Astrologie Heute Nr. 154 (Dezember 2011) - Reflexe/Reflexionen
Bild vergrössern
Astrologie Heute Nr. 154
Dezember 2011

Inhaltsverzeichnis
Heft Nr. 154 bestellen
Mystik – Die Sehnsucht nach dem Absoluten
 
Ausstellung im Museum Rietberg, Zürich (bis 15. Januar 2012) 
 
von Alexandra Klinghammer
 
 

Nach der Ausstellung «Orakel» im Jahr 1999 setzt sich das Museum Rietberg in Zürich in seiner aktuellen Schau Mystik – Die Sehnsucht nach dem Absoluten erneut mit einem Thema auseinander, das an die existenziellen Fragen des Lebens rührt: Wie lassen sich die Begrenzungen unserer Wirklichkeit abstreifen? Wie erlangt man das Absolute, erfährt pure Präsenz, Ekstase, die Vereinigung mit dem Göttlichen?

Mit der weltweit ersten kulturvergleichenden Ausstellung zum Thema Mystik versucht das Museum Rietberg, sich diesem faszinierenden und zugleich schwer fassbaren Phänomen anzunähern. Anhand der Biografien von 40 Mystikerinnen und Mystikern aus den grossen Weltreligionen – Christentum, Judentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus und Daoismus – werden die unterschiedlichen Wege der Verschmelzung mit dem Göttlichen aufgezeigt. In der Begegnung mit eindrucksvollen Kunstwerken – von denen vor allem von den Statuen und Skulpturen eine besondere Wirkung ausgeht, die dem Ausstellungsraum eine meditative Atmosphäre verleiht –, zahlreichen Originaldokumenten sowie über 30 multimedialen Installationen tauchen die Besucher ein in eine Welt spiritueller Erfahrungen und Geheimnisse. Dabei haben es die Kuratoren verstanden, Antike und Moderne sanft aufeinander abzustimmen. So werden die Kunstwerke dezent und geschmackvoll durch bewegte Bilder und Animationen ergänzt.

Neben bekannten Grössen wie Franz von Assisi, Meister Eckhart, Mechthild von Magdeburg oder dem Schweizer Nationalheiligen Niklaus von Flüe begegnet man einer Reihe von Sinnsuchern, die bei uns nahezu oder gänzlich unbekannt sind. So beispielsweise dem 1980 verstorbenen japanischen Zen-Meister, Künstler und Philosophen Hisamatsu Shin’ichi. Die Erkenntnisse von Hisamatsu Shin’ichi, der aus einer existenziellen Krise zu seinem wahren Selbst fand, das er als «wundervoll aktive» Leere, «welche das Unendliche in sich birgt», bezeichnete, üben einen besonderen Reiz aus. Seine Erfahrung ähnelt in gewissen Zügen den Krisen des heutigen Menschen, sodass seine Unterweisungen in ihrer Weisheit und Tiefe ein echtes Juwel moderner Problemlösungsstrategien darstellen.

Die Ausstellung spricht Gefühl und Verstand gleichermassen an. Das Thema berührt ganz offensichtlich, wie es die zahlreichen und zum Teil illustren Besucher an diesem Vormittag beweisen. Als ich meinen Rundgang beende und mich die mystische Aura der unterirdischen Räume mit ihren faszinierenden Skulpturen, Wandmalereien und Installationen wieder freigibt, trifft gerade eine Hochzeitsgesellschaft ein. Das Brautpaar hat sich zur Feier des Tages eine Führung gewünscht, wie mir die Dame am Eingang erklärt. Auch ziehe die Ausstellung immer wieder Menschen verschiedener Kulturen und Religionen an. So sei kürzlich eine Gruppe gläubiger Musliminnen zu Besuch gewesen, die anschliessend um einen Ort baten, an dem sie ihr tägliches Gebet vollziehen konnten. Man führte sie daraufhin in ein original gestaltetes japanisches Teezimmer des Museums. Die Frauen seien begeistert gewesen. Auch so kann Kulturverständigung aussehen.

Räume interkultureller Erfahrung zu schaffen, war ein Anliegen der Ausstellungsmacher. Ein weiteres, zu zeigen, dass die Gemeinsamkeiten zwischen den Religionen bei Weitem das Trennende überwiegen. Dies ist dem Museum Rietberg vortrefflich gelungen.

Adresse und Information: Museum Rietberg, Gablerstrasse 15, CH-8002 Zürich, Tel: (0041) (0)44 206 31 31, E-Mail: museum.rietberg@zuerich.ch, Internet: www.rietberg.ch, Öffnungszeiten: Di–So: 10–17 Uhr, Mi und Do: 10–20 Uhr, Dauer: bis 15. Januar 2012

 


Alexandra Klinghammer, studierte Psychologie an den Universitäten Köln und Zürich; bereits während des Studiums Aus- und Weiterbildung in Astrologie; seit 1996 Mitarbeiterin der Fachzeitschrift ASTROLOGIE HEUTE und von Astrodata; Mitorganisatorin von zwei Astrologie-Weltkongressen; seit 2004 Geschäftsführerin der Astrodata AG in CH-Zürich; Co-Autorin der Bücher «Die Lilith-Fibel» (2008) und «Wendezeit 2010–2012» (2009), «Visionen einer neuen Zeit» (2010)