Astrologie Heute Nr. 175 (Juni 2015)
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Astrologie Heute Nr. 175
Juni 2015

Inhaltsverzeichnis
Heft Nr. 175 bestellen

 

 

Astro-logische Merk-Würdigkeiten
 

Familienbande
 
von Barbara Egert
 


 

Klingt das Wort «Familienbande» nicht ein bisschen nach Unterwelt? Laut Wikipedia bedeutet «Bande» eine organisierte Gruppe von Kriminellen … Und dann gibt es ja auch noch die «Rasselbande», die auf eine Schar von schwer zu bändigenden Kindern verweist. Jemand sagte mal, dass Familie der Beweis ist, dass man notfalls auch mit unsympathischen Personen auskommen kann – oder auch nicht.

Manchmal ist es so schön, in die familiäre Vergangenheit einzutauchen: Erinnerungen fliegen einem zu, fast umweht einen der Blütenduft von einst, der Geruch von Herbstfeuern, Geschichten werden erzählt, ohne Ende wie in «Tausend und einer Nacht». Mond/Jupiter und Merkur/Neptun sind in Hochform, sie schwelgen auf rosa Wolken, die den Blick auf die Wirklichkeit verzaubern: die fürsorgliche Mutter, der herzliche Vater, die lieben Geschwister und wie man im grossen Garten vor dem Haus herumtobte. Ach, war das alles schön! – fast ein wenig zu schön, um wahr zu sein.

«Was …», fragt er ältere Bruder, «… erzählst du da!? Unsere Mutter war meistens überfordert und schlecht gelaunt, der Vater war so gut wie nie anwesend, und wir beide haben uns nur gestritten. Du hast ständig geheult, und ich musste immer auf dich aufpassen.» So sprechen Mond/Saturn und Sonne/Pluto. Merkur/Neptun ist da allerdings der Meinung: «Lass’ dir deine Geschichte nicht durch die Wirklichkeit kaputtmachen!» Oder halte dich an Paul Watzlawick: «Wer einsieht, dass er seine Wirklichkeit selbst konstruiert, der ist wirklich frei. Er weiss, dass er seine Wirklichkeit jederzeit ändern kann.»

«Du bist genauso schlimm wie …», und dann folgt der Name eines Geschwisterkindes. Das ist aber noch nicht die heftigste Beleidigung, sondern eher schon die Steigerung: «Du bist ja noch schlimmer als …» Aber meistens sind die anderen einfach unmöglich, doof, dämlich, blöde, das Allerletzte – es gibt eine Riesenauswahl an Schimpfwörtern, die nur eins im Sinn haben: eigenen Ärger abzubauen und den anderen abgrundtief zu verachten. Da gibt es die verrückte Tante, den kriminellen Onkel, den Taugenichts-Cousin etc., die herbeizitiert werden, wenn man fiese Herabsetzungen braucht. Manchmal spricht man nur im Flüsterton über gewisse unerträgliche Verwandte, was die Kinder hoch erfreut und vermuten lässt, dass jene noch viel schlimmer sind.

Astrologisch gesehen «erben» wir ja gleichsinnige Konstellationen und Platzierungen – wen wundert’s also, dass wir uns «interfamiliär» gegenseitig ständig den Spiegel vorhalten. Viele stellen sich die Familiengeschichte wie einen Autobus vor, in dem unsere Vorfahren sitzen, aus dem ab und zu einer von ihnen den Kopf herausstreckt, der uns aus der Fassung bringt. Neptun-Familien sind nicht so gefährdet wie plutonische Familien, bei denen beispielsweise die Leichen im Keller aufbewahrt werden, die dann stets zu Unzeiten wieder auferstehen, und dann geht es dort zu wie auf einem Schlachtfeld. Während Neptunier sich in ihr Reich der Nebelschwaden zurückziehen und die Gespenster der Vergangenheit verschleiern. Aber keine Angst: Die Gespenster vergessen uns nicht, sie materialisieren sich nur später …

Auch das Zentrum der Familie, die Mutter, ist gestresst: «Kinder! Das Essen ist fertig, jetzt könnt ihr nörgeln kommen.» Jeder hat so sein Lieblingsgericht, alle mögen Nudeln mit Tomatensauce, die könnte es immer geben. Wackelpudding wird schon kritischer beäugt: Der sieht ja aus wie eine Qualle – iiih! Fisch ist überhaupt das Letzte, und kleine Vegetarier lehnen quasi alles ab. «Kinder sind ja so undankbar», jammern die sich aufopfernden Mütter. Dabei wollen doch alle Kinder «der Glanz im Auge der Mutter» gewesen sein, doch in deren Augen glänzte vielleicht gar nichts. Die Idealisten – Neptun/Jupiter vorzugsweise, inzwischen mit psychologischer Halbbildung – erinnern sich wehmütig: Ach, war das noch schön, als wir liebevoll gespiegelt wurden, wir entwickelten uns so positiv und sind es – dank unserer Mutter – auch geblieben … Wir glauben so lange an diese einzigartige Liebe, bis es mit uns und unseren Beziehungen abwärtsgeht, manchmal landen wir direkt in der Vorstufe zur Hölle. Was haben wir nur falsch gemacht? Nichts! Das war nämlich stets die Mutter … So, so!

In der Familie lernt manch einer, sich nicht so zu zeigen, wie er ist, fühlt und denkt. Kaum jemand will nämlich mit all seinen Untiefen erkannt werden, und so ziehen wir uns die Tarnkappe über und zeigen nur in Notfällen unser wahres Gesicht. Später rächen wir uns dann am Falschen, also nicht dem Verursacher: Vater, der uns immer das Wort abgeschnitten hat, sondern an unserem harmlosen Partner.

Pluto in Allianz mit Merkur hat die Nase voll, lüftet sein Visier und verkündet: Ich wage es nicht nur, von mir zu sprechen, ich wage es, NUR von mir zu sprechen. – Klappe zu!

 


Barbara Egert, geprüfte Astrologin DAV, jahrzehntelange Astrologieerfahrung, lebt und arbeitet in Berlin; Bücher: «Hochsensibilität im Horoskop» (2012), «Krisen im Horoskop erkennen» (2011), «Kindheitserfahrungen im Horoskop» (2009), «Wenn die Kindheit Schatten wirft. Beziehungen. Hochsensibilität. Narzissmus» (2014); ständige Mitarbeiterin von ASTROLOGIE HEUTE, E-Mail: Barbara Egert