Astrologie Heute Nr. 129 (Oktober 2007)
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Astrologie Heute Nr. 129
Oktober 2007

Inhaltsverzeichnis
Heft Nr. 129 bestellen
Astro-logische Merk-Würdigkeiten
 
Unterricht in Stundenastrologie

 
von Barbara Egert
 

 
Nach den ersten beiden Unterrichtsstunden sind Susi und ich so erschöpft, dass wir beschliessen, die lehrreiche Tätigkeit bis auf weiteres zu vertagen. Das ist so gekommen:
 
Susi ist eine gelehrige und interessierte Hobby-Astrologin, und nun hat sie die grandiose Idee gehabt, sich doch endlich mal der Stundenastrologie zu widmen. «Kein Problem», habe ich blauäugig erwidert, denn ich habe ja noch nicht gewusst, was auf mich zukommen würde. Vorweg muss ich natürlich erwähnen, dass Susi mit ihrer Sonne/Saturn/Merkur-Konjunktion in Jungfrau sehr ins Detail geht, genaue und tiefgründige Fragen stellt, alles gründlich überdenkt, was manchmal dauert … und nur das wirklich akzeptiert, was in ihr ordentliches Denkgebäude passt: Am besten müsste es nach ihr für alles ein Schema geben.
 
Also gut: Ich erkläre ihr, dass der Ausgangspunkt eine bestimmte Frage ist, die man durch das Stundenhoroskop beantwortet haben möchte (allerdings nur mit ja oder nein), wobei der genaue Zeitpunkt der Fragestellung massgeblich ist. Susi schüttelt bedächtig ihren Kopf und meint, das sei ja wohl kaum möglich, da müsse man ja immer mit einem Notizzettel herumlaufen und öfters würde einem ja erst die Dringlichkeit der Frage viel später bewusst. «Ja», sage ich, «das ist dann auch ein guter Zeitpunkt, auf den das Horoskop erstellt werden kann.» Susi guckt mich genervt an und meint, das gefalle ihr wirklich nicht, denn sie müsse manchmal sehr lange über ein Thema oder Problem nachdenken, bis sie verstehe, wie wichtig oder bedeutungslos es ist (das kann manchmal Monate dauern, ich weiss es aus 25-jähriger Susi-Freundschaft-Erfahrung).
 
Um damit weiterzukommen, sage ich ihr, dass sie ja irgendwann mal wisse, ob sie die Frage stellen will, dann solle sie eben diesen Zeitpunkt nehmen. Ich will weiter in unserem ergiebigen Unterricht und erkläre ihr, dass der Fragesteller immer durch das erste Haus und den Mond repräsentiert wird, wobei der Herrscher von eins der Signifikator ist und der Mond der Co-Signifikator. «Wieso?», fragt Susi, «aber nur bei Frauen? Bei Männern ist es dann die Sonne …?» – «Nein», antworte ich, «es ist immer der Mond.» – «Wieso?», fragt Susi wieder. Ich knurre schon etwas genervt: «So ist die Regel eben.»
 
Ich erkläre ihr weiter: «Wenn dir jemand eine Frage stellt, dann fällst du in das siebte Haus und der Fragende ins erste, und das Thema oder der Gegenstand der Frage wird durch den Herrscher des betreffenden Hauses und durch die Planeten in diesem Haus symbolisiert. Fragt dich also jemand, ob er einen Vortrag halten soll, dann wären der Herrscher des dritten Hauses (Signifikator) betroffen und Planeten in diesem Bereich sind die Co-Signifikatoren.» «Aha», murmelt sie und stöhnt. Ich hüte mich, ihr die Schwierigkeiten aufzuzählen, wenn man über eine dritte Person etwas in Erfahrung bringen oder die Methode der Drehung des Horoskops oder die Zuordnung der Häuser anwenden will.
 
Aber ich begehe den folgenschweren Fehler, ihr schon jetzt zu erklären, dass man vor der Deutung erst mal untersuchen müsse, ob das Stundenhoroskop auch deutbar sei. Wenn der AC in den ersten oder letzten drei Graden eines Zeichens steht oder Saturn im siebten (wenn man nicht selbst fragt) oder in eins (wenn man selbst fragt) oder wenn der Mond «Void of Course» läuft … «Waaas?», ruft Susi. Und ich fahre unbeeindruckt fort, dass es neben diesen Einschränkungen noch weitere Ausnahmen gibt. Susi schaut mich fassungslos an, und ich muntere sie auf: «Hier gibt es unendlich viele Regeln, die beachtet werden müssen, aber du hast solche Vorgaben doch eigentlich gern, oder?»
 
Sie resümiert: «Wenn ich dir eine Frage stelle und der Saturn steht im siebten Haus, dann symbolisiert er dich und dann ist das Stundenhoroskop nicht deutbar?» Ich lobe sie, dass sie das fast richtig erkannt habe, aber so rigoros müsse sie das dann doch nicht sehen, sondern nur die Deutung müsse sehr vorsichtig sein, denn die Saturn-Platzierung verweise nun mal auf eine Einschränkung oder auf einen saturnischen Berater. «Das heisst, in diesem Falle schränkst du mich mit deinem dominanten Saturn am MC ein?» – «Nicht unbedingt einschränken, Susi, das kann auch nur ein Hinweis sein.» – «Woher weiss ich dann bei jemand anderem, ob er saturnisch ist oder eine einschränkende Funktion hat?» – «Frag ihn einfach!», stöhne ich.
 
Ich geb’s auf und drücke Susi das Buch über dieses Thema in die Hand, das sie mit spitzen Fingern und grossen Denk- und Grübelfalten auf ihrer Stirn ergreift. Wir trennen uns im Guten, sie ist froh und ich noch froher, dass wir diese erste und zugleich letzte Unterrichtsstunde beendet haben. Hätte ich doch bloss bei Susis Idee, ihr die Stundenastrologie beizubringen, auf die Uhr geschaut und ein Stundenhoroskop erstellt …
 

 
Barbara Egert,
geprüfte Astrologin DAV; über 25 Jahre Astrologie-Erfahrung; astrologische Beratungen und Kurse in Berlin; diverse Publikationen in Büchern und Fachzeitschriften; ständige Mitarbeiterin von ASTROLOGIE HEUTE (E-Mail: Barbara Egert)