Astrologie Heute Nr. 175 (Juni 2015) - Editorial
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Astrologie Heute Nr. 175
Juni 2015

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 E  D  I  T  O  R  I  A  L  

 

 

Armando Bertozzi

Finsternisse sind eine urastrologische Domäne. Von alters her markieren sie wichtige Einschnitte in der menschlichen Erfahrung, in unserer Wahrnehmung von der Qualität einer bestimmten Zeit. Sonne, Mond und Erde reihen sich auf zu einer Linie, wobei je nachdem entweder das Sonnen- oder das Mondlicht dem Erdenbewohner «gestohlen» wird: Es ist das Fehlende (Eklipse), welches die Menschen zu erschrecken vermag in allen Zeiten. Eklipsen im Voraus anzukündigen und das entsprechende Verhalten ratzuschlagen, machte den weisen Berater zum Liebling der Könige. Finsternisse «zyklieren» halbjährlich. Bis heute ziehen Mond- und Sonnenfinsternisse die Menschen in ihren Bann. So auch die Sonnenfinsternis vom 20. März, die bei uns in Europa – wenn auch nicht als totale Verdunkelung – von vielen Beobachtern fasziniert verfolgt wurde. Mehr als ein fesselndes Himmelsspiel sehen die Astrologen darin. Sie beziehen dieses auf konkrete Ereignisse, die damit einhergehen, wie schon die Ratgeber der Könige in alter Zeit. Claude Weiss zeigt, wie die Sonnen- und Mondfinsternisse dieses Frühjahrs mithilfe ausgefeilter astrologischer Methoden wie zum Beispiel der Astro*Carto*Graphy oder der Reflexion auf das Menschheitshoroskop zum Verständnis grösserer Zusammenhänge führen: «Warum passieren die Dinge an bestimmten Orten zu bestimmten Zeiten?» [S. 25 ff.] Die dramatischen Ereignisse selber, welche die Schlagzeilen Ende März und im April diktierten, werden in der «Chronologie der letzten zwei Monate» astrologisch aufgearbeitet. [S. 12 ff.]

Das fehlende Licht am Himmel verlangt nach dem Laternenschein menschlicher Erklärung. Fehlendes ist in unserem Leben oft ein Ansporn: es zu suchen, zu kompensieren oder zu bekämpfen. So zum Beispiel auch, wenn uns eines der vier Elemente im Horoskop fehlt, das heisst nicht von Planeten oder anderen Faktoren aktiviert ist. Ernst Ott schildert, was dies für unsere Paarbeziehungen bedeutet und überhaupt: was die Elementebesetzung unseres Horoskops über unsere «elementaren Liebesbedürfnisse» aussagt. [S. 29 ff.] Beziehung heisst auf das Gegenüber Bezug nehmen, sich gegenseitig wahrzunehmen. Schein und Widerschein. Wenn dieses Licht des gegenseitigen Erkennens in der Beziehung fehlt, fühlen wir uns nicht verstanden, nicht bestätigt. Diese Eklipse im menschlichen Austausch weist auf Löcher in unserer Psyche hin, die mithilfe des Horoskops erkundet werden können, wie Barbara Egert darlegt: «Wer nimmt mich wahr?» [S. 54 ff.]

Jedes Horoskop ist an sich eine perfekte Ganzheit; es ist alles bei allen da: alle Planeten, alle Zeichen, alle Häuser, alle Elemente. Sofern er gewillt ist, kann der Mensch sein Horoskop als sein Ziel ansehen, das grosse Rund, mit dem er einverstanden sein könnte und in das er einmal eintauchen wird. Im Leben hier und jetzt ist das Fehlende manchmal unersetzbar, so hat er erfahren. Sofern er gewillt ist, kann er immerhin einsehen, dass er einmal hatte, was ihm nun fehlt. Und die Scheibe am Himmel erkennt er als dunkel, weil sie ihn vorher bestrahlte. Und er hat ja immer noch seine Laterne der Einsicht, die er anzünden könnte angesichts der Verdunkelung dieses Moments.

 

Armando Bertozzi
Redaktor

  


Armando Bertozzi, von 1976 bis 1981 Kurse in Astrologie, Alchemie und Kabbala; 1980 bis 1988 Redaktor und Mitherausgeber von «Essentia – Zeitschrift für evolutionäre Ideen»; seit 1989 Chefredaktor von ASTROLOGIE HEUTE (E-Mail: Armando Bertozzi)