessen der Astrologe mit durchsetzbarem Honoraranspruch arbeiten kann. Der stundenastrologische Anspruch auf eindeutige Prognosen ist also eine juristisch noch nicht geknackte Nuss.
 
Auch wer kein Jurist ist und nicht jede juristische Zeile verstanden haben will, wird seinen Spass an der mutigen und erfrischenden Darstellung dieses aussergewöhnlichen Buches haben. Für wehrhafte Astrologen ein spitzer Pfeil im Köcher!
 
Die spätere offizielle Fassung wird von der Universität vermutlich stark gekürzt werden – und zwar genau um jene Stellen, die die vorliegende Ausgabe so lebendig machen.
 

–Dr. Bernhard Firgau